#Interview: Republikanisch, Trump-Fan und schwul

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Benjamin Wolfmeier ist Pressesprecher der „Republicans Overseas Germany“, also der deutschen Auslandsvertretung der Trump-Partei. Wolfmeier, der mit seinem Mann verheiratet ist und das auch nicht verdruckst unter den Teppich kehrt, ist – ganz ähnlich wie der ehemalige US-Botschafter Richard Grenell – überzeugter Trumpianer. Und er wollte mit männer* sprechen. Warum eigentlich nicht?

Den männer* Faktencheck findet ihr über Fußnoten nummeriert unter dem Interview

Foto: Privat

Moin Benjamin. Ich spreche mit einem Republikaner. Also einem Anhänger der Republikaner, also einem Wähler? Nein einem Wähler nicht, du darfst nicht wählen hatte ich gelesen.

Darf ich leider nicht. Genau. Meine Mutter ist Amerikanerin, ich bin aber in Deutschland geboren worden.

Aber trotzdem setzt du dich sehr für die Republikaner ein und machst hier in Deutschland bei den Republicans Overseas Germany mit. Wie groß ist der Verein? Wie viele Mitglieder habt ihr?

Wir sind ca. 2000 Mitglieder.

Das ist ja schon ne ganze Menge. Und kurz, um ein bisschen reinzukommen und für die, die das nicht wissen: Was ist das genau für ein Verein und wer sind die Mitglieder?

Die Republicans Overseas Germany sind sozusagen die Parteivertretung der Republikanischen Partei in den USA für die in Deutschland lebenden Amerikaner, die sich der Republikanischen Partei zugehörig fühlen. Wir versuchen, für die Mitglieder da zu sein, bei Fragen zur Registrierung für die Wahl zum Beispiel, wir veranstalten Events. Ich versuche als Pressesprecher, die Parteimeinungen zu erklären und zu vermitteln. Selbstverständlich auch klassische Pressearbeit in Fernsehen, Radio und Zeitung, um in der Öffentlichkeit präsent zu sein.

Der Kontakt zu Dir wurde über Euren Vorsitzenden Kerry Reddington hergestellt. Wir waren ein bisschen überrascht, weil tatsächlich ist es so, dass zum Beispiel die CDU in Deutschland, die ich mal als Entsprechung der alten Republikaner setzen würde, sich nicht ganz so oft bei uns meldet. Das ist zwar in den letzten 20 Jahren viel mehr geworden, aber damit verlassen wir auch schon die vergleichbare Entwicklung. Aus der Sicht, die wir hier haben, hat die Partei mit Donald Trump einen Weg eingeschlagen, der sehr in die Richtung des Populistischen geht. Man würde sie Stand heute wohl rechts von der CDU einordnen – also ganz nah bei der AfD. Und mit der reden linksgrünversiffte Journalisten wie ich eigentlich ungern, weil sich das als nicht zielführend erwiesen hat. Stört Dich das eigentlich, wenn man Trump und Republikaner und damit ja dann Dich in diese Schublade vorsortiert?

Es stört mich natürlich insofern, als dass es einfach falsch ist. Es gibt Populismus auf beiden Seiten, also rechts und links – Bernie Sanders ist auch ein Populist. Um auf Deinen Vergleich einzugehen: In Deutschland gibt es zwei populistische Parteien. Einmal auf der rechten Seite die AfD und auf der linken Seite die Linkspartei. Komischerweise sind die Berührungsängste, die bei der AfD zum Teil berechtigterweise bestehen, bei der Linkspartei nicht da. Die Parteistruktur ist in den USA noch mal ein bisschen differenzierter. Im Prinzip hast du sowohl bei den Republikanern als auch bei den Demokraten drei Parteien in einer, also je drei Strömungen. Jeweils einen konservativen Flügel – bei uns sind das die Rechtskonservativen mit den Evangelikalen, die die größte Gruppe bilden. Bei den Demokraten ist der konservative Flügel sehr klein geworden in der Obama-Zeit. Konservative Demokraten sind in den jeweiligen Bundesstaaten abgewählt worden, als Protest gegen seine Politik. Weiter gibt es den Mitte-Flügel, der wäre bei uns wie du sagtest mit der CDU vergleichbar – die Establishment-Republikaner sozusagen, zu denen auch die Falken gehören. Aber es gibt auch den wirtschaftsliberalen Flügel mit Leuten wie Mitt Romney, die sich weniger auf gesellschaftspolitische Themen fokussieren, die aber auch nicht übermäßig konservativ auftreten. Hillary Clinton würde man wohl zu einem vergleichbaren Mitteflügel bei den Demokraten zählen. Joe Biden ist einer der letzten Übriggebliebenen vom rechten Flügel der Partei übrigens. Vergangenheitsmäßig sogar von ganz rechts: Die Demokraten waren ja früher die Partei der Südstaaten, des Ku-Klux-Klans, der Sklaverei usw. Und da ist Joe Biden fast das letzte Überbleibsel, das noch lebt.

Ist das so? Ich glaube, das würde zu weit führen jetzt – wir werden aber einen Faktencheck machen ...

Das ist durch die Bürgerrechtsreformen umgeschwenkt, die von Kennedy eingeführt und dann von Johnson weitergeführt wurden. Allerdings haben die Demokraten damals fast alles boykottiert. Dass Kennedy und Johnson das durchgekriegt haben, liegt einzig an der republikanischen Partei und ihren Senatoren und Kongressabgeordneten1. Die Südstaaten-Demokratenhaben alle geschlossen dagegen gestimmt.

Das klingt ja etwas schräg ...

Der Wandel zog sich bis in die 1990er hin ...

Zurück zu den Flügeln …

Der dritte Flügel ist der linke Flügel. Bei den Demokraten vertreten durch Bernie Sanders, AOC usw. und bei uns sind es die Libertarians wie Rand Paul usw. Und, das muss man sich auch immer vor Augen halten, das ist ein Präsident wie Donald Trump, der sehr schwulenfreundlich ist, in seiner gesamten Biografie, aber auch während der Kandidatur: Er ist der erste Präsidentschaftskandidat, der sich auf einem Parteitag hinter die Gay-Community gestellt hat.

Innerhalb der republikanischen Partei ...

Nein, Obama3 hat das als Präsidentschaftskandidat nicht gemacht. Obama ist überhaupt als Person sehr schwulenfeindlich gewesen. Ich kann mich noch daran erinnern, dass ich 2008 sehr entsetzt war, als mehrere Lesben aus dem Team verschwinden mussten, weil er das nicht wollte, dass die dort vertreten sind. Und er hat sich vor dem Supreme-Court-Urteil auch nie hinter die Homo-Ehe gestellt. Was natürlich an der Hautfarbe liegt, denn die ganzen Abstimmungen in den verschiedenen Bundesstaaten gegen die Homo-Ehe sind nicht an Weißen gescheitert, sondern an Schwarzen. Es sind die Schwarzen, die ein massives Problem mit Homosexualität haben, neben den evangelikalen Weißen.

Foto: Privat

Das ist jetzt aber eine sehr vereinfachte Darstellung. Es gibt Gründe, warum Minderheiten nicht unbedingt Minderheitenrechte vertreten ...

Klar, gibt es immer. Bei den Evangelikalen gibt es auch Gründe.

Die verstehe ich nicht, aber die anderen. Aber wir wollen ja gar nicht so viel über die Vergangenheit reden. Du hattest eben gesagt, dass es den rechten Flügel bei den Demokraten kaum noch gibt. Das sieht andersherum auch so aus. Man hat das Gefühl, dass es in der republikanischen Partei nur noch laute Schreihälse gibt, unstete Menschen, die heute Trump zujubeln, wo sie ihn noch vor einigen Jahren zum Teufel gewünscht haben.

Ja, aber Trump gehört nicht zum rechten Flügel. Da fängt wirklich die Krux an mit dem Missverständnis in Deutschland. Zu glauben, dass Donald Trump in irgendeiner Form rechts wäre. Er gehört zum libertären Flügel der Partei. Er ist übrigens Demokrat gewesen bis 2010 und hat dann die Partei gewechselt.

Als Beispiel für die Queerfreundlichkeit Trumps hast Du in einem Interview die weltweite Offensive, die Richard Grenell noch angestoßen hat, erwähnt. Die wurde tatsächlich von Trump vor der UN-Vollversammlung vorgestellt. Wie ist der Stand?

Es gibt spezielle Sanktionen deswegen gegen den Iran, auch gegen ein afrikanisches Land. Ich meine gegen Nigeria, wo Steinigungen von Homosexuellen und Frauen stattfinden. Sicherlich ist das Thema etwas sehr kurz gekommen, was natürlich auch dieser Pandemie geschuldet ist. Wie überall auf der Welt, auch in Deutschland, ist alles andere an Politik ins Hintertreffen geraten. Deshalb ist da bisher nichts außer Sanktionen passiert. Das muss ich zugeben.

Warum wurden die Flaggenhissungen an den Botschaften untersagt?

Das kann man kritisieren. Ich finde allerdings, dass das nicht wirklich viel außer Symbolik bietet. Da sind andere Sachen wichtiger.

Dennoch ist es eines von mehreren Symbolen, die für einen Rückschritt stehen. Genau wie der beständige Kampf gegen den Diskriminierungsschutz, die Trans*rechte und das Einsetzen konservativ-religiöser Richter. Wie passt das zu einem queerfreundlichen Präsidenten?

Das ist halt dieser Kompromiss, den man machen muss, wenn man nicht einen der Flügel total verprellen will. Dafür passieren ja sehr viele andere Sachen, wenn wir jetzt mal auf das Thema Gelder für den Kampf gegen Aids gehen ...

… die wurden doch gekürzt!

Nein das ist falsch. Du meinst Obama Care.

Nein. Die Kürzungen in der Prävention und im System.

Aber dafür ist ja im neuen Haushalt insgesamt eine Summe von 760 Millionen Dollar4/5 drin. Das hat ja sogar oberste Priorität, was Donald Trump sogar in seiner Rede zur Nation gesagt hat. Pro Kopf werden bis zu  20.000 US-Dollar im Jahr bereitgestellt.

Wann ist das verabschiedet worden?

Was erhöht werden soll, bis 2025 auf 200.000 US-Dollar.

Wann ist das verabschiedet worden? Mich würde das sehr interessieren, da einige sehr bewährte Sachen und Strukturen zusammengestrichen worden sind, und ich würde gerne wissen, wie das wieder ausgeglichen wird.

Das ist das Budget für 2021.

Aha. Dann zu Obama Care reden. Die soll immer noch abgeschafft werden.

Auch das ist wieder falsch, es war nie der Plan von Donald Trump, Obama Care abzuschaffen. Der Plan war – und das ist leider an der eigenen Partei gescheitert, aber auch an den Demokraten – das durch ein besseres System zu ersetzen7. Die Grundidee von Obama Care war sicherlich gut gemeint, aber dilettantisch umgesetzt. Ich habe es bei meinem besten amerikanischen Freund selber erlebt, der Tausende Dollar für Obama Care im Monat bezahlt hat und dann noch Geld zusammensparen musste für eine Magenspiegelung. Viele Deutsche denken bei Obama Care, es wäre eine Krankenversicherung8 wie in Deutschland. Das ist es aber halt nicht. Bis auf wenige Zuschüsse, die es für einige Gruppen gibt, ist es hauptsächlich eine Privatversicherung, die viele, vor allem auch Studenten, in eine Schuldenfalle oder auch in die Arbeitslosigkeit getrieben hat. Da ist nur so Grundsätzliches drin wie eine Grippe und wenn man etwas Außergewöhnliches hat, muss man draufzahlen und hat hohe Gebühren zu bezahlen. In manchen Bundesstaaten sogar über Tausend Dollar, selbst bei Demokraten ist Obama Care nicht gerade beliebt. Auch da sind etwa 25 Prozent ziemlich sauer. Das war halt die Arroganz von Präsident Obama am Anfang. Dass er dachte, er kann einfach alles durchpeitschen nach seiner Wahl, statt bei so einem Thema auch die Zusammenarbeit zu suchen. Was danach dazu geführt hat – das fand ich aber von unserer Seite auch falsch –, alles zu blockieren. Das fand ich falsch. Es hatte aber die Vorgeschichte, dass er vorgeprescht ist und dachte, er könne wie ein König alles entscheiden.

Foto: Pixabay / skeeze / CC0

Das kennen wir auch von jemandem anderen, der hat innerhalb kürzester Zeit Präsident Obama mit den Dekreten überholt, die er eigentlich ja gar nicht benutzen wollte. Allerdings befasst sich der Supreme Court mit Obama Care, ob es überhaupt zulässig ist. Das heißt, wenn jetzt in den nächsten Wochen eine Entscheidung dagegen fallen würde, dann würde es ersatzlos wegfallen.

Das war nicht der Plan, Trump hatte in den ersten Monaten ein ersetzendes Programm vorgeschlagen, was leider von den meisten Republikanern bis auf den Libertarian Flügel abgelehnt wurde und die Demokraten haben sich eh bockig wie ein Kind in die Ecke verzogen und grundsätzlich zu allem Nein gesagt, was von Präsident Trump kam. Von der ersten Minute an, und dann waren sie ja nur mit dem Impeachment beschäftigt.

So ganz stimmt das nicht, es gab ja schon Verhandlungen. Und umgekehrt gab es das ja auch bei Präsident Obama, das ist die Spaltung, die gerade in diesem Land herrscht. Die hat eine konsensorientierte Politik auf beiden Seiten unmöglich gemacht.

Übrigens schon vor Präsident Trump.

Ein langer, langer Prozess, deshalb mag ich die Rechts-Links-Einteilung nicht, ich glaube es geht eher um Wirtschaftssysteme und Verteilung von Wohlstand. Und da wären wir auch schon bei einem neuen Thema: Kosten beim US-Militär. Du hast mal gesagt, dass Kosten ein nachvollziehbarer Grund für den Ausschluss von Trans*personen aus dem Militär sind. Könntest Du das vielleicht genauer erklären?

Weil sich die Kosten im Verhältnis überhaupt nicht rechtfertigen lassen. Die Zahl von Trans*personen, die ins Militär wollen, ist so gering, dass so ein Kostenfaktor nicht gerechtfertigt ist.

Was kostet denn so viel?

Ich sehe das so: Das amerikanische Militär ist keine Spielwiese für gesellschaftliche Projekte9. Ich finde es auch sehr schwierig, das Thema Transsexualität mit Homosexualität zu verbinden. Da bin ich sehr empfindlich, weil ich finde, das sind zwei unterschiedliche paar Schuhe, Transsexualität hat erstmal nichts mit Homosexualität zu tun.

Das ist ja auch was anderes, aber es geht hier trotzdem um eine nicht veränderbare Eigenschaft eines Menschen. Und zwar eine, die ihn nicht davon abhält z.B. im Militär zu dienen. Genau wie das früher mal bei Schwulen war, die durften das auch nicht, weil sie angeblich erpressbar waren.

Es geht ja nicht darum, dass Leute die fertig sind mit ihrem Prozess, nicht ins Militär dürfen. Es geht genau um diese Gruppe, die noch mitten in dem Prozess ist, und noch eigene Toiletten bräuchten und so weiter. Und ich wage mal die Behauptung, dass 99 Prozent aller Transsexuellen, die gerade in dem Werdegang sind, wirklich andere Sorgen haben. Ob sie zum Militär dürfen oder nicht.

Wenn sie da gerade sind, dann sind sie da.

Man muss dann vielleicht auch akzeptieren, dass einem dann nicht alle Möglichkeiten so offen stehen, wie etwa Hetero- oder Homosexuellen, dass das einfach nun mal ein ganz besonderer Werdegang ist, der nun wirklich auch schwierig ist.

Vorher hat es doch geklappt, warum jetzt auf einmal nicht mehr? Es gibt ja transsexuelle Militär-Mitarbeiter*innen, wir haben sogar einen ganz berühmten Fall – Chelsea Manning. Es ging also vorher, warum jetzt nicht mehr?

Unter Obama war es auch fast acht Jahre lang nicht möglich, er hat das erst im Juli 2016 vor der Wahl geändert, was glaube ich mehr Wahlkampfmanöver10 war, als alles andere für diese Zielgruppe. Präsident Trump hat es ja nur zu dem Punkt von vor Juli 2016 zurückgeführt.

Also don’t ask, don’t tell.

Man muss dann einfach auch akzeptieren, dass es im Militär auch sehr große Widerstände dagegen gibt.

Und die gab es auch mal gegen Schwule.

Das kann ich sogar ein Stück weit verstehen. Das ist halt doch ein sehr sensibler Bereich. Aber da hat man es dann gemacht und es funktioniert ja auch. Aber das mit Transsexuellen ist echt nochmal eine andere Hausnummer. Wie gesagt, es geht ja nicht darum, wenn jemand seine wahre Identität vollzogen hat. Die sind ja dann entweder Mann oder Frau. Es geht um die, die sich in so einer Zwischenzeit befinden, und das hat dann auch bei so einem Thema wie dem Militär nichts verloren.

Foto: Bundeswehr

Da fragen Sie mal Frau Oberstleutnant Anastasia Biefang. Sie hat die Transition innerhalb der Militärzeit gemacht. Das war nicht wirklich ein Problem. Es ist natürlich etwas Besonderes, was nicht tagtäglich vorkommt, aber die geschlechtliche Identität hat genauso wenig wie die sexuelle Orientierung mit dem Dienst zu tun. Es ist einfach eine Veränderung, die stattfindet. Wie kann das ein Problem sein?

Ich habe ein Problem damit, wenn so etwas im Militär als Gesellschaftskrieg ausgetragen wird.

Da wird kein Krieg ausgetragen. Da gibt es eine psychologische Betreuung, wenn sie es brauchen, ansonsten gibt es eine Hormontherapie und sie kommen am nächsten Tag zum Dienst und sagen, ich werde demnächst anders heißen.

So einfach ist es ja leider bei vielen nicht. Viele haben ja leider sehr viele psychische Erkrankungen.

Das ist dann ein ganz anderer Grund. Wenn Menschen wegen ihrer psychischen Erkrankungen nicht für den Dienst geeignet sind, habe ich da kein Problem damit, wenn sie vom Dienst ausgeschlossen werden.

Aber der Anteil bei Transsexuellen ist natürlich viel, viel höher. Alle die sich in diesem Werdegang befinden … ich kenne selber Transsexuelle und bin mit ihnen befreundet, die sagen selber, die Diskussion ist absurd. Natürlich gibt es immer irgendwelche heroischen Ausnahmen, wo man ja auch Respekt zollen kann, aber normalerweise ist das nicht der Fall, dass es so unproblematisch ist. Und ich glaube auch, dieses Erzwingen von oben, wenn man das jetzt machen muss, trägt nicht dazu bei, dass die, die vielleicht noch Vorurteile haben, offener werden. Im Gegenteil. Wenn, muss sich so eine Offenheit von alleine heraus entwickeln. Aber wie gesagt, es gibt da einfach bestimmte Problematiken, die man mit Homosexuellen ja gar nicht so hat. Da hat es viel nur mit Vorurteilen zu tun gehabt und Ängsten, die ja gar nicht begründet sind, die man aber zumindest erstmal verstehen können sollte. Man muss immer versuchen, sich in den anderen hineinzuversetzen, um dann zu schauen, wie kann ich diese Vorurteile und Ängste entkräften. Es gab und gibt bestimmt immer noch einige, die Angst haben, wenn sie mit Homosexuellen unter einer Dusche sein müssen, dass die übergriffig werden. Das ist zwar absurd, weil es ja gar nicht gesagt ist, dass das der entsprechende Typ ist, aber das ist für uns beide logisch, dass es nicht so sein muss und in 99,9 Prozent der Fälle auch nicht passiert. Ausnahmen gibt es natürlich auch da wieder, aber jetzt das Gros, trotzdem muss man ja versuchen, sich in diesen Gedankengang hineinzuversetzen und da finde ich beim Militär – oder auch beim Fußball, wo es ja auch viele Probleme in dem Bereich Homosexualität und Fußball gibt bei den Spielern, nicht bei den Zuschauern –, da kann ich es verstehen, weil ja sehr viel mit Körperkontakt und so weiter passiert. Das kann ich zumindest erstmal aus deren Warte aus verstehen, wie die zu so einem Blick kommen. Aber trotzdem muss man daran arbeiten, diese Ängste und Vorurteile zu überwinden und zeigen, dass sie unbegründet sind. Bei Transsexuellen, die in diesem Werdegang sind, die noch nicht fertig ihre Identität gefunden haben und vollziehen konnten, dass die ja zum einen Kosten verursachen, das Thema mit den Toiletten…

… das versteh ich auch nicht so richtig, Intersexuelle brauchen vielleicht eine eigene Toilette, aber Transsexuelle gehen auf die Männer- oder die Frauentoilette.

Naja, es ging ja darum, dass es nochmal Transsexuellentoiletten geben soll.

Das ist nicht richtig. Es gibt die Toiletten für die dritte Option, die es geben sollte, das hat aber nichts mit Transsexualität zu tun.

Ok, aber zumindest sollte es eine dritte Toilette geben.

Das hat aber nicht mit Transsexuellen zu tun.

Ja, das rührt aber auch schon ein Stück weit daher, sie nutzen das ja auch. Das kann man ja jetzt nicht trennen. Aber über den Kostenfaktor kann man sich ja auch streiten. Man kann durchaus argumentieren, die Kosten sind egal, es geht um die Gleichstellung.

Ich sehe halt nicht, dass die Kosten so hoch sind.

Aber der viel entscheidendere Punkt ist, dass ich sage, sie sind bis auf wenige Ausnahmen psychologisch gesehen gar nicht in der Lage, im Militär zu dienen.

Dann würden sie das auch nicht tun. Dafür braucht man kein Trans*verbot.

Es gab aber Fälle, wo welche es bewusst gemacht haben, weil sie wussten, sie bekommen den ganzen Prozess bezahlt. Das ist ja beim US-Militär so, dass du alle medizinischen Kosten bezahlt bekommst. Ich weiß nicht, wie das in Deutschland ist.

Ist auch so.

Da gibt es dann welche, die beigetreten sind, um das bezahlt zu bekommen. Aber gar nicht in der Lage waren, irgendetwas zu absolvieren.

Aber das gibt es ja auch bei anderen, z.B. jungen Menschen ohne Schulabschluss, die dort dann versuchen, ihren Abschluss nachzuholen. Das Militär ist tatsächlich ein Auffangbecken. Das ist seit Jahrhunderten so.

Ja, aber die anderen sind ja trotzdem engagiert im Militär. Sie machen ihren Dienst und nehmen das andere nebenbei mit. Das ist auch in Ordnung. Aber nicht, wenn man mit dem Wissen, dass sie eigentlich gar nichts in die Richtung machen wollen, eintritt.

Es gibt durchaus Menschen, die auf dem freien Arbeitsmarkt für sich keine Chance sehen und zum Militär gehen, weil sie denken, da ist es für sie einfacher, da sie in einem geschlossenen und fremdgesteuerten System sind. Das wird in den USA nicht anders sein. Da gibt es auch die schwarzen Schafe, von denen Du gerade sprichst.

Das ist mir aber nicht so bekannt. Ich habe aber auch sehr enge Freunde auch beim Militär.

Ich bin Offizierssohn, daher kenne ich das sehr gut.

Diese Fälle sind mir nicht so bekannt11. Ich kann nicht sagen, dass es da eine nennenswerte Anzahl an Fällen gibt, die das System jetzt so ausnutzen, für diese anderen Zwecke.12 Wobei es ja auch nachvollziehbar ist, dass man so etwas versucht, ohne eigentlich Interesse zu haben.

Bei Trans* ist mir das auch nicht bekannt. Du unterstellst jetzt, dass das bei Trans* ein größerer Anteil wäre als bei anderen. Es gibt solche und solche, bei beiden Gruppen.

Ich sehe das so und ich glaube das halt, da mir das auch Tran*personen gesagt haben, und das sind inzwischen so einige, dass man in der Zeit so viele psychische Aufs und Abs hat und das hat beim Militär nichts zu suchen.

Die neue Richterin am Supreme Court, Amy Coney Barrett hat in ihrer Vergangenheit teilweise extreme religiöse Ansichten zu Schwangerschaftsabbrüchen und LGBTIQ*-Rechten geäußert. Sie wolle zudem die Verfassung im Wortlaut interpretieren, nicht im Kontext der Moderne.

Aber das müsste doch eigentlich beruhigend sein. Sie hat zum Thema Schwangerschaftsabbrüche gesagt, sie werde sich bei Abstimmungen nicht von ihrem Glauben oder ihrer politische Einstellung, sondern von der Verfassung leiten lassen. Ich finde es sehr schwierig, wenn Leute eine Verfassung, nur weil sie vielleicht 200 Jahre alt ist, plötzlich anders interpretieren. Die Verfassung ist die Verfassung. Das sollte für jeden Verfassungsrichter die Entscheidungsgrundlage sein.

Womit wir wieder bei Trans*Rechten und auch den Bürgerrechten der Black Community wären. Teile der Verfassung, die sich auf Gleichberechtigung, auf Diskriminierung beziehen, stammen aus einer Zeit, als nicht alle Menschen die gleichen Rechte hatten, das bedeutet, die Worte, wie sie geschrieben sind, sind teilweise nicht eindeutig und müssen durch die Richter und ggf. die Politik ergänzt und interpretiert werden. Transsexuelle wurden damals zum Beispiel nicht mitgedacht, Black und PoC auch nicht.

Das ist richtig, beim Thema Transsexuelle wird es spannend, wie sie das sieht. Bei den Schwarzen ist es aber natürlich so, dass es im Laufe der Zeit Ergänzungen gegeben hat. Die Verfassung ist ja nicht geschrieben worden und dann 200 Jahre nicht angetastet worden.

Eben. Wäre aber in diesem Prozess jede*r Richter*in dem Wort gefolgt, hätte es die Zusätzen ja gar nicht geben können.

Also an den Ergänzungen für die Rechte der Schwarzen aus den 1960ern rüttelt ja heute keiner mehr und die sind damals auch mit großem parteiübergreifenden Konsens gemacht worden.

Schwule und Lesben waren da aber auch noch nicht mitgedacht und stehen auch weder in der Verfassung noch in den Zusätzen. Erst in diesem Sommer ist ein auf diese Zusätze basierendes und überraschend liberales Urteil zum Diskriminierungsschutz gefällt worden, dass sie sozusagen „mit reinschreibt”. Du hast gesagt, dass die Unterstützung der Trump-Administration gegen solche Liberalisierungen sozusagen eine Show für den evangelikalen Flügel sei. Was wäre denn, wenn das mal daneben geht? Wie ginge es Dir als Libertären damit, wenn plötzlich zum Beispiel die Ehe für alle vom Supreme Court wieder einkassiert wird?

Das wird nicht passieren. Präsident Trump hat bei allen Kandidaten auf der Liste die Zusicherung, dass sie die Homoehe nicht antasten. Das ist eine Grundbedingung, um auf die Auswahlliste zu kommen.

Und wo steht, dass das im Amt dann so gehandhabt wird?

Das kann man nicht einhundertprozentig garantieren, weil die Richter in ihrem Amt auf Lebenszeit unabhängig sind …

… eben. Nochmal die Frage: Ist das nicht ein riskantes Spiel? Alle Richter*innen sind Christen, ich glaube acht sind Katholiken, einige davon ziemlich hardcore. Ist das nicht eine Gefahr für Urteile, die selbst einen Libertären wie Dich erschrecken würden?

Ja, die Gefahr besteht.

Warum macht man das dann so explizit, warum hat man nicht zur Absicherung gemäßigtere Personen vorgeschlagen und ernannt? Die ersten beiden Richter waren das ja auch nicht.

Aber sie waren auch keine Evangelikalen – mit der Erfüllung dieses Wahlversprechens an die Evangelikalen hat der Präsident bis ganz zum Schluss gewartet. Er muss die nun einmal auch bedienen. Das mag man unschön finden, aber ich habe auch selbst viele Evangelikale kennengelernt, die nicht diskriminierend auf mich und meinen Mann reagiert haben, die eher neugierig waren. Die Ehe bleibt für die meisten natürlich eine Institution Gottes und da wird man auch nichts ändern, aber man sollte daraus nicht verallgemeinert schließen, dass alle Evangelikalen homosexuellenfeindlich sind. Eine evangelikale Freundin hat es mir mal sinngemäß so erklärt:

„Die Ablehnung einer Person nur wegen ihrer Homosexualität widerspräche wiederum den christlichen Überzeugungen.“

Allerdings sind das nicht gerade die, die Lobbygruppen zur politischen Einflussnahme in den USA, und vor allem Afrika und Osteuropa schmieden. Du hast vorhin bei der Kampagne gegen homophobe Staaten zwei Beispiele mit islamistischem Einfluss genannt. Uganda und einige andere sind aber seit Jahren – bis hin zu Versuchen, die Todesstrafe für gleichgeschlechtlichen Sex wieder einzuführen – durch amerikanische Evangelikale „christianisiert” und beeinflusst …

Ich gehe davon aus, dass solche Staaten im weiteren Verlauf der Kampagne natürlich auch mit Sanktionen rechnen müssen. Es gab ja auch sehr viele Entscheidungen der Trump-Administration, mit der der rechte Flügel starke Bauchschmerzen hatte …

Foto: Privat

Ich muss leider zur Schlussrunde kommen, wir sind schon über die Stunde drüber. Ganz konkret nochmal: Warum ist Donald Trump der „queerfreundlichste US-Präsident aller Zeiten“? Was steht auf der Habenseite nach all den eher nicht ganz so positiven Eindrücken, die wir besprochen haben?

Er hat als erster republikanischer Präsident zum Pride ein Schriftstück für die Community verfasst, bei Reagan oder den Bushs noch undenkbar. Dann die Initiative gegen LGBT*-Verfolgung und er hat schwule Richter und Botschafter eingesetzt. Das hat Obama nicht gemacht, genauso wie er nicht für die Homoehe war.

Ist das so? Er hat sie auf jeden Fall mit seiner Administration vor dem Supreme Court unterstützt ...

Aber er hat nicht für sie geworben. Sonst wäre zum Beispiel die Volksabstimmung in Kalifornien (Proposition 8 A. d. R.) anders ausgegangen. Hätte er sich da anders positioniert, hätte das sicher auch bei seinen Brüdern und Schwestern den ein oder anderen vielleicht zu einem Umdenken geführt. 60 Prozent der Schwarzen haben damals gegen die Homoehe gestimmt.

Das Problem Mehrfachdiskriminierung und Minoritätenstress würde jetzt wirklich den Rahmen sprengen – ich möchte nicht noch über die Verbindungen zwischen Stonewall und Black Lives Matter eingehen ...

Die kannst du doch bitte nicht zu sehr in einen Topf werfen, es gibt auch viele Schwarze, die Black Lives Matter sehr kritisch sehen!

Eigentlich wollte ich auf den queerfemistischen und PoC-Ursprung der Stonewall-Bewegung anspielen. Ich glaube wir haben da ein Definitionsmissverständnis – so wie bei Antifa hierzulande. Hast Du denn noch ein konkretes Ergebnis aus den vier Jahren, das Queers zugute kam?

Wir haben uns hier natürlich über bestimmte Kernthemen unserer Community unterhalten – ich habe einige genannt, die mir wichtig sind. Was man aber auch immer bedenken muss, ist die Tatsache, das ja auch die allgemeine gute Politik unserer Community zugute kommt. Die große Steuerreform, die vor allem die Mittelschicht13 entlastete, den Mutterschutz14 und so weiter … Es ist natürlich so, dass in der Debatte, in den Medien selbst solche positiven Dinge aus Gründen der ideologischen Linie schlecht geredet werden oder, in Anführungsstrichen, das schlimmste erwartet wird. Ich würde da – und das ist an alle gerichtet – zu mehr Gelassenheit raten.

Ein wunderbares Schlusswort – das ist es, was viele Liberale sich auch von Herrn Trump gewünscht hätten.

*Interview: Christian Knuth


Der männer* Faktencheck

1/2  Der civil rights act von 1964 hatte Zustimmung in beiden Parteien, aber auch Gegner in beiden / Die Südstaaten Republikaner auch  --> Quelle

Falsch! Als Kandidat hat er das sehr wohl: „During the July 23, 2007, CNN/YouTube debate, he further stated, "... we've got to make sure that everybody is equal under the law. And the civil unions that I proposed would be equivalent in terms of making sure that all the rights that are conferred by the state are equal for same-sex couples as well as for heterosexual couples."  --> Quelle

4/5 Because while Obama routinely sought to increase funding, until this year, Trump has proposed cutting it.The president also has falsely stated that his plan would „eradicate AIDS in America once and for all.” That’s not what ending the epidemic means, and not what his plan proposes. The Kaiser Family Foundation said Trump’s 2020 budget would cut $1.35 billion from the President’s Emergency Plan for AIDS Relief, which seeks to control HIV around the globe. --> Quelle

6The drafting of appropriations bills was delayed due to the COVID-19 pandemic.[5][6] The House began consideration of appropriations bills on July 6.[7] As of July 22, the House had completed markup of all 12 bills, while the Senate had yet to begin.[8] The House passed the first consolidated appropriations bill (H.R. 7608) containing four of the 12 bills on July 24.[9] The House passed the second consolidated appropriations bill (H.R. 7617) containing an additional six bills on July 31. The remaining two bills for Homeland Security and the Legislative Branch were not expected to be voted upon soon after.[10]

A continuing resolution lasting until December 11, 2020 was passed by the House on September 29, and by the Senate on September 30. However, the bill was not signed by President Trump until shortly after the midnight deadline, as he was returning from a campaign rally in Duluth, Minnesota late at night, causing a short funding gap of less than an hour.´ --> Quelle

Im Vergleich von KFF, gibt einige Unterschiede bei 12 verschieden eingebrachten Varianten. teilweise sind recht ähnlich zu ACA, manchmal wurde die Medicate, Madicare Erweiterung wieder rausgenommen, manchmal sind pre existing conditions wieder ein Ausschlussgrund, manchmal werden gewisse Sachen wieder rausgenommen wie z.B. Abtreibung. --> Quelle

8 Ja, es war aber auch nicht als solche gedacht, es war teilweise als ein Versuch gedacht Medicare und Madicate finanzierbar zu halten (durch die Verpflichtung zu zusätzlichen Steuern und die Verpflichtung eine Versicherung zu haben), zum anderen sollten Standards festgelegt werden für die privaten Versicherungen, es sollte auf Vorsorge geachtet werden, es sollte verpflichtende Standards für Pflege geben und es sollten mehr Leute der unteren und mittlere Schichten überhaupt Zugang bekommen (Erweiterung von Medicate/Medicare für Kinder und untere Einkommen und Steuererleichterungen bis zu 400% der Armutsgrenze) --> Quelle

9 Auch PoC im Militär (und Frauen) mussten von oben gegen den Widerstand und die gleichen Argumente verordnet werden: --> Quelle

10 Oder Abschluss einer Entwicklung --> Quelle I 11 Filmtipp

12 Aus der Times: Many African-Americans saw military service not as a career but as a way to help pay for education or to help compete later in the civilian job market. --> Quelle I 13 Faktcheck Steuerrefrom I 14 Faktcheck Mutterschutz 

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