Ankara: 19 queere Aktivist*innen vor Gericht

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18 Studierende und ein wissenschaftlicher Mitarbeiter der Technischen Universität des Nahen Ostens (ODTÜ) in Ankara müssen sich ab dem 12. November vor Gericht verantworten: Ihnen wird vorgeworfen, am 10. Mai 2019 an der 9. Pride Parade für die Rechte von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Transgender und Intersexuellen auf dem Campus der ODTÜ teilgenommen zu haben.

Die 18 Student*innen und der wissenschaftliche Mitarbeiter sind nach dem Versammlungs- und Demonstrationsgesetz Nr. 2911 wegen „Teilnahme an einer rechtswidrigen Versammlung“ und „Widerstand trotz Warnung“ angeklagt worden. Dieses Gesetz wird in der Türkei oft willkürlich angewendet, um die Bevölkerung an der Ausübung ihres Rechts auf friedliche Versammlung zu hindern.

Der Hintergrund

Am 6. Mai 2019 informierte der Direktor der ODTÜ, Mustafa Verşan Kök, die Studierenden und Mitarbeiter*innen per E-Mail darüber, dass er die für den 10. Mai geplante Pride Parade auf dem Campusgelände nicht erlaube. Kök bezog sich dabei auf eine Verordnung der Provinzverwaltung Ankara vom 3. Oktober 2018, die ein generelles Verbot aller LGBTIQ*-Veranstaltungen in Ankara ohne weitere Begründung vorsieht.

Trotz des Verbots des Direktors versammelten sich am 10. Mai zahlreiche Studierende auf dem Universitätscampus, um die Pride Parade friedlich zu feiern, woraufhin die ODTÜ-Leitung die Polizei rief, um den Campus räumen zu lassen.

Als sich die Studierenden weigerten, auseinanderzugehen, lösten die Polizeikräfte die Versammlung unter Einsatz von Pfefferspray, Tränengas und Gummigeschossen auf. Dabei wurden mehrere Personen leicht verletzt. Mindestens 22 Personen wurden verhaftet, darunter auch die 18 Studierenden und der wissenschaftliche Mitarbeiter, die derzeit strafrechtlich verfolgt werden. Und das, obwohl ein Gericht in Ankara das Versammlungsverbot für nichtig erklärte.

Menschenrechtsorganisationen fordern Aufhebung der Anklage

Zahlreiche Menschenrechtsorganisationen verurteilen das Vorgehen der türkischen Justiz scharf. Civil Rights Defenders, International Federation for Human Rights (FIDH), Front Line Defenders und International Lesbian, Gay, Bisexual, Trans and Intersex Association (ILGA-Europe) haben die türkischen Behörden in einer am 7. November veröffentlichten Pressemitteilung aufgefordert, alle Anklagen gegen die 19 Aktivisten*innen fallen zu lassen.

Auch Amnesty International hat sich eingeschaltet und darauf hingewiesen, dass die Versammlungsfreiheit durch das Völkerrecht, internationale Standards und Konventionen geschützt ist, ein pauschales Verbot von Veranstaltungen somit nicht zulässig sei. Die Leitung der ODTÜ habe mit dem Verbot die Rechte der Studierenden und Uni-Mitarbeiter*innen auf freie Meinungsäußerung und friedliche Versammlung rechtswidrig eingeschränkt.

Amesty International rief dazu auf, sich an den türkischen Justizminister Abdülhamit Gül zu wenden und für die Freilassung der Angeklagten zu appellieren. HIER gelangt ihr direkt zum Appell, der noch bis 10. Dezember 2019 unterzeichnet werden kann.

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