Genitalverstümmelung bei Kindern: Das sagen UN und LSVD

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Eine neue vom Bundesfamilienministerium geförderte Studie „Zur Aktualität kosmetischer Operationen „uneindeutiger“ Genitalien im Kindesalter“ von Ulrike Klöppel, Wissenschaftlerin an der Humboldt-Universität, kommt zu dem Ergebnis, dass in Deutschland nach wie vor „feminisierende“ und „maskulinisierende“ Genitaloperationen an Säuglingen und Kindern vorgenommen werden. Das ist nach den Statuten der UN Folter und ein schwerwiegender Verstoß gegen die EU-Grundrechte-Charta. Wir dokumentieren die Stellungnahme von Axel Blumenthal, Sprecher des Lesben- und Schwulenverbands (LSVD):

„Statt die Annahme natürlicher Zweigeschlechtlichkeit zu hinterfragen, werden intergeschlechtliche Menschen in Deutschland nach wie vor „passend“ gemacht.

Die medizinisch unnötigen kosmetischen Genitaloperationen sind keine Heileingriffe, sondern verletzen das Menschenrecht auf körperliche Unversehrtheit, Selbstbestimmung und Würde von intergeschlechtlichen Menschen und verstoßen gegen die UN-Kinderrechtskonvention.

Der Lesben- und Schwulenverband (LSVD) fordert, dass medizinische Eingriffe ausschließlich aufgrund der informierten Einwilligung der betroffenen intergeschlechtlichen Menschen erfolgen dürfen. Die von der Bundesregierung eingerichtete Interministerielle Arbeitsgruppe „Trans- und Intersexualität“ muss dafür sorgen, dass diese menschenrechtswidrigen kosmetischen Genitaloperationen an intergeschlechtlichen Säuglingen und Kindern beendet werden.

Foto: böhringer friedrich/CC BY-SA 2.5,/wikimedia

Neben einem eindeutigen Verbot von kosmetischen Genitaloperationen an intergeschlechtlichen Säuglingen und Kindern fordert der LSVD eine obligatorische und nicht-medizinische Beratungsverpflichtung für Eltern von intergeschlechtlichen Kindern. Außerdem braucht es massive Aufklärung unter der Ärzteschaft und dem medizinischem Personal, vor allem in den Bereichen Geburtshilfe und Kinderchirurgie. Die LS2k-Leitlinie „Varianten der Geschlechtsentwicklung“ ist eindeutig und muss umgesetzt werden. Für Menschen, die menschenrechtswidrigen Zwangsbehandlungen unterworfen wurden, fordern wir Entschädigung und angemessene gesundheitliche Versorgung.

Laut dem Verein intersexueller Menschen e.V. gibt es 80.000 bis 120.000 intergeschlechtliche Menschen in Deutschland. Durchschnittlich wird jedes 500. Kind mit einem uneindeutigen Geschlecht geboren. Diese Operationen geschehen ohne Einwilligung der Kinder und die Eltern werden oft nur unzureichend über die möglichen Folgen solcher Eingriffe und Behandlungen aufgeklärt. Ärzt*innen wissen nicht, dass sie sich mit diesen Eingriffen strafbar machen.

Viele intergeschlechtliche Menschen leiden an psychischen und physischen Spätfolgen durch gravierende und irreversible chirurgische und verstümmelnde Zwangsoperationen.

Der UN-Sonderberichterstatter über Folter hat die Aufhebung von Gesetzen gefordert, die erzwungene Operationen zur Geschlechtsanpassung oder unfreiwillige Sterilisierung vorsehen. Der UN-Ausschuss gegen Folter, der die Einhaltung der UN-Antifolterkonvention überwacht, hat in seinem Bericht zu Deutschland ebenfalls ein Ende der Zwangsoperationen gefordert. Ebenso prangert die EU-Grundrechteagentur die Verletzung von Grundrechten von Inter* als schwerwiegende Verstöße gegen die EU-Grundrechte-Charta an. Seit April 2015 stellt Malta als erstes Land weltweit Zwangsoperationen an intergeschlechtlichen Menschen unter Strafe. Das gilt auch für uneingewilligte medizinische Interventionen an minderjährigen intergeschlechtliche Menschen, wenn diese Eingriffe – weil nicht lebensrettend – aufschiebbar sind."

www.lsvd.de

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