GESELLSCHAFT VERÄNDERN • „NACH AUSSEN UND NACH INNEN“

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Der Abbau von Homo- und Transphobie ist ein täglicher Kampf. Wir sprachen mit Marco Klingberg, dem stellvertretenden Bundesvorsitzenden des Verbandes lesbischer und schwuler Polizeibediensteter

Foto: Christian Knuth

WAS TUT IHR GEGEN HOMO- UND TRANSPHOBIE?

Wir verfolgen zwei Ansätze. Wir wirken nach Innen und nach Außen.

DAS HEISST?

Wir wirken in die Behörden hinein gegen Diskriminierungen von Polizeibeamten und -beamtinnen. Wir machen darauf aufmerksam, wenn sie wegen ihrer Homo-, Bi- oder Trans*- beziehungsweise Intersexualität Anfeindungen ausgesetzt sind.

UND NACH AUSSEN?

Nach Außen unterstützen wir Projekte, die sich mit dem Thema beschäftigen und machen auf die Problematik betreffender Straftaten, die zur sogenannten Hasskriminalität gehören, aufmerksam. Wir klären in Veranstaltungen darüber auf, wie und in welcher Form man eine Anzeige erstatten kann, wie die Verfahren laufen und versuchen Ängste abzubauen, sich auch gegenüber den Strafverfolgungsbehörden offen zu äußern.

KANNST DU KONKRETE BEISPIELE NENNEN?

Wir sind mit Infoständen bei den CSDs vertreten, arbeiten in Berlin zum Beispiel mit dem schwulen Antigewaltprojekt MANEO zusammen und vernetzen und unterstützen die Ansprechpartner für gleichgeschlechtliche Lebensweisen. Jährlich gibt es dafür auch unser Bundesseminar, an dem auch viele der Ansprechpartner teilnehmen.

EIGENTLICHER GRUND UNSERES TREFFENS IST ABER EIN ANDERER. IHR SEIT MIT VELSPOL MITGLIED IM DACHVERBAND „EUROPEAN GAY POLICE ASSOCIATION“ (EGPA). UND DA HAT SICH EINIGES VERÄNDERT. ERZÄHL DOCH MAL KURZ , WAS?

Bisher war die EGPA an die niederländische Polizei angebunden. Durch Strukturveränderungen konnte dies so nicht aufrechterhalten werden. Im letzten Jahr hatten wir zusammen mit den anderen Mitgliedsorganistionen dann  eine neue Struktur ausgearbeitet, welche im Herbst in Den Haag beschlossen wurde. Die EGPA (European LGBT Police Association) ist seit dem eigenständig und VelsPol hatte angeboten, den Vereinssitz nach Berlin zu holen und sich auch um die ganzen organisatorischen Dinge zu kümmern.

UND DAS WURDE FREUDESTRAHLEND ANGENOMMEN?

Ja. Wir hatten im April unser  Boardmeeting hier in Berlin und es wurde die neue EGPA gegründet. Im neuen Präsidium ist auch unser Bundesvorsitzender vertreten.

WAS MACHT DENN DIE EGPA EIGENTLICH?

Sie ist u. a.  für die politische Vernetzung zuständig, zum Beispiel für die Kontakte nach Brüssel. Das wird unter anderem auch genutzt, wenn Probleme in einzelnen Landesverbänden auftauchen. Zusammen ist man stärker.

GIBT ES KONKRETE ZIELE?

Wir sind bisher nicht in Osteuropa vertreten. Das wollen wir ändern und unsere bestehenden Kontakte nutzen, um dort ähnliche Strukturen zu schaffen, wie in Westeuropa.

Foto: Christian Knuth

Foto: Christian Knuth

Foto: Christian Knuth

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Foto: Christian Knuth

Foto: Christian Knuth

Foto: Christian Knuth

Foto: Christian Knuth

Foto: Christian Knuth

IHR WART BEIM BERLINER CSD 2014 ZIEMLICH AUFFÄLLIG DABEI. IST SOWAS MAL WIEDER GEPLANT?

Das war ja der Tatsache geschuldet, da damals die EGPA-Tagung hier in Berlin mit über 200 Teilnehmern stattfand. Unsere europäischen Tagungen finden alle zwei Jahre statt und 2014 waren wir als deutsche Mitgliedsorganisation der Organisator und Ausrichter,  die Teilnahme am CSD war da natürlich ein Höhepunkt.

ES WAR EIN BEEINDRUCKENDES BILD, WEIL JA SO VIELE IN UNIFORM DABEI WAREN. DU HATTEST VORHER STREIT MIT DEM DIENSTHERRN, WEGEN DER UNIFORM?

Wir wollten natürlich auch in Uniform mitlaufen und ich hatte dies bereits Anfang 2014 in einem Arbeitsgespräch mit dem Polizeipräsidenten, Herrn Klaus Kandt angefragt. Dieser Anfrage wurde auf Berliner Ebene zugestimmt. In meinem Bundesland Brandenburg hatte das Polizeipräsidium auch kein Problem, erst als das Innenministerium davon erfuhr, wurde es für die Teilnehmer aus Brandenburg untersagt.

MIT WELCHER BEGRÜNDUNG?

Erst gab es keine, es wurde schlicht nicht erlaubt. Wir haben dann eine eingefordert. Die, die dann kam war hahnebüchen. Man könne nicht ausschließen, dass Zuschauer die Uniform für Fantasieuniformen halten könnten und dies würde das Ansehen der brandenburgischen Polizei schädigen.

WER WAR DAMALS INNENMINISTER?

Das war damals Ralf Holzschuher  von der SPD. Es lag aber gar nicht so sehr am Innenminister, sondern viel mehr an den Sachbearbeitern, die einfach dem Thema gegenüber oft nicht aufgeschlossen sind, oder einfach auch nicht wirklich darüber nachdenken.

STICHWORT ROLEBACK. BEMERKT IHR EINE VERÄNDERUNG, WAS HOMO- UND TRANSPHOBIE ANGEHT INNERHALB DER POLIZEI? WENN MAN MAL VON BERLIN ODER WESTDEUTSCHEN GROSSSTÄDTEN ABSIEHT. MAN HÖRT AUS SACHSEN VON VERBINDUNGEN ZU RECHTSRADIKALEN KREISEN ...

Wie du schon sagst, in Berlin oder auch in Brandenburg sieht es gut aus. Da sind wir seit über 20 Jahren aktiv und das merkt man auch. In Sachsen oder Thüringen gibt es keine Landesorganistionen unseres Verbandes  noch die bei uns üblichen polizeilichen Ansprechpartner innerhalb der Behörde. In Sachsen wird es das auch in naher Zukunft nicht geben. Ein diesbezüglicher Vorstoß wurde vom sächsischen Staatsministerium des Inneren abgelehnt. Man sähe keinen Bedarf. Das Problem ist immer, dass Zahlen gefordert werden, die es einfach nicht gibt. Das Dunkelfeld bei homo- und transphoben Straftaten liegt bundesweit bei 80 – 90 Prozent.

WEIL SIE NICHT ERFASST WERDEN?

Die Straftaten, die bei der Polizei angezeigt  werden, zählen zu den politisch motivierten Straftaten und werden zur sogenannten Hasskriminalität zugerechnet. Diese werden dann auch entsprechend statistisch erfasst, aber auch nur, wenn sie von den Sachbearbeitern erkannt werden. Auch da arbeiten wir von VelsPol an der Sensibilisierung der Mitarbeiter.

HABT IHR DENN KONKRETE FORDERUNGEN AN DIE POLITIK?

Jedes Bundesland dümpelt mit eigenen Aktionsplänen vor sich hin. Es wäre schön, wenn die Bundesregierung ihren nationalen Aktionsplan endlich an den Start bringt.  

•Interview: Christian Knuth

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