Japan: Queers oft Opfer von sexueller Belästigung

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Fast 40 Prozent der Menschen in Japan, die sexuellen und geschlechtlichen Minderheiten angehören, wurden schon einmal sexuell belästigt oder angegriffen. Das ergab eine Online-Umfrage mit mehr als 10.000 Teilnehmern.

Die private Studie wurde von Lifenet Insurance Co. in Auftrag gegeben und von Yasuharu Hidaka, Professor für Sozialepidemiologie an der Takarazuka Universität, durchgeführt. Zwischen September und Dezember 2019 befragte Hidaka 10.769 queere Personen nach ihren Erfahrungen mit gewaltsamen und sexuellen Übergriffen, eingeteilt in zehn verschiedene Kategorien an gewaltsamen und sexuellen Übergriffen.

Besorgniserregende Ergebnisse

Laut Kyodo News berichteten die Betroffenen mit 22,4 Prozent am häufigsten von sexueller Belästigung durch körperliche Berührungen (einschließlich der Geschlechtsorgane, Brüste oder Hüften). 17,3 Prozent gaben an, durch Worte oder Taten sexuell belästigt worden zu sein und 11,5 Prozent wurden „gewaltsam geküsst“. Einige der Befragten beschrieben auch, innerlich (mental) vergewaltigt worden zu sein.

Nach Gruppen sortiert zeigt sich ein ebenso erschreckendes Bild. 57 Prozent aller trans* Frauen, die an der Befragung teilgenommen hatten, berichteten von sexuellen Übergriffen, bei Lesben sind es 52,2 Prozent. Auch trans* Männer in Japan werden übermäßig oft sexuell belästigt – 51,9 Prozent berichteten davon.

52,8 Prozent der Opfer gaben an, nach schweren Übergriffen einen Psychologen konsultiert zu haben. Bei den Personen, die anderweitig betroffen waren, suchten sich 48,9 Prozent Hilfe. Generell gaben 35,5 Prozent aller Befragten an, regelmäßig einen Psychologen oder Psychiater zu besuchen.

Opfer erhalten oft keine Hilfe

Bei der Umfrage zeigte sich auch, dass die Behörden den Opfern in vielen Fällen jegliche Hilfe verweigerten, weil sie einer sexuellen oder geschlechtlichen Minderheit angehören. Das stellt eine zusätzliche psychische Belastung dar. 

Der 31-jährige Transgender-Aktivist und Krankenpfleger Tomoya Asanuma gehört zu den Menschen, die durch die Art und Weise, wie die Polizei mit ihm umging, verletzt wurden.

Vor etwa zwei Jahren wurde Asanuma von einem Mann, den er gerade kennengelernt hatte, sexuell angegriffen. Nachdem er sich vergeblich an eine Beratungsstelle für sexuelle Gewalt gewandt hatte, ging er zur Polizei. Doch die Polizisten weigerten sich, eine Anzeige aufzunehmen.

Asanuma sagt, die Polizei hatte nicht erwartet, dass jemand wie er – der sein registriertes Geschlecht geändert und sich einer geschlechtsangleichenden Operation unterzogen hat, dessen Transition aber noch nicht vollständig abgeschlossen ist – sich meldet: „Ich war ein Opfer eines sexuellen Übergriffs, wurde aber weiter verletzt, weil die Polizei meine individuelle Situation nicht verstanden hat“, sagte Asanuma.

Mangel an Hilfsangeboten für LGBTIQ*-Personen

Für Hidaka sind das keine Einzelfälle. In Japan fehle es grundsätzlich am Verständnis für die Probleme der LGBTIQ*-Community. Polizei oder Beratungspersonal hätten oft nicht das notwendige Wissen im Umgang mit queeren Personen, die Opfer von sexualisierter Gewalt wurden. Durch unangemessene Reaktionen seien weitere seelische Verletzungen vorprogrammiert.

Insbesondere für Männer stünden kaum Hilfsangebote zur Verfügung, so Hidaka. Er fordert deshalb bessere Hilfs- und Beratungsangebote für queere Opfer. „Es ist notwendig, (dass die Regierung) ihr Unterstützungssystem dahingehend verbessert, dass allen sexuellen Minderheiten und hierbei nicht nur den Frauen, sondern auch den männlichen Opfern geholfen wird“, sagte Hidaka.

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