Europarat: „Klima der Ablehnung" – LGBTIQ* besonders betroffen

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Die Corona-Pandemie hat nach Ansicht des Europarats strukturelle Ungleichheiten und tief verwurzelten Rassismus offenbart und weiter verschärft. Zu diesem Schluss kommt die Rassismus-Kommission des Europarats (ECRI) in ihrem Jahresbericht für 2020, der am Donnerstag veröffentlicht wurde. Am meisten verschlechterte sich demnach die Lage der Roma. Auch Migrantin*nen und Asylsuchende sowie sexuelle Minderheiten hätten überdurchschnittlich unter Lockdown-Maßnahmen gelitten. Die ECRI-Vorsitzende Maria Daniella Marouda erklärt:

„Die Covid-19-Krise hat zu einem allgemeinen Rückschritt bei den Menschenrechten in Europa geführt.“

Rassistische Diskriminierung 

Strukturelle Ungleichheiten seien in allen Politikbereichen einschließlich Bildung, Beschäftigung, Wohnraum und Gesundheitsversorgung zutage getreten. 

„[Rom*nja und Sinti*zze] leben oft in überfüllten Vierteln (...), in denen es fast unmöglich ist, körperliche Distanz und gute Hygiene zu wahren.“

Die Umstellung auf Fernunterricht habe zudem viele Rom*nja- und Sinti*ze-Kinder von der Schule ausgeschlossen, weil sie keinen Internetzugang haben. In einigen Ländern habe dieses Fehlen im Unterricht darüber hinaus zum Verlust der Sozialhilfe geführt. Migrantin*nen und Geflüchtete seien zum einen besonders anfällig für eine Ansteckung mit dem Coronavirus und hätten zugleich häufig eingeschränkten Zugang zur öffentlichen Gesundheitsversorgung, erklärte ECRI weiter.

Foto: Tanjir Ahmed Chowdhur / CC0

„Außerdem führte der wirtschaftliche Abschwung (...) zum unmittelbaren Verlust vieler informeller oder anderweitig prekärer Arbeitsplätze unter Migrantin*nen und anderen Gruppen.“ 

„Klima der Ablehnung“

Lockdown und Ausgangssperren trafen laut ECRI junge Lesben, Schwule, bisexuelle, trans*- und intergeschlechtliche Menschen unverhältnismäßig hart, „insbesondere diejenigen, die zu LGBTIQ*-feindlichen Familien zurückziehen mussten“. Die Anrufe bei speziellen Hotlines und Opferhilfezentren nahmen demnach stark zu. In diesem Zusammenhang zeigten sich die Europarats-Experten zum wiederholten Mal besorgt über ein „Klima der Ablehnung“ sexueller Minderheiten in einigen europäischen Ländern. In der Vergangenheit hatte die Straßburger Länderorganisation Polen, Ungarn und weiteren Mitgliedstaaten institutionelle Diskriminierung sexueller Minderheiten vorgeworfen. 

Der ECRI gehören Expertin*nen für den Kampf gegen Rassismus, Antisemitismus und Homofeindlichkeit an, die von den Mitgliedstaaten des Europarats ernannt werden. Das Gremium bewertet regelmäßig die Lage in den 47 Europaratsländern. 

*AFP/pe/ck/vf

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