Geschenkeliste für die #EheFürAlle

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Letzten Freitag votierte der Bundestag mit einer großen Mehrheit für die #EheFürAlle. Jahrzehnte voller Engagement ermöglichten diesen Erfolg. Nachdem die Gewissheit, dass das tatsächlich passiert ist, sich langsam festigt und sich alle von der einen oder anderen Feier erholt haben, wird es jetzt Zeit voran zu blicken. Denn es gibt viel zu tun. Es gilt Hochzeiten zu organisieren!

Die Organisation einer gelungenen Hochzeit ist eine Wissenschaft für sich und in ihrer Ausgestaltung fast so vielfältig wie die LGBTIQ*-Community. Dennoch eint alle gelungene Hochzeitsfeiern eins: Geschenke. Um bei diesem wichtigen Aspekt einer jeden Hochzeitsfeier behilflich zu sein, habe ich meinen perfekten Hochzeitstisch für #EheFürAlle zusammengestellt:

1. Gesetz zur Anerkennung der selbstbestimmten Geschlechtsidentität

Ich wünsche mir ein Gesetz zu Anerkennung der selbstbestimmten Geschlechtsidentität. Denn Transgender und Transsexuelle dürfen nicht weiter pathologisiert werden. Stattdessen muss ihre reguläre Gesundheitsversorgung verbessert werden. Operationen zur sogenannten Geschlechtsanpassung und ‑zuweisung an Säuglingen und Kindern gehören verboten.

2. Soziale Elternschaft stärken

Nicht selten übernehmen mehr als zwei Personen Verantwortung für ein Kind. Dann haben die Kinder mehr als zwei erwachsene Bezugspersonen. Diese sozialen Eltern übernehmen reale Verantwortung für die Kinder. Rechtlich gesehen sind sie jedoch praktisch Fremde für ihre Kinder. Durch die Einführung der rechtlichen Absicherung der sozialen Elternschaft kann diese Lücke geschlossen und können Kinder noch besser abgesichert werden.

3. Mehr Vielfalt in Verwaltung & Unternehmen

Für viele Menschen ist der offene Umgang mit ihrer eigenen sexuellen Identität am Arbeitsplatz noch keine Realität. Anonymisierte Bewerbungsverfahren sind ein wirksames Instrument Diskriminierung zu verhindern. Innerbetriebliches Diversitymanagement gilt es zu fördern. Endlich muss auch das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz durch ein Verbandsklagerecht, längere Fristen und die Beweislastumkehr gestärkt werden.

4. Selbstbestimmung auch im Alter

Durch Schulungen und die Verbreitung von Informationsmaterialien muss die Lebensrealität von LSBTIQ* noch mehr auch in der Altenhilfe und Altenpflege eine Selbstverständlichkeit werden. Dadurch wird auch im Alter ein selbstbestimmtes und diskriminierungsfreies Leben gesichert.

5. Queere Gesundheitspolitik

Durch die #EheFürAlle ist die gesetzliche Diskriminierung weitgehend beendet. Bis auch die gesellschaftliche Diskriminierung verschwindet, wird es noch dauern. Es hat sich gezeigt, dass gesellschaftliche Diskriminierung negative Auswirkungen auf die individuelle Gesundheit und Lebenserwartung hat. Um diese Gesundheitsrisiken abzuwehren, braucht es eine gezielte und holistische Gesundheitspolitik.

6. Global Verantwortung

Sind wir letzten Freitag einen Schritt vorangegangen, erleben andernorts LSBTIQ* Schritte in die falsche Richtung. Menschenrechte gilt es überall zu stärken. Es braucht endlich Fortschritt bei der europäischen Antidiskiminierungsrichtlinie. Auch in globalen Organisationen muss die Europäische Union die laute Stimme für LSBTIQ* weltweit werden. Das Recht auf Asyl gilt es zu verteidigen und besonders gefährdete Gruppen im Verfahren zu schützen.

7. Mehr Bi-, Trans*- & Inter-Sichtbarkeit

Diversity Mainstreaming wird an immer mehr Orten Realität. Dabei heißt es aber auch der Situation von Bisexuellen, Transgender und Trans- und Intersexuellen genügend Raum einzuräumen. Denn die LSBTIQ*-Community ist vielfältig und das gilt es überall bestmöglich zu zeigen und zu berücksichtigen.

8. Bessere Aufarbeitung der Verfolgung von LSBTIQ*

Die Rehabilitierung der unter dem Unrechtsparagraphen 175 Verurteilten ist ein wichtiger Schritt. Die Entschädigung gilt es zu verbessern und unbürokratischer zu gestalten. Auch muss die Geschichte der außerhalb des Strafrechts betroffenen Transgendern, Transsexuellen und Lesben aufgearbeitet werden.

9. Bundesweiter Aktionsplan für Vielfalt

In vielen Ländern existieren bereits erfolgreiche Aktionspläne für Vielfalt. Öffentliche Einrichtungen werden für die Lebensrealtiät von LGBTIQ* sensibilisiert. Zivilgesellschaftliche Akteur*innen werden in ihrer Arbeit unterstützt. Lehrer*innen lernen, wie sie der Situation von jungen LGBTIQ* besser gerecht werden können. Forschungsvorhaben werden realisiert. Auch auf der Bundesebene braucht es endlich einen ambitionierten Aktionsplan für Vielfalt.

10. Mehr Queersolidarität

Ich wünsche mir, dass wir nie vergessen, wie entbehrungsreich der Weg zur rechtlichen Gleichstellung war und wir daraus eine Solidarität gegenüber anderen Gruppen ableiten, denen ihre Rechte vorenthalten werden. Ich wünsche mir eine LGBTIQ*-Community, die für alle Asylsuchenden auf die Straße geht, die Rassismus die rote Karte zeigt, die ihren Mund aufmacht, falls irgendwer mit antisemitischen Sprüchen daher kommt, die gegen Islamophobie kämpft, die mitwirkt, dass der Mindestlohn weiter erhöht wird, die feministisch ist … - und dadurch die ganze Welt und nicht nur ihre eigene lebenswerter und vielfältiger macht.

Das alles wünsche ich mir zur #EheFürAlle. Falls das eine oder andere Geschenk zu groß scheint, schließt euch in Gruppen zusammen und realisiert es gemeinsam. Bei einem Punkt bin ich mir bereits jetzt sicher. Es wird ein rauschendes Fest.

*Jens Christoph Parker ist Finanzbetriebswirt und macht als Sprecher der BAG Schwulenpolitik #Queerpolitik bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Er brennt darüber hinaus für die Themen: #Europa, #Vielfalt und #NachhaltigeFinanzen. Er zwitschert unter @JensParker

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