Dr. Frank N. Furter in der Provinz: Spielt Angst mit, Nick Körber?

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Foto: Alex Neutaler

Mit nur 23 Jahren mimt Nick Körber ab Sonntag eine der queersten Figuren, die das Musical-Genre je in den Mainstream gespült hat. Drei der Theatertransporter im sächsischen Annaberg-Buchholz sind erst kürzlich in Flammen aufgegangen. Was der Kulturkampf gegen die Kultur mit einem macht, erzählt er uns im Interview.

Es gab in Sachsen schon gewaltsame Störungen rechter Extremisten in Theatern. Macht dir das Angst?

Es ist wirklich erschreckend, was da passiert. Vor allem auch der jüngste Vorfall in einem Dresdener Kabarett, als auch ein Schauspieler mit einem Bierglas beworfen wurde. Angst habe ich vordergründig keine. Kunst und Theater ist dazu da, um zu provozieren, um einen gesellschaftlichen Spiegel vorzuhalten, um zu polarisieren. Wenn der Rechtsextremismus darauf reagiert macht es uns nur stärker, zeigt es uns, dass wir noch viel mehr machen müssen. Wir als Künstler haben die Aufgabe darauf zu reagieren. 

Mit Thomas Neuwerth, Turid Müller und Frizz Fischer habe ich auch gemeinsam einen schönen Song geschrieben, der im vergangen November auf meinem Album „My Musical Songbook“ erschienen ist – #LoveIsLove, darin geht es um Johnny, der in Sachsen lebt, und sich nicht in Schubladen stecken lassen möchte, nur weil er Frauen, Männer und alles dazwischen liebt und sein Geschlecht, sein Leben und sein Aussehen nicht von der Gesellschaft definieren lassen möchte. Ein Song, den ich sehr liebe und für sehr wichtig halte!

Wie nimmst Du die Bedrohung der Freiheit der Kunst ganz persönlich war? 

Direkte Begegnungen damit hatte ich allerdings (zum Glück) noch nicht. Wenn man allerdings mitbekommt, dass gewisse Parteien darauf bestehen, dass das dunkle Zeitalter der deutschen Geschichte es nicht mehr wert sein soll auf einer Bühne angesprochen zu werden, dass nur noch deutsche Literatur gespielt werden soll, dann ist das erschreckend. Genau das sagt doch aus, dass wir eben noch nicht soweit sind Themen wie das Dritte Reich außer Acht zu lassen. Ich will mich und meine Kunst nicht verstecken. Deshalb ist es so wichtig, dass Künstler laut und lauter werden. 

Verfolgst du das in Medien, oder schottest du dich eher ab, um dich auf das Stück konzentrieren zu können?

Ich verfolge das Geschehen natürlich regelmäßig in den Medien und natürlich macht es mir Angst, keine Frage. Gerade spiele ich ja im Ensemble des Stadttheaters Annaberg-Buchholz in Sachsen, wo wir eine erschreckend hohe Quote an rechter Wahlbeteiligung haben. Wir zeigen allerdings auch Stücke, wie „Cabaret" und „Heute Abend: Lola Blau“, die sich mit dem Thema Drittes Reich und rechter Gewalt befassen. Erst kürzlich wurden drei unserer Transportfahrzeuge durch Brandstiftung zerstört. Warum und vor allem wer können wir bislang nicht sagen. Wir können nur mutmaßen, ob das mit rechter Gewalt und auf Grund der Wahl bestimmter Bühnenstoffe zu tun hatte. 

Gab es schon Anzeichen, dass auch die jetzige Aufführung „von Rechts“ beobachtet wird?

Ob die aktuelle Produktion „The Rocky Horror Show“ von „Rechts“ beobachtet wird, glaube ich nicht, bzw. kann ich nicht sagen. Bislang gibt es keine Anzeichen dafür. Die Vorstellungen sind so gut wie alle ausverkauft, der Vorverkauf läuft rasend gut. Die Leute hier freuen sich auf das Stück. Und eine bessere Aussage, als „Don't dream it - be it“, kann es für mich auch nicht geben! Danke Richard O'Brien!

Foto: Dirk Rückschloss

Du bist sehr jung. Der wohl jüngste Dr. Frank N. Furter aller Zeiten sogar. Wie kam es dazu, dass du besetzt wurdest?

Wahrscheinlich stimmt es sogar, dass ich der jüngste Frank'N'Furter in einer professionellen Produktion von „The Rocky Horror Show“ bin. Das ehrt und freut mich wahnsinnig. Ich durfte vor 2 Spielzeiten bereits als jüngster Darsteller aller Zeiten bereits den Conférencier in „Cabaret“ spielen, eine sehr sehr erfolgreiche Produktion und eine wahnsinnig tolle Inszenierung, an die ich gerne zurück denke. Wahrscheinlich war das mit der Grund, dass unser Intendant, Dr. Ingolf Huhn, zu mir kam und sagte: „Wir würden gerne die Rocky Horror Show machen. Ein Musical, das man nur auf den Spielplan setzt, wenn man weiß, man hat einen Darsteller der der Rolle des Frank'N'Furter's würdig ist, möchtest du das machen?“ Und da sagt man natürlich nicht nein. Ich freue mich wahnsinnig auf diese Herausforderung!

„Es gibt kein festest Korsett für Frank'N'Furter (außer das, welches ich hinterher anhaben werde)“

Was reizt dich an der Rolle? Was möchtest du ihr mitgeben, das es bisher vielleicht noch nicht gab?

Was mich an der Rolle extrem reizt ist einerseits diese großartige Musik. Was Richard O'Brien da komponiert hat, hat Musikgeschichte geschrieben. Von Soft-Rock, bis Country über Hard-Rock ist alles dabei. In mir schlummert ein kleiner Rock-Star und jetzt darf ich den endlich mal rauslassen! Zum Anderen kann ich mit aller Verrücktheit, die ich habe, diese Rolle zum Leben erwecken. Es gibt kein festest Korsett für Frank'N'Furter (außer das, welches ich hinterher anhaben werde) und so kann ich während den Proben erst mal alles machen, was ich will. Das macht großen, großen Spaß! 

Was ich der Rolle mitgeben kann, ist meine Jugendlichkeit, meine Verspieltheit, meine Freude an allem Verrückten. Für mich ist Frankie keine Drag Queen, kein Transgender und auch kein „Formenwandler“. Für mich ist er dieses Alien, dass auf die Erde kommt um den, für ihn, perfekten Menschen zu erschaffen. Währenddessen formt er sein komplettes Weltbild der Erde und der Menschen über alte B-Movies mit Fay Wray und Marlene Dietrich, deren „Stil" er annimmt, weil das für ihn das Ideal von Schönheit darstellt. Rocky erschafft er nach dem Abbild von Charles Atlas und Steve Reeves, die er ebenfalls aus Werbung und Filmen der späten 50er und frühen 60er gesehen hat. 

Kanntest Du das Stück, den Film und die Kontroversen darum schon vorher?

Natürlich kannte ich sowohl das Stück, als auch den Film von 1975 und die Neuverfilmung von 2016. Das ist Kult und ich liebte es von Anfang an. Sobald die ersten Klänge von „Science Fiction" erklingen bin ich sofort wieder in diese abgedrehte Geschichte, in dieses „Hänsel und Gretel-Märchen“ für Erwachsene, hineingezogen. Ist Rocky Horror immer noch von Kontroversen behaftet? - Ich weiß es nicht. Wahrscheinlich.

Erst kürzlich hat eine christliche Gruppe in England gegen eine Vorstellung der Show protestiert, da es um Sex, Ausleben von Homo- und Bisexualität, Trans-Sein geht, protestiert. Aber jeder, der in diese Show geht, ist nicht gefeit davor sich in den Rausch von Frank'N'Furter's wohl wichtigster Aussage ziehen zu lassen: „Don't dream it – be it“. Und wie bereits gesagt, eine schönere und vor allem in Zeiten wie diesen wichtigere Aussage kann es in einem Musical nicht geben!

9.2., Premiere, The Rocky Horror Show, Winterstein Theater, Buchholzer Straße 67, Annaberg-Buchholz, 19 Uhr, weitere Termine am 28.2., 7.3., 14.3., 21.3., 29.3. und 18.4., Karten & Infos


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