#175er • Entschädigung auch für U-Haft und Verfahren

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Foto: Thomas Köhler / photothek

Drei Tage nach dem 25. Jahrestag der Bundestagsentscheidung, den Paragrafen 175 und damit die staatliche Verfolgung Homosexueller aus dem Strafgesetzbuch zu streichen, tritt eine neue Entschädigungsregelung in Kraft.

Bundesjustizministerin Katarina Barley (SPD) gab die neue Richtlinie für dasGesetz zur strafrechtlichen Rehabilitierung der nach dem 8. Mai 1945 wegen einvernehmlicher homosexueller Handlungen verurteilten Personen“ (StrRehaHomG) heute bekannt, und erfüllte damit ein Versprechen, das die Bundestagsabgeordneten Johannes Kahrs und Karl-Heinz Brunner (beide SPD) Ende vergangenen Jahres gegeben hatten. (blu berichtete)

Schon ein Verfahren zerstörte Lebensplanungen

Die Nichtentschädigung von Menschen, die durch eine Untersuchungshaft Job, Karriere und damit Einkommen und bis heute Rentenverluste hinnehmen mussten, war einer der größten Kritikpunkte an der bisherigen Fassung des StrRehaHomG. Das Ministerium begründet die heute in Kraft getretene Richtlinie damit, dass „nicht erst eine Verurteilung, sondern bereits die Strafverfolgung wegen einvernehmlicher homosexueller Handlungen aus heutiger Sicht als unvereinbar mit dem freiheitlichen Menschenbild des Grundgesetzes zu bewerten ist.“ Daher können Personen, die in Untersuchungshaft waren, nun eine Entschädigung in Höhe von 1.500 Euro je angefangenes Jahr erlittener Freiheitsentziehung erhalten. Davon unabhängig gibt es 500 Euro Entschädigung für jedes gegen eine Person eingeleitete Ermittlungsverfahren. 1.500 Euro Entschädigung können auch Personen erhalten, die im Zusammenhang mit den damaligen strafrechtlichen Verboten einvernehmlicher homosexueller Handlungen unter außergewöhnlich negativen Beeinträchtigungen zu leiden hatten.

Kein Schadenersatz – Betrag symbolisch

In der Meldung des Justizministeriums wird darauf aufmerksam gemacht, dass die Geldleistung nicht als Schadensersatz zu verstehen sei. Es ginge vor dem Hintergrund einer gesellschaftlichen Solidarität um eine symbolische Anerkennung erlittener Beeinträchtigungen.

Antrag über BISS und das BMJV möglich

Die „Bundesinteressenvertretung schwuler Senioren“ BISS teilte mit, dass sie sich weiter für die Betroffenen einsetzt, die vom Gesetz unberücksichtigt blieben. Menschen, die zum Beispiel Nachteile im öffentlichen Dienst oder der Privatwirtschaft erlitten, aus der Bundeswehr geflogen sind und bspw. ohne Verurteilung zu Unrecht von der Polizei verfolgt und inhaftiert wurden können sich unter der bekannten Hotline 0800 1752017 über Entschädigungsmöglichkeiten beraten und unterstützen lassen. Die Hotline wird vom Bundesjustizministerium und Bundesfamilienministerium gefördert.

Die Richtlinie sowie alle Informationen zur Entschädigung und ihrer Beantragung sind auch unter www.bundesjustizamt.de/rehabilitierung zu finden. Das Bundesamt für Justiz bietet ebenfalls eine telefonische Beratung unter der Telefonnummer 0228 9941040 an.  

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