Gesetzentwurf: Endlich „echte“ Hassverbrechen

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Ein von Bundesjustizminister Marco Buschmann vorgelegter Entwurf zur Strafrechtsreform enthält die seit Jahren geforderte Aufnahme der Tatmerkmale „gegen die sexuelle Orientierung gerichtete“  und „geschlechtsspezifisch“ als strafverschärfend. 

Foto: John MacDougall / AFP

Frauen und LGBTIQ* im Fokus

Dem Strafrechtsparagrafen 46 zufolge können bisher rassistische, fremdenfeindliche und antisemitische Beweggründe einer Tat als strafverschärfend bewertet werden. In diese Liste sollen nunmehr ausdrücklich auch „geschlechtsspezifische“ und „gegen die sexuelle Orientierung gerichtete“ Tatmotive aufgenommen werden.   Dies solle etwa dann greifen, „wenn der Täter gegenüber seiner Partnerin oder Ex-Partnerin mit Gewalt einen vermeintlichen patriarchalischen Herrschafts- und Besitzanspruch durchsetzen will“.  Die Nennung der „gegen die sexuelle Orientierung gerichteten“ Motive soll bei Taten berücksichtigt werden, die sich gegen Lesben, Schwule, Bisexuelle, trans- und intergeschlechtliche Menschen richten. „Auch in unserem Land ist das Ausmaß gerade frauenfeindlicher Gewalt erschütternd“, erklärte Buschmann. „Jeden Tag erfahren Frauen Gewalt durch Männer - weil sie sich männlichem Herrschaftswahn widersetzen.“ 

Erleichterung für Schwarzfahrende

Ein weiteres Element des Reformpakets ist die Ersatzfreiheitsstrafe. Eine solche wird verhängt, wenn eine zuvor ergangene Geldstrafe nicht vollstreckt werden kann. Bislang entspricht dabei jeder Tagessatz Geldstrafe einem Tag Ersatzfreiheitsstrafe. Die nun geplante Änderung sieht vor, dass künftig zwei Tagessätze Geldstrafe einem Tag Ersatzfreiheitsstrafe entsprechen.  

„Mit unserem Gesetz halbieren wir die Ersatzfreiheitsstrafen“, erklärte Buschmann. „Außerdem machen wir für die Betroffenen die Chance greifbarer, die Vollstreckung der Freiheitsstrafe durch Ableistung gemeinnütziger Arbeit ganz abzuwenden. {... Die Ersatzfreiheitsstrafe ist ein notwendiges Übel, aber sie ist dringend reformbedürftig“, erklärte Buschmann. „Zu viele Menschen müssen erhebliche Freiheitsstrafen verbüßen, weil die eigentlich gegen sie verhängte Geldstrafe nicht vollstreckt werden kann.“ Das sei unter dem Gesichtspunkt der Resozialisierung fragwürdig. Außerdem verursacht es erhebliche Kosten. 

Substanzkonsumenten weniger Zwangseinweisen

Als weitere Neuerung befasst sich Buschmanns Entwurf mit dem Sanktionsrecht. So sollen Konsumenten illegaler Substanzen künftig nicht mehr so häufig zwangsweise in einer Entzugsklinik gesteckt werden. Die Kriterien für die Unterbringung nach einer strafrechtlichen Verurteilung sollen enger gefasst werden. Die Zahl der Menschen, die nach einer strafgerichtlichen Verurteilung in einer Entziehungsanstalt untergebracht werden, habe in den vergangenen Jahren drastisch zugenommen, sagte Buschmann. „Die Situation ist nicht länger tragbar: Nicht alle untergebrachte Personen sind in den Kliniken richtig aufgehoben." Viele Kliniken seien überlastet. „Die Behandlung muss sich wieder auf diejenigen Personen konzentrieren, die wirklich behandlungsbedürftig und -fähig sind." *AFPjp/mt/ck

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