Kontroverse um Aussage von Grindr-Chef: „Die Ehe ist ein heiliger Bund zwischen Mann und Frau“

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Grindr-Vorsitzender Scott Chen hat in den sozialen Netzwerken eine hitzige Debatte durch die Aussage ausgelöst: „Manche Menschen denken, dass die Ehe ein heiliger Bund zwischen Mann und Frau ist. Dieser Meinung bin ich auch.“

Foto: facebook.com/sc

Bereits im März hatte es einen Skandal um Identitätenklau und Weitergabe von User-Daten bei Grindr gegeben (blu berichtete), jetzt steht die größte schwule Dating-App erneut in der Kritik. Konkret geht es um Aussagen, die Grindr-Vorsitzender Scott Chen im Zusammenhang mit dem Referendum zur Ehe für alle in Taiwan (blu berichtete) via Facebook tätigte. Chen, der aus Taiwan stammt und selbst heterosexuell ist, schreibt in dem chinesischsprachigen Post den Satz: „Manche Menschen denken, dass die Ehe ein heiliger Bund zwischen Mann und Frau ist. Dieser Meinung bin auch ich.“

Dieses Zitat wurde gemeinsam mit einer recht holperigen automatischen Übersetzung des restlichen Posts (in dem es sinngemäß um die Verteilung von Reichtum und den Boykott homophober Institutionen geht) auf Grindrs News-Portal Into veröffentlicht und gelangte so in die sozialen Medien. Seither sorgt das Zitat für Aufschreie bei Usern und LGBTIQ*-Portalen. Viele Nutzer sehen sich in ihrer Annahme bestätigt, dass Grindr seit dem Verkauf von 60 Prozent der Firmenanteile an das chinesische Unternehmen Kunlun Tech im Jahr 2016 nicht mehr sicher ist, einige posteten Fotos von ihrer Abmeldungsbestätigung. 

Gestern reagierte Scott Chen in einem englischsprachigen Post auf den Skandal und stellte einige Dinge richtig. So sei der Into-Artikel mit der automatischen Übersetzung „tendenziös“ und „irreführend“. Zwar sei das oben genannte Zitat korrekt, aber es sei aus dem Zusammenhang gerissen und beziehe sich auf Chens ganz persönliche Erfahrung als Ehemann und Vater zweier Töchter. Dass er dabei versäumt, die Definition des „heiligen Bundes“ auf gleichgeschlechtliche Paare zu erweitern, ist eine Sache, dass der „Skandal“ nicht ganz so groß ist wie ihn viele sehen, eine andere. Dass Chen die Aussagen auf seinem privaten Facebook-Profil tätigte, sei der Vollständigkeit halber dazugesagt. Weiter unten gibt's die deutsche Übersetzung von Chens Schreiben in Gänze.

Chens Reaktion in deutscher Übersetzung: „Matthew (Into-Redakteur, der die Story veröffentlichte, Anm. d. Red), ich wünschte, du hättest mich vor dieser Veröffentlichung um einen Kommentar gebeten. Dieser Artikel ist tendenziös und irreführend. Er verletzt meine Gefühle und schadet dem Ruf von Grindr und Into. Ich will zunächst meinen chinesischen Post korrekt übersetzen.

‚Manche Menschen denken, dass die Ehe ein heiliger Bund zwischen Mann und Frau ist. Auch ich denke das. Aber das muss jeder für sich selbst entscheiden. Manche Menschen denken, dass der Sinn der Ehe ist, ein Kind zu zeugen, dem man seine DNA weitergibt. Aber das muss jeder für sich selbst entscheiden. Die Ehe ist etwas persönliches. Warum können Menschen ihr Geld nicht dafür verwenden, Menschen zu helfen, die unter den Folgen von Armut, Hunger, Krieg oder Katastrophen leiden? Warum sollte man sein Geld dafür verschwenden, Menschen, die einander lieben, daran zu hindern zu heiraten? Gibt es nichts wichtigeres im Leben? Ja, ich werde in meinem Leben keine Produkte von HTC mehr kaufen (taiwanischer Mobilfunkkonzern, der die Anti-Ehe-für-alle-Kampagne unterstützte, Anm. d. Red.) und ich werde in meinem Leben keine Spenden mehr an christliche Organisationen in Taiwan tätigen.‘“  

Weiterhin erklärt Chen seine Aussage über den „heiligen Bund“ der Ehe und warum er den Post von seiner Facebook-Seite gelöscht hat.

„Der Grund, warum ich geschrieben habe, dass die Ehe ein heiliger Bund zwischen Mann und Frau ist, basiert auf meinen persönlichen Erfahrungen. Ich bin ein heterosexueller Mann, der mit einer Frau verheiratet ist, die er liebt, und mit der er zwei tolle Töchter hat, die er ebenfalls liebt. So stehe ich zu meiner Ehe. Andere Menschen stehen anders zu ihren Ehen. Meine Gefühle über die meine kann mir niemand absprechen. Ich habe den betreffenden Post von der Seite genommen, weil es hitzige Diskussionen darüber gab, in die auch meine Tante involviert war. Sie ist eine nette taiwanische Lady in den Sechzigern und eine überzeugte Christin genau wie mein Vater. Ich liebe meine Tante. Ich möchte nicht, dass sie die Diskussionen über diesen Post liest, deshalb habe ich die Einstellungen auf Nur-für-Freunde geändert und sie ausgeschlossen.“ 

Dann sagt Chen noch: „Ich bin seit meiner Jugend ein großer Unterstützer von LGBTQ+-Rechten. Ich unterstütze die Ehe für alle und bin stolz, für Grindr arbeiten zu dürfen.“ 

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