Twitter verweigert Auskunft über Hass-Botschaften

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Twitter geht in Frankreich juristisch gegen ein Urteil vor, demzufolge der US-Mikroblogging-Dienst sein Vorgehen gegen Hass-Botschaften im Netz offenlegen muss. Wie die Nachrichtenagentur AFP aus Anwaltskreisen erfuhr, legte das Unternehmen Berufung gegen das Urteil zur Auskunftspflicht über Hass-Tweets ein.

Im Juli dieses Jahres hatte ein französisches Gericht Twitter dazu verurteilt, seine Moderationspraktiken offenzulegen und Auskunft über sein Vorgehen gegen Hass-Tweets zu geben. Twitter wurde verpflichtet, innerhalb von zwei Monaten alle Unterlagen vorzulegen, die den Kampf gegen „Aufrufe zum Rassenhass, Aufrufe zum Hass wegen der Geschlechtsidentität oder der sexuellen Orientierung von Menschen oder Aufrufe zur Gewalt“ belegen. Außerdem sollte Twitter rückwirkend bis Mai 2020 die Zahl der in Frankreich beanstandeten und gelöschten Botschaften nennen sowie Auskunft darüber geben, welche rechtlichen Konsequenzen dies für die Urheber hatte (eine detaillierte Auflistung der im Urteil genannten Punkte findet ihr HIER).

Studie offenbarte Versäumnisse von Twitter

Mit dem Urteil gab das Gericht einer Klage von sechs französische Organisationen statt, die Twitter vorgeworfen hatten, seiner Verantwortung bei der Moderation von Hassinhalten nicht gerecht zu werden. Dieser Vorwurf geht auf eine Studie zu Hassrede auf Twitter zurück, die SOS Racisme, SOS Homophobie und Union des étudiants juifs de France (UEJF) vom 17. März bis 5. Mai 2020 durchgeführt hatten. Sie belegt einen nachlässigen Umgang des sozialen Netzwerks mit hetzerischen Inhalten.

Im Zuge eines Tests mit mehr als 1.100 gemeldeten hasserfüllten Tweets wurde deutlich, dass Twitter nur 12 Prozent dieser Tweets innerhalb von 3 und 5 Tagen umgehend löschte – angesichts des rasanten Anstiegs von Hassbotschaften ein desaströses Ergebnis. Denn hasserfüllte Inhalte auf Twitter nahmen im Untersuchungszeitraum um 43 Prozent zu (die Zahl der Tweets mit rassistischen Inhalten stieg um 40,5 Prozent, die mit antisemitischen Inhalten um 20 Prozent und die Zahl der LGBTIQ*-feindlichen Tweets um 48 Prozent).

Jérémy Falédam, Co-Vorsitzender von SOS Homophobie, sagte in der Presseerklärung zum Gerichtsurteil, Plattformen wie Twitter seien „zu Räumen geworden, in denen die Menschen, die unsere Verbände verteidigen, täglich beleidigt, bedroht und diffamiert werden“. Deshalb liege es in der Verantwortung dieser Plattformen, „die Verbreitung dieses schädlichen Hasses, der sich direkt auf unser aller Leben auswirkt, einzudämmen“. Doch Twitter zeige einmal mehr, 

„dass es der Herausforderung nicht gewachsen ist und sich seiner Verantwortung entzieht, indem es nicht für eine wirksame Moderation der von ihm verbreiteten Inhalte sorgt“.

Kein Kommentar von Twitter

Eine gerichtliche Anhörung ist für den 9. Dezember angesetzt. Twitter wollten auf Anfrage von AFP keinen Kommentar abgeben. *AFP/sah

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