Höchstrichterlich homophob und frauenfeindlich: Ein guter Tag für Bushido

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„Du Schwuchtel wirst hier ausradiert“, heißt es unter anderem in Bushidos 2014 erschienenen Album „Sonny Black“. Das Leipziger Bundesverwaltungsgericht urteilte nun: Das Album bleibt auf dem Index, darf nicht an Kinder und Jugendliche verkauft werden.

Der Streit um das Album dauerte bereits einige Jahre an. 2018 urteilte das Oberverwaltungsgericht Münster, das Album müsse aus dem Index gestrichen werden. Damit erklärte es die Einschätzung der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien für ungültig. Die Prüfstelle habe nicht sorgfältig genug zwischen Jugendschutz und Kunstfreiheit differenziert, so die Richter.


Bushidos Texte sind jugendgefährdend

Foto: Philipp von Ostau/CC BY-SA 3.0,/Wikimedia

Die Bundesprüfstelle legte Revision ein. Nun fiel das endgültige Urteil: Nach einer dreistündigen Verhandlung erklärte Richter Thomas Heitz, die Bundesprüfstelle habe Bushidos Werk zurecht als jugendgefährdend eingestuft. Hemmungslose Gewaltdarstellungen und Herabwürdigungen von Frauen und Homosexuellen würden sich durch das ganze Album ziehen. Von „Schwuchteln“, „Nutten“ und „Hurensöhnen“ ist mehrfach die Rede, daneben schenkt uns Bushido Sprachperlen wie „Du schwuler Spast“.

Und Bushido? Der gab sich reumütig. Er erklärte, er habe sich ohnehin keine großen Hoffnungen gemacht. Künftig wolle er weniger Gründe liefern, auf dem Index zu landen, so der Rapper. Und er nutzte die Gelegenheit zu betonen:

„Ich möchte darauf aufmerksam machen, dass ich nicht frauen- und schwulenfeindlich bin“.

Warum sein Alter Ego „Sonny Black“ auf dem gleichnamig betitelten Album beides aber definitiv ist, wird wohl für immer ein Geheimnis der illustren Künstler-WG in Anis Mohamed Youssef Ferchichis Kopf bleiben. 


Indizierung im Internetzeitalter – das funktioniert nicht

Durch das Internet ist die Reichweite von Wort und Bild nicht mehr an physischen Speicher wie CD oder Buch gebunden. Genaugenommen ist sie unkontrollierbar. Das ist im Sinne der Informationsfreiheit ein Gewinn für die Gesellschaft, allerdings wirft es viele Fragen unserer Zeit auf, nicht erst seitdem Populisten, Extremisten und moralfreie Konzerne diese Freiheit für ihre Zwecke missbrauchen und so Demokratien ernsthaft gefährden.

Eine dieser Fragen stellt der Fall „Sonny Black“ beispielhaft in den Vordergrund: Inwiefern sind Mechanismen und Verfahren aus der analoge Zeit – wie hier ein Verkaufsverbot – für Schrift, Musik und Film in der digitalen Informationsgesellschaft noch wirksam? 

Kritiker befürchten, durch die Indizierung und die damit verbundene Aufmerksamkeit (so wie zum Beispiel auch durch diesen Artikel) würden Kinder und Jugendliche erst recht dazu verleitet, sich mit dem verbotenen Werk zu befassen. Was ihnen mit Vergleichbarem schon in den 1980ern dank MC und VHS gelang, wird ihnen per Internet erst recht leichtfallen.

Eventuell sollte die Gesellschaft ihre Energie statt in die Verfolgung von „Künstlern“ besser in breite Aufklärung über die Sitten und Gebräuche zwischenmenschlichen Umgangs stecken. Wer sich von Werken wie „Sonny Black“ zum Homofeind oder Frauenhasser machen lässt, hat definitv andere Defizite, als nur einen fragwürdigen Musikgeschmack. 

Im Zweifel kann der Integrations-Bambi-Träger Bushido das Urteil als Erfolg verbuchen, denn fast nichts verbreitet sich unter Jugendlichen (und einigen junggebliebenen Erwachsenen) so schnell, wie das Verbotene. 

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