Deutschland führt dritten Geschlechtseintrag ein

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Ein großer Erfolg für Intersexuelle, namentlich besonders Vanja*, die sich bis zum Bundesverfassungsgericht durchkämpften, um endlich als weder Mann noch Frau anerkannt werden zu können. Die gestern verabschiedete Lösung diskriminiert aber weiter.

Grüne, DIE LINKE und FDP hatten, nachdem von Horst Seehofers Innenministerium ein Entwurf des Gesetzes vorgelegt wurde, bis zuletzt versucht, wichtige Punkte nachzubessern. Vergeblich. Es wird zwar die Möglichkeit geben, dass Eltern wahlfrei auch „divers“ in das Geburtsregister eintragen können und auch Erwachsenen wird diese Änderungsmöglichkeit eingeräumt, allerdings wird dazu ein ärztliches Gutachten verlangt. Ein Verbot der von Menschenrechtlern als Verstümmelung kritisierten Operationen an Kindern mit nicht eindeutigen Geschlechtsmerkmalen, ist im Gesetz ebenfalls nicht enthalten. Die Operationen sind teilweise irreversibel und können sich negativ auf die sexuelle Empfindung auswirken. 

Ebenfalls komplett außer Acht gelassen wurde die von der Opposition geforderte grundsätzliche Reform des Personenstandsgesetzes zugunsten eines selbstbestimmten Umgangs mit dem eigenen Geschlecht unter anderem für Transsexuelle, Transgender und transidente Personen. Das Geschlecht eines Menschen wird weiter als medizinische Tatsache behandelt, es wird weiter pathologisiert.

Foto: Caro Kadatz

Henny Engels aus dem Bundesvorstand des Lesben- und Schwulenverbands (LSVD) sieht darin einen Verstoß gegen die Vorgaben des Verfassungsgerichtes:

„Damit wird Intersexualität auf körperliche Abweichungen eingeengt. Das missachtet die feststehende Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, dass sich das Geschlecht nicht allein nach körperlichen Merkmalen bestimmen lässt, sondern von sozialen und psychischen Faktoren mitbestimmt wird. ... Der LSVD fordert den Gesetzgeber auf, den Geschlechtseintrag divers allen Menschen zu eröffnen, die ihn benötigen und die ihn wollen. Änderungen des Vornamens und des rechtlichen Geschlechts müssen auf Antrag beim Standesamt möglich sein. Entwürdigende Begutachtungen und Pathologisierungen müssen abgeschafft werden.“

Hoffnung für 2019?

In der Bundestagsdebatte kündigte die CDU-Abgeordnete Bettina Margaretha Wiesmann an, 2019 sowohl ein Verbot von sogenannten geschlechtsangleichenden Operationen zu planen, als auch endlich das sogenannte Transsexuellengesetz reformieren zu wollen: „Wir bekennen uns ausdrücklich zu einer größeren Reform." 

*Hintergrund:

Am 10. Oktober 2017 entschied das Bundesverfassungsgericht in der Klage der Aktivist*in Vanja, dass das Grundgesetz auch die geschlechtliche Identität der Personen schützt, die sich dauerhaft weder dem männlichen noch dem weiblichen Geschlecht zuordnen lassen. Unter Federführung des Bundesministeriums des Inneren, für Bau und Heimat hat die Regierung einen Referentenentwurfvorgelegt, der die Möglichkeit eines dritten positiven Geschlechtseintrags vorsieht – allerdings nur für Personen, die mit einer ärztlichen Bescheinigung nachweisen können, dass bei ihnen eine „Variante der Geschlechtsentwicklung“ vorliegt. Damit wird der Zugang nur denjenigen eröffnet, die bestimmte medizinische Diagnosen haben. Diese Beschränkung führt dazu, dass nicht einmal alle intergeschlechtlichen Menschen Zugang hätten. Allen anderen Menschen, die eine dritte Option benötigen, wird dieses Recht versagt. (Quelle:www.bv-trans.de)

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