Schlau zu HIV mit Dr. Usadel

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Frau Dr. Susanne Usadel führt die Praxis für Infektionsmedizin in Freiburg und ist seit 2008 Mitglied im Vorstand der dagnä e. V. (Deutsche Arbeitsgemeinschaft niedergelassener Ärzte in der Versorgung HIV-Infizierter (dagnä) e. V.). Ein Schwerpunkt ihrer Arbeit ist die Fortbildung medizinischer Fachangestellter (MFA) in HIV-Schwerpunktpraxen. Perfekt, um mit ihr über Langzeitgesundheit und Therapieprobleme zu sprechen.

www.praxis-für-infektionsmedizin.de

Foto: Margrit Müller / Freiburg

Eine HIV-Infektion lässt sich heute gut behandeln und die Patienten haben eine annähernd normale Lebenserwartung. Kann man von HIV als „chronischer Krankheit“ sprechen?

Der Großteil der heutigen HIV-Patienten ist dank der medikamentösen Behandlung in der Lage, ein ganz normales Leben zu führen. Aber sie sind lebenslang Virusträger und müssen daher eben auch lebenslang ihre Medikamente sehr therapietreu einnehmen. Die Medikamente verhindern, dass das Virus das Immunsystem schädigen kann. Unter den Medikamenten ist das Virus kaum noch nachweisbar. Berufliche und private Planungen für die Zukunft sind möglich. Dennoch kommt es immer noch zu relevanten Nebenwirkungen oder Krankheiten aufgrund der HIV-Infektion. Aber positiv ist, dass HIV dank der Medikamente für die meisten Patienten zu einer chronischen Erkrankung geworden ist. Darum ist die Kampagne der Deutschen AIDS-Hilfe mit dem Ziel „bis 2020 kein AIDS mehr in Deutschland“ sehr zu unterstützen. Regelmäßige Tests sind wichtig, um von einer möglichen HIV-Infektion zu erfahren und die Therapie zu starten – dann kann sich AIDS nicht entwickeln.

Was folgt für Sie als Behandlerin daraus, dass die Patienten immer älter werden?

Die erste Generation der HIV-Patienten wird nun alt. Das bringt Alterung der Organe und häufig auch die bekannten „Alterserkrankungen“ mit sich – und auf diese müssen wir als Behandler achten. Interaktionen zwischen den Medikamenten sind häufig und müssen bedacht werden. Außerdem wird es auch Langzeitnebenwirkungen geben. Darum müssen wir darauf achten, dass Medikamente möglichst wenig Nebenwirkungen haben, auch wenn sie Jahre und Jahrzehnte eingenommen werden. Eine dreimonatliche Kontrolle beim Schwerpunktbehandler ist in diesem Kontext umso wichtiger. Als Behandler müssen wir zum Beispiel in das Gespräch mit den Altenheimen und Pflegediensten treten, die chronische HIV-Infektion im Alter thematisieren und entstigmatisieren.

Inwieweit kann der Patient zu einem gesunden Altwerden beitragen?

Gesundes Altwerden … Ein Thema, das uns alle angeht und das wir alle meist schlecht umsetzen: Raucherentwöhnung, Sport, gesundes Essen … HIV-Patienten sind da offen, haben aber die gleichen kleinen „Teufel“ der Gewohnheit in sich. Hier helfen kontinuierliche Gespräche und Offenheit für die Schwierigkeit der Umsetzung. Lokale Aktivitäten zum Beispiel von den AIDS-Hilfen helfen ebenfalls, immer wieder zu sensibilisieren. Aber auch mögliche Einflüsse der antiretroviralen Medikamente auf das Gewicht sind ernst zu nehmen: Heute steht uns eine Vielzahl verschiedener Medikamente zur Verfügung, sodass wir für jeden Patienten eine individuell passende Therapie haben.

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