Historisch: EGMR schafft Präzedenzfall für queere Paare

Am 23. Mai wurde der größte jemals verhandelte Fall zu gleichgeschlechtlichen Partnerschaften vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) abgeschlossen.

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Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat Rumänien wegen der Nicht-Gleichbehandlung von homosexuellen Paaren verurteilt. Mit fünf zu zwei Stimmen sah das Straßburger Gericht Artikel 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention verletzt, der sich auf das Privat- und Familienleben bezieht. Dass gleichgeschlechtliche Paare in dem südosteuropäischen EU-Mitgliedstaat nicht heiraten oder eine Partnerschaft eintragen dürften, verletze ihre Menschenrechte, so das Gericht. Ein Präzedenzfall für alle 46 EMRK-Länder.

Bis Anfang der 2000er Jahre stand Homosexualität in Rumänien unter Strafe. Rechtlich erkennt das Land gleichgeschlechtliche Paare bis heute nicht an. Wegen dieser Ungleichbehandlung leiteten 21 rumänische homosexuelle Paare 2019 und 2020 vor dem EGMR ein gemeinsames Verfahren gegen die rumänische Regierung ein.

Foto: Daniel Mihailescu / AFP

Keine Beeinträchtigung der Institution „Ehe“

Im Fall „Buhuceanu und andere gegen Rumänien“ urteilte der EGMR am Dienstag, dass keines der von der rumänischen Regierung hervorgebrachten Argumente gegen eine rechtliche Anerkennung von gleichgeschlechtlichen Paaren schwer genug wiegt. Insbesondere das Argument der rumänischen Regierung, private Verträge könnten das gleiche Schutzniveau für diese Familien gewährleisten, wies das Gericht zurück.

„Homosexuellen Partnerschaften die Anerkennung zu erlauben, würde die Institution der Ehe nicht beeinträchtigen, weil heterosexuelle Paare immer noch heiraten dürfen.“

Der EGMR entschied, dass Rumänien verpflichtet sei, gleichgeschlechtlichen Familien Anerkennung und Schutz zu gewähren. Außerdem erinnert der Gerichtshof daran, dass alle EU-Mitgliedstaaten einen rechtlichen Rahmen schaffen sollten, der die Anerkennung und den Schutz homosexueller Paare sicherstellt. Damit schuf der EGMR einen rechtlichen Präzedenzfall für alle 46 EMRK-Länder – von denen 15 immer noch keine gleichgeschlechtlichen Partnerschaften anerkennen.

Grafik: ILGA Europe

Das kann teuer werden

Das Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte ist ein wichtiger Schritt für den Schutz der Rechte von LGBTIQ* in Rumänien. Die rumänische Regierung muss nun sicherstellen, dass ihre Gesetze und Praktiken die Privatsphäre und die Identität aller Menschen respektieren, unabhängig von ihrer sexuellen Orientierung oder Geschlechtsidentität. Andernfalls könnte sie mit Sanktionen wie Geldstrafen oder der Aussetzung von EU-Fördermitteln konfrontiert werden.  *AFP/sah

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