19.000 Anzeigen gegen LGBTIQ: Tansania startet homophobe Hexenjagd

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Mit einem Aufruf, in dem Dar es Salaams Regionalverwalter Paul Makonda am Montag seine Mitbürger aufforderte, Schwule zwecks Strafverfolgung zu melden, ging es los. Dann kam ein Tweet laut dem bereits 100 mutmaßlich Homosexuelle gemeldet worden waren. Inzwischen sollen 19.000 Anzeigen eingegangen sein. Ab 5. November will Makonda hart durchgreifen

Foto: Pixabay

Homosexuelle Praktiken sind in Tansania kategorisch verboten und werden je nach Region mit bis zu lebenslänglichen Haftstrafen geahndet. Die Verbote gehen auf Gesetze aus der Kolonialzeit zurück, in der die Region zu Deutsch-Ostafrika gehörte. In den letzten Jahren machte das Land immer wieder Schlagzeilen durch Verhaftungen (blu berichtete) und Verbote von LGBTIQ*-Organisationen (blu berichtete). Queere Einheimische berichten von einem Klima ständiger Angst.

Diese Angst wurde am Montag durch einen Aufruf von Paul Makonda, Regionalverwalter der 5,5-Millionen-Metropole Dar es Salaam, auf die Spitze getrieben. Makonda verkündete, dass er eine Sondereinheit zur Verfolgung homosexueller Vergehen und Prostituierter eingerichtet habe, die via Online-Razzien und Bürgeranzeigen LGBTIQ* ausfindig machen und ihrer gerechten Strafe (30 Jahre Gefängnis) zuführen werde. Gleichzeitig rief er seine Mitbürger dazu auf, mutmaßliche Homosexuelle in seinem Büro zu anzuzeigen.

Einen Tag später vermeldete Makonda bereits 5.700 Anrufe und E-Mails, in denen diverse Namen mehrfach aufgetaucht seien, sodass man 100 Verdächtige ermittelt habe. Am heutigen Freitag schlugen Medienberichten zufolge 19.000 Meldungen und 300 Verdächtige zu Buche. Ab 5. November (offizieller Start der homophoben Offensive) sollen konkrete „Maßnahmen ergriffen“ werden.

Während aus der queeren Szene Tansanias von Panik und Todesangst berichtet wird (einerseits sehen sich LGBTIQ* veranlasst ihre Wohnungen zu verlassen, andererseits fühlen sie sich auf der Straße wie Freiwild), bemühen sich Menschenrechtsaktivisten um Hilfe und Aufklärung. Frotline Defenders-Sprecherin Erin Kilbride schaffte durch diverse Interviews weltweit Aufmerksamkeit. Sie betont allerdings, dass Makonda ausdrücklich gesagt habe, dass er sich von ausländischen Kritikern seiner religiös motivierten Säuberungsaktion nicht abhalten lasse. Er verscherze es sich lieber mit der internationalen Gemeinschaft als mit Gott. Kilbride stellte somit klar, dass die Unterstützung von Hilfsorganisationen für Verfolgte derzeit eine deutlich höhere Relevanz habe als diplomatischer Druck durch die Politik. 

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