#GroKo • Steigende homophobe Gewalt kein Thema!

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Vor etwa zwei Stunden ist bekannt gegeben worden, dass sich CDU/CSU und SPD auf einen Koalitionsvertrag geeinigt haben. Maßnahmen gegen die wachsende Gewalt gegen Queers sind nicht vorgesehen.

Foto: Deutscher Bundestag / Edgar Zippel

Laut den vorliegenden Textentwürfen zum GroKo-Vertrag, ist weder ein Aktionsplan gegen Homo- und Transphobie vereinbart worden, noch sind Maßnahmen zur statistischen Erfassung von Hassgewalt durch die Polizei angedacht. Das ist noch weniger, als in der vergangenen Koalition, wo der Aktionsplan zwar vorgesehen, jedoch nicht umgesetzt wurde. Immerhin bekundet man „den Willen", dass „Menschen unabhängig von ihrer sexuellen Identität frei und sicher leben können – mit gleichen Rechten und Pflichten."

Transsexuellengesetz fehlt

Ebenfalls nicht beachtet werden trotz überparteilicher Mehrheiten die ungeklärten Regelungen für Transsexuelle und Transgender in Sachen Gutachtenpflicht, Personenstandrecht und weitere. 

Dritte Option wird kommen – Genitalverstümmelung wird verboten

Im Bereich Familie und Kinder soll es dagegen weiter gehen. Das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes soll umgesetzt werden (Ach was!) und zusätzlich die Eingriffe an Kindern mit unspezifischen Geschlechtsmerkmalen verboten werden.  

Opposition übt scharfe Kritik

Ulle Schauws und Sven Lehmann, Sprecher*innen für Queerpolitik der Bundestagsfraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:

„Die Große Koalition wird zur großen Enttäuschung für LSBTTI. Der Koalitionsvertrag ist noch inhaltsleerer als der letzte Vertrag von 2013. Konservative Allergien aus dem Sondierungsgesprächen setzt sich fort: Lesben, Schwule, Bi-, Trans* und Intersexuelle werden mit keinem einzigen Wort erwähnt, Homo- bzw. Transfeindlichkeit wird ausgeblendet, Regenbogenfamilien verdienen nicht einmal Erwähnung.Versprochen werden zwar „die erforderlichen Anpassungen und Ergänzungen“, die sich durch die Ehe für alle ergeben, aber wenn es konkret wird, bleibt die GroKo vage. Die Anpassungen im Abstammungsrecht – die für lesbische Paare mit Kindern essentiell sind – wollen Union und SPD lediglich prüfen. Das ist keine Lösung sondern nur ein Aufschub in weitere Arbeitsgruppen und letztlich weitere Jahre Stillstand. Das ist inakzeptabel, denn Kinder verdienen gleiche Rechte und Sicherheit, egal in welcher Konstellation ihre Eltern zusammen leben.Immerhin scheint die CSU ihre gesellschafts- und verfassungspolitische Niederlage endlich eingestanden und die Schnapsidee einer Klage in Karlsruhe gegen Ehe für alle aufgegeben zu haben. Das ist die einzig gute Nachricht des heutigen Tages.Auch von der dringend notwendigen Reform des Transsexuellenrechts ist gar keine Rede. Lediglich auf die Umsetzung der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts hat sich die große Koalition einigen können. Abzuwarten ist, ob es tatsächlich gesetzliche Verbesserungen für intersexuelle Menschen geben wird. Die letzten vier Jahre brachten hier weitere Studien und Konferenzen, aber keinen einzigen spürbaren Fortschritt.Die Große Koalition ist queerpolitisch mickrig klein und enttäuscht auf ganzer Linie. Es wird wieder an der Kraft und Mobilisierungsfähigkeit der LSBTTI-Community und der Opposition liegen, die gesellschaftliche Akzeptanz für LSBTTI zu stärken. Wir Grüne sind dazu bereit."

Der Bundesvorsitzender der Liberalen Schwulen und Lesben, Michael Kauch:

Foto: Völklinger Kreis

„Der Koalitionvertrag ist bei den Themen von Lesben, Schwulen und Transgender ein Armutszeugnis der SPD.

Kein neues Transsexuellengesetz, kein modernes Familienrecht für Regenbogenfamilien, keine Öffnung der Reproduktionsmedizin für Lesben, keine Unterstützung für Diversity Management, keine Nachbesserung der §175-Entschädigung, nichts Konkretes zur Weiterentwicklung des halbherzigen Aktionsplans gegen Rassismus, keine konkreten Maßnahmen in der Menschenrechts- und Entwicklungspolitik. Lediglich bei Intersexuellen gibt es Fortschritte.

Wenn man schaut, was sich sonst außer warmen Worten findet, so bleibt: weitere institutionelle Förderung der Bundesstiftung Magnus Hirschfeld, ein unverbindlicher Prüfauftrag beim Abstammungsrecht und die Umsetzung von Verfassungsgerichtsurteilen. Die nebulöse Ankündigung von Anpassungen nach der "Ehe für alle" kann schlecht gemacht sogar zu Verschlechterungen für schwule Väter führen."

Das alles ist dürftig und zeigt, dass die SPD offenkundig um andere Themen gekämpft hat als um ihre Positionen für Lesben, Schwule und Transgender. Ein Blick nach Nordrhein-Westfalen belegt, dass man mit der CDU bei entsprechendem Nachdruck auch mehr umsetzen kann."

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