Revolution im Vatikan: Papst Franziskus fordert Lebenspartnerschaft

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Im Kloster Mater Ecclesiae** wird heute mutmaßlich die Erde gebebt haben. Hier wohnt mit Joseph Ratzinger, dem emeritierten Papst Benedikt XVI., einer der mächtigsten Gegner von Reformen der Sexuallehre in der römisch-katholischen Kirche. 

Foto: Lene / CC BY-SA 3.0 / wikimedia.org

Am Mittwoch, dem 21. Oktober 2020 wurde in Rom die Dokumentation „Francesco“ von Jewgeni Afinejewski erstmals dem Publikum präsentiert. Sie enthält eine der wohl aufsehenerregensten Aussagen, die der für seine durchaus mutigen Reformvorschläge, die aber meistens nicht mehr als warme Worte bleiben, bekannte Papst Franziskus bisher geäußert hat:

„Was wir brauchen, ist ein Gesetz zur eingetragenen Lebenspartnerschaft. Auf diese Weise sind sie rechtlich abgesichert.“

Homosexuelle hätten ein Recht darauf, Teil der Familie zu sein. Sie seien Kinder Gottes und hätten ein Recht auf eine Familie, so der Pontifex weiter.

„Niemand sollte hinausgeworfen werden oder deswegen unglücklich gemacht werden.“

Immer öfter queerfreundliche Aussagen

Foto: Screenshot Video facebook.com/progettogionata

Lesben und Schwule sind auch „Kinder Gottes“, sagte Papst Franziskus erst am 16. September bei einer kurzen Audienz mit Mitgliedern des Vereins Tenda di Gionata. Gott und die katholische Kirche würden Homosexuelle so lieben „wie sie sind“, versicherte der Papst den rund 40 anwesenden Eltern von LGBTIQ*-Kindern (wir berichteten). 

Auch in einer Ansprache an die Teilnehmer des Weltkongresses der Strafrechtler am 15. November 2019 wich Papst Franziskus von seiner vorbereiteten Rede ab. Stattdessen erklärte er, es sei kein Zufall, „dass zuweilen für den Nationalsozialismus typische Symbole wieder auftauchen“, denn „bestimmte Reden“ von Politikern erinnerten ihn an die Reden von Hitler in den Jahren 1934 und 1936. Das Kirchenoberhaupt machte deutlich:

„Es sind Aktionen, die typisch für den Nationalsozialismus sind, der mit seiner Verfolgung von Juden, Zigeunern, Menschen mit homosexueller Orientierung das zentrale negative Modell einer Kultur der Ablehnung und des Hasses darstellt. Das ist es, was in dieser Zeit getan wurde, und heute werden diese Dinge wiedergeboren.“ 

Wenngleich der argentinische Papst keinen Politiker direkt beim Namen nannte, spielte seine Kritik damals wohl auf den brasilianischen Präsidenten Jair Bolsonaro an. Der rechtsextreme Politiker ist ein offener Homohasser, der mit indiskutablen Äußerungen wie „Ich bin homophob und stolz darauf“ immer wieder Schlagzeilen macht (wir berichteten).

Auch wenn Taten den warmen Worten bislang stets nicht folgten, kann doch steter Tropfen den Stein höhlen. Wir sind gespannt. 


** In der ursprünglichen Version des Artikels hatten wir fälschlicherweise das Castel Gandolfo als Wohnsitz von Joseph Ratzinger angegeben. Das Kloster Mater Ecclesiae ist korrekt. 

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