Russland: Repressionen gegen LGBTIQ*-Aktivistin

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Eine russische LGBTIQ*-Aktivistin soll mit dem Zeichnen einer Regenbogenfamilie gegen das russische „Homosexuellenpropaganda“-Gesetz verstoßen haben. Ihr drohen bis zu sechs Jahre Haft.

Als Yulja Tsvetkova hörte, dass ein gleichgeschlechtliches Paar mit seinen adoptierten Kindern aus Russland fliehen musste, weil die Familie zur Zielscheibe der Behörden geworden war, erstellte sie eine Zeichnung mit zwei Regenbogenfamilien und dem Aufruf:

„Familie ist da, wo Liebe ist. Unterstütze LGBT*-Familien.“

Nachdem sie die Illustration gemeinsam mit anderen Zeichnungen, die Gleichstellung fordern, in den sozialen Netzwerken geteilt hatte, wurde gegen Tsvetkova Anklage erhoben. Sie wurde unter Hausarrest gestellt und im Dezember 2019 der „Propaganda nicht traditioneller sexueller Beziehungen zwischen Minderjährigen“ für schuldig befunden. Das Gericht verurteilte sie zu einer Geldstrafe von 50.000 Rubel (rund 720 Euro).

Amnesty International sieht politische Kampagne

Natalia Zviagina, Russland-Direktorin von Amnesty International, erklärte, Yulja Tsvetkova sei das jüngste Angriffsziel einer langjährigen diskriminierenden und stark homophoben Kampagne:

„Wieder einmal zahlt eine russische Menschenrechtsaktivistin in jeder Hinsicht einen sehr hohen Preis für die einfache Verbreitung der Ideale von Inklusion, Toleranz und Empowerment von Frauen.“

Eine Aktivistin, die den höchstmöglichen Preis für ihren Einsatz bezahlte, war Elena Grigoryeva. Sie wurde im Sommer 2019 in der Nähe ihrer Wohnung in St. Petersburg brutal ermordet (wir berichteten). Grigoryeva stand auf einer homophoben Todesliste – genau wie Yulja Tsvetkova.

Bereits im März 2019 war Yulja Tsvetkova gezwungen, ihr Jugendtheaterprojekt Merak einzustellen, nachdem die Polizei im Zusammenhang mit dem Theaterstück „Pink and Blue“ eine Untersuchung wegen „homosexueller Propaganda“ eingeleitet hatte. Das Theater musste aus „Sicherheitsgründen“ schließen.

Nun sind noch weitere Anschuldigungen gegen Yulja Tsvetkova aufgetaucht. Es droht ihr eine Gefängnisstrafe von bis zu sechs Jahren.

Das Gesetz gegen Homosexuellenpropaganda dient russischen Behörden immer wieder als Vorwand, Menschen, die sich für Gleichstellung und Gerechtigkeit in Russland einsetzen, zu verfolgen. Der letzte Vorfall liegt noch nicht einmal eine Woche zurück. Bei einem Fotoshooting der Band Pussy Riot wurden am Montag 13 Menschen festgenommen. Der Vorwurf: Homopropaganda und Extremismus (wir berichteten).

Petition gegen Gesetz

Foto: Roman Holst /roman-holst.tumblr.com

Die Organisation All Out, die sich weltweit für die Rechte von Lesben, Schwulen, Bisexuellen und Trans* einsetzt, hat eine Petition gestartet mit der Forderung, die Anklage gegen Yulja Tsvetkova fallen zu lassen und das „Homosexuellenpropaganda“-Gesetz abzuschaffen. Die Petition kann HIER unterschrieben werden.

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