Mit vereinten Kräften gegen Orban

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Bei der Parlamentswahl am Sonntag tritt die ungarische Opposition erstmals mit einem gemeinsamen Spitzenkandidaten gegen Regierungschef Viktor Orban an. Der konservative Herausforderer Peter Marki-Zay will Orbans „antidemokratische“ Herrschaft beenden und Ungarn wieder auf einen „europäischen“ Kurs bringen. Für den seit zwölf Jahren amtierenden Orban könnte es Umfragen zufolge diesmal eng werden.

Foto: Flickr User European People's Party / CC0

Dienstältester Regierungschef in der EU

Viktor Orban steht nach einer ersten Amtszeit zwischen 1998 und 2002 seit 2010 an der Spitze der ungarischen Regierung. Der Vorsitzende der rechtskonservativen Fidesz-Partei ist damit der dienstälteste Regierungschef eines EU-Landes.

Als 26-jähriger Student hatte Orban 1989 kurz vor dem Fall des „Eisernen Vorhangs“ freie Wahlen und den Abzug der sowjetischen Armee aus Ungarn gefordert. 1998 gewann der ehemalige Dissident die Parlamentswahl und wurde mit 35 Jahren Regierungschef. Vier Jahre später verlor er die Wahl knapp.

Orban entwickelte eine zunehmend aggressive Rhetorik und schwenkte nach rechts. Nach acht Jahren in der Opposition gelang ihm 2010 schließlich die Revanche über die regierenden Sozialisten. Er ließ das Wahlgesetz zugunsten der Fidesz ändern und gewann die Wahlen 2014 und 2018 jeweils mit Zwei-Drittel-Mehrheit.

Orban präsentiert sich seitdem als Verfechter einer „illiberalen“ Demokratie und Verteidiger eines „christlichen Europas“. In der Flüchtlingskrise 2015 lehnte er die Aufnahme von Migranten aus dem Nahen Osten und Afrika ab. An den Grenzen zu Serbien und Kroatien ließ er Stacheldrahtzäune errichten. Mit einem umstrittenen LGBTQ-Gesetz, das „Werbung“ für Homo- und Transsexualität verbietet, löste er international Empörung aus. Zugleich weitete er seinen Einfluss auf die Justiz und die Medien aus.

Mit den EU-Institutionen, die er als „technokratische Elite“ schmäht, liegt der 58-jährige Regierungschef seit Jahren über Kreuz. Stattdessen näherte er sich China an und suchte die Nähe zu rechtspopulistischen Politikern wie dem früheren US-Präsidenten Donald Trump, Brasiliens Staatschef Jair Bolsonaro oder der französischen Präsidentschaftskandidatin Marine Le Pen – und lange auch zu Kreml-Chef Wladimir Putin.

Kleinstadt-Bürgermeister als Hoffnungsträger der Opposition

Foto: Peter Kohalmi / AFP

Peter Marki-Zay hat in den vergangenen Jahren einen rasanten Aufstieg hingelegt. 2018 gewann der konservative Politiker die Bürgermeister-Nachwahl in der südungarischen Kleinstadt Hodmezovasarhely, die seit Jahrzehnten als Hochburg der Regierungspartei galt. Auch bei der Vorwahl der Opposition galt er zunächst als Außenseiter, dennoch wurde er im Oktober zum gemeinsamen Spitzenkandidaten der Oppositionsparteien gewählt.

Der praktizierende Katholik Marki-Zay ist Vater von sieben Kindern. Er sieht sich selbst nicht als „typischen Politiker“. Der Ökonom und Ingenieur arbeitete einige Jahre in den USA und Kanada, aber auch in Frankreich und anderen europäischen Ländern. Der 49-Jährige war einst ein „begeisterter“ Unterstützer Orbans, bevor dieser 1998 erstmals zum Regierungschef gewählt wurde. Als Orban 2010 seine zweite Amtszeit antrat, wandte sich Marki-Zay aber von ihm ab, da dieser „ein autoritäres Regime“ aufgebaut habe.

Unter dem Motto „Weder rechts noch links, sondern aufwärts!“ verspricht der Oppositionsführer eine Abkehr vom „antidemokratischen“ Kurs der amtierenden Regierung und die Rückkehr ins „europäische“ Lager. Seit dem Beginn des Ukraine-Kriegs übt Marki-Zay scharfe Kritik an der Haltung Orbans, den er als „letzten Verbündeten Putins innerhalb der EU und der Nato“ bezeichnet.

Mit Blick auf die Umfragen gibt sich Marki-Zay gelassen. Zwar liegt Orbans Fidesz-Partei in den Befragungen weiter vorn, zum ersten Mal seit Jahren gilt der Wahlausgang aber als offen. Er habe „noch nie eine Meinungsumfrage gewonnen“, sagte Marki-Zay. „Trotzdem habe ich noch nie eine Wahl verloren.“

*AFP/sah

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