Kommentar • Stephan Harbarth nicht ins Bundesverfassungsgericht!

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Foto: gemeinfrei / CC0

„Ehe für alle“ ist Realität

„Ohne die Öffnung der Ehe stehen wir für keine Koalition bereit." Es war diese klare Aussage im letzten grünen Wahlprogramm, welche eine unaufhaltsame politische Kettenreaktion auslöste. Diese deutliche Formulierung einer einfachen politischen Grundhaltung, die Überzeugung, dass alle Menschen in Deutschland die gleichen Grundrechte genießen, konnte in dieser spezifischen Frage eine derartige politische Wirkung entfalten, da sie auf einem breiten gesellschaftlichen Konsens trifft. Im demokratischen Parteienspektrum möchte nur die CDU noch am Eheverbot für nicht heterosexuelle Menschen festhalten.

Seit diesem historischen Schritt haben tausende Menschen sich das Jawort gegeben. Mit ihren Familien und Freund*innen haben sie diesen wichtigen Schritt gefeiert. Sie haben Verantwortung füreinander übernommen. Mich persönlich füllt der Gedanke daran mit unglaublicher Freude.

Doch die Gegner*innen der „Ehe für alle" weigern sich dieses Glück zu sehen. Es ist vielleicht noch auszuhalten, dass die CDU unerklärbar lange braucht Formulare und Prozesse in den von ihnen geführten Ministerien auf die neue gesetzliche Realität anzupassen, aber, was sich jetzt abzeichnet, ist nicht mehr tragbar.

Foto: Matthias Busse / CC BY 3.0 / wikimedia.org

CDU missachtet parlamentarische Sitte

Die CDU möchte ihr Vorschlagsrecht für das Bundesverfassungsgericht dafür nutzen einen Gegner der „Ehe für alle" an diese wichtige Position zu befördern. Dabei benutzt sie politisches Kalkül. Nachdem Günter Krings ein offen homofeindlicher Kandidat nachvollziehbar keine Unterstützung gefunden hat, präsentiert die CDU jetzt Stephan Harbarth als angeblichen gemäßigten Kandidaten, obwohl dieser weiterhin gegen die Öffnung der Ehe und die Ausweitung von Diskriminierungsschutz ist.

Dieses politische Manöver ist nicht nur durchsichtig, sondern auch eine klare Abkehr von dem Ziel, welches die Regelung, dass eine Richter*in am Bundesverfassungsgericht eine Zweidrittelmehrheit hinter sich bringen muss, verfolgt. Diese Regel soll sicherstellen, dass Richter*innen am Bundesverfassungsgericht breit getragen sind, um eine hohe Akzeptanz zu haben, welche sie brauchen, um ihre große und wichtige Aufgabe, das Wachen über unser Grundgesetz für alle Menschen gleichermaßen, erfüllen zu können.

Zusätzlich konnten wir in den USA vor kurzem mahnend beobachten, welchen Schaden das Vertrauen in das Rechtssystem nehmen kann, wenn hohe Richter*innen mit nur einer knappen Mehrheit durchgesetzt werden. Dass die CDU die wertvolle Tradition von breit konsensfähigen Richter*innen für das Bundesverfassungsgericht gerade jetzt zu beenden versucht, ist verantwortungslos.

Falls die CDU weiter auf einen Gegner der „Ehe für alle" für das Bundesverfassungsgericht beharrt, sollte sie im demokratischen Parteienspektrum weiter isoliert bleiben. Ein Vorschlagsrecht ist kein Recht darauf, einen nicht breit getragene*n Kandidat*in durchzusetzen.

All das gilt besonders, wenn diese Kandidat*in wahrscheinlich zukünftig sogar Präsident*in des Bundesverfassungsgerichts wird.

Deswegen ist Stephan Harbarth kein geeigneter Kandidat für das Bundesverfassungsgericht.

*Jens Christoph Parker ist Finanzbetriebswirt und Sprecher von #QueerGruen. Er brennt darüber hinaus für die Themen: #Europa, #Vielfalt und #NachhaltigeFinanzen. Er zwitschert unter @JensParker

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