Wer wird Frankfurts neues Stadtoberhaupt?

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Foto: Pexles, pixabay.com, gemeinfrei

Mit dem Volksentscheid zur Abwahl von Ex-Oberbürgermeister Peter Feldmann (SPD) kommt es am 5. März in Frankfurt zur vorgezogenen Oberbürgermeister*in-Wahl.

Die Hauptaufgaben des Stadtoberhaupts sind neben der repräsentierenden Funktion die Vorbereitungen der Magistratsbeschlüsse, die Leitung der Sitzungen sowie die Verteilung der Aufgabenbereiche auf die Dezernate und Organisationen der Stadtverwaltung.

Insgesamt 20 (!) Anwärter*innen gibt es: Die Regierungsparteien der aktuellen Vierer-Koalition stellen bis auf Volt eigene Kandidat*innen, von den anderen im Römer vertretenen Parteien schicken die CDU, DIE LINKE, die AfD und die Gartenpartei eigene Kandidat*innen ins Rennen. Dazu kommen 13 freie Bewerber*innen.

Sollte am 5. März keine*r die absolute Mehrheit erlangen, findet am 26. März eine Stichwahl zwischen den zwei stimmstärksten Bewerber*innen statt. Wir haben Kandidat*innen der Römer-Parteien sowie eine der freien Bewerber*innen zu LSBTIQ*-Themen befragt.


Mike Josef (SPD)

Foto: SPD Frankfurt

Der in Syrien geborene und in Bayern aufgewachsene Mike Josef (40) ist seit 2011 Stadtverordneter, seit 10 Jahren Parteivorsitzender der Frankfurter SPD und der aktuelle Dezernent für Planen, Wohnen und Sport.

Mike Josef sagt, in Frankfurt „habe ich mein Glück gefunden und möchte als Ihr neuer Oberbürgermeister Ihnen und unserer Stadt etwas von diesem Glück zurückgeben“. Er möchte die Lebensqualität aller Menschen sichern und erhöhen und ein modernes, soziales und wirtschaftlich starkes Frankfurt schaffen. Dafür möchte er die Wirtschaft fördern und Existenzen sichern, er setzt auf Klimaschutz, der innovative und zukunftssichere Arbeit schafft, auf bezahlbare Wohnungen für alle, auf die Erhaltung der sportlichen und kulturellen Vielfalt sowie auf Investitionen in moderne Schulen und Kitas. „Für mich ist klar: Wer in und für Frankfurt arbeitet, soll sich das Leben in Frankfurt leisten können“.

www.mike-josef.de

Angelegenheiten der LSBTIQ*-Community sind derzeit im Amt für Multikulturelle Angelegenheiten angesiedelt; finden Sie das sinnvoll – oder braucht es dafür ein anderes oder gar eigenes Dezernat?

Der Begriff „multikulturell“ darf breiter verstanden werden. Entscheidend ist, dass Diskriminierung in unserer Stadt nicht eindimensional gedacht wird. Die Lebensrealitäten vieler Bürger*innen dieser Stadt zeigen, dass einige unserer Mitbürger*innen von Mehrfachdiskriminierungen betroffen sind. Da kommt das Amt für Multikulturelle Angelegenheiten ins Spiel. Dadurch dass die Angelegenheiten diverser Communities unter einem Dach gebündelt werden, wird ermöglicht, Probleme und Herausforderungen schnell, gründlich und effizient zu behandeln. Die Aufgabe, Diskriminierung abzubauen und für ein sicheres Zusammenleben zu sorgen ist eine Querschnittsaufgabe des gesamten Magistrats. Als Oberbürgermeister werde ich den permanenten Austausch suchen, um gemeinsame Ziel zu definieren und diese in den Magistrat einbringen.

Sicherheit in der Innenstadt ist auch für die LSBTIQ*-Community (leider wieder) zum akuten Problem geworden; reichen die bislang getroffenen Maßnahmen?

Zusammen mit der Frankfurter SPD fordere ich weitere präventive Maßnahmen zur Bekämpfung von Hasskriminalität gegenüber queeren Menschen und ein innerstädtisches Awareness-Konzept mit geschulten sichtbaren Konfliktvermittler*innen nach Wiener Vorbild. Dieses Konzept muss mit Gewerbetreibenden, der Polizei und vor allem mit Initiativen der queeren Community in Frankfurt erarbeitet werden. Generell brauchen wir mehr Polizeibeamt*innen auf der Straße, um für mehr Sicherheit zu sorgen. 

Welche Maßnahmen müssen außerdem erfolgen, um Frankfurt toleranter insbesondere gegenüber der LSBTIQ*-Community zu machen?

Im Bereich Bildung und Kultur gibt es auch für uns als Kommune Handlungsspielraum: Weiterbildungsangebote für Lehrkräfte, pädagogische Arbeitsstellen und Medienstellen sind Maßnahmen, die eingeführt werden müssten. Wichtig ist auch, dass städtische Museen verstärkt Künstler*innen der Community ausstellen und auch Ausstellungen zur queeren/lesbisch/schwulen Community anbieten. Als Stadt Frankfurt müssen wir weiterhin Institutionen unterstützen, die Aufklärung leisten. Diese Einflussmöglichkeiten sollten genutzt werden, um angemessen über LGBTI-Personen zu informieren. Positiv hervorzuheben ist, dass die Stadt die Ausrichtung des CSD unterstützt.

Benutzen Sie Gendersprache und wie sinnvoll finden Sie Gendersprache?

Ja, das finde ich sinnvoll, weil Sprache auch Realitäten wiedergibt.


Manuela Rottmann (Bündnis90 / Die Grünen)

Foto: Katharina Dubno

Manuela Rottmann (50) war von 2006 bis 2012 bereits Frankfurts Dezernentin für Umwelt und Gesundheit, bevor sie 2017 zur Abgeordneten in den Deutschen Bundestag gewählt wurde.

Ihr Motto für die Kandidatur als neue Frankfurter Oberbürgermeisterin: „Aufbruch für Frankfurt“. Manuela Rottmann verspricht ein „Ende der politischen Lähmung“ in der Mainmetropole. Als zentrales Ziel möchte sie als Oberbürgermeisterin eine klimaverträgliche und sozial gerechte Gesellschaft schaffen: „Investitionen in Energiewende und Energieeinsparung sind kein Luxus, sondern schützen vor Armut“, sagt Rottmann, und „der Schutz unserer Lebensgrundlagen ist keine Bedrohung unseres Wohlstands, sondern seine Voraussetzung“.

manuela-rottmann.de


Angelegenheiten der LSBTIQ*-Community sind derzeit im Amt für Multikulturelle Angelegenheiten angesiedelt; finden Sie das sinnvoll – oder braucht es dafür ein anderes oder gar eigenes Dezernat?

Das Amt für multikulturelle Angelegenheiten ist das bundesweit größte kommunale Amt für Diversität, Integration, Migration und Antidiskriminierung und grundsätzlich genau das richtige Amt für diese Aufgaben. Allerdings war es in der letzten Wahlperiode dem Dezernat für Bildung und Integration zugeordnet. Dabei kamen die Themen Diversität und Antidiskriminierung gegenüber dem Thema Bildung zu kurz. Deshalb wurde zu Beginn dieser Wahlperiode das AmkA auch dem neu zugeschnittenen Dezernat II „Diversität, Antidiskriminierung und gesellschaftlicher Zusammenhalt“ zugeordnet. In dieser Struktur sind die Angelegenheiten der LSBTIQ*-Communities nun ausgezeichnet aufgehoben, finde ich. Hier ist die entsprechende Expertise vorhanden sowie auch die nötige Sensibilität für Mehrfachdiskriminierung und Intersektionalität. Daneben haben LSBTIQ* nun mit Bürgermeisterin Dr. Nargess Eskandari-Grünberg als zuständiger Dezernentin eine starke, innerhalb des Magistrats hervorgehobene Fürsprecherin und Mitstreiterin.

Sicherheit in der Innenstadt ist auch für die LSBTIQ*-Community (leider wieder) zum akuten Problem geworden; reichen die bislang getroffenen Maßnahmen?

Ich finde es unerträglich, dass sich LSBTIQ*-Personen ausgerechnet in einem ihrer ehemaligen Schutzräume nicht mehr sicher fühlen können. Ich befürworte die bisher getroffenen Maßnahmen. Die Polizei hat nicht nur ihre Präsenz erhöht, sondern sich auch stärker als bisher gegenüber den LSBTIQ*-Communities für Input aber auch Kritik geöffnet. Und auch politisch sind wir auf einem guten Weg. Die Koalitionsfraktionen haben im Sommer nach zahlreichen Gesprächen mit LSBTIQ*-Vertreter*innen Maßnahmen beantragt, die sich derzeit in Prüfung und Umsetzung befinden und die Stadt hat eine neue Stabstelle für Antidiskriminierung eingerichtet. Diese koordiniert auch den Runden Tisch und seine Arbeitsgemeinschaften, deren Aufgabe es ja gerade ist, weitere Maßnahmen vorzuschlagen. Das Besondere daran ist, dass dort Vertreter*innen der queeren Communities, der Polizei und der Politik gemeinsam beraten, was gewünscht, sinnvoll und umsetzbar ist. Ich bin sehr gespannt auf die Ergebnisse.

Welche Maßnahmen müssen außerdem erfolgen, um Frankfurt toleranter insbesondere gegenüber der LSBTIQ*-Community zu machen?

Es muss weiterhin aufgeklärt und sensibilisiert werden. Daneben ist die Erhöhung der Sichtbarkeit queerer Menschen weiterhin ein wichtiges Thema, wenn auch nicht unbedingt für alle Gruppen gleichermaßen. Ich finde es wichtig, dass die Diversität der queeren Communities in ihrer gesamten Bandbreite sichtbar wird und würde mir da unter anderem mehr Raum und Sichtbarkeit für lesbische Frauen wünschen. Insgesamt ist bezüglich der Akzeptanz von LSBTIQ* bereits viel erreicht worden, es liegt aber auch noch einiges an Arbeit vor uns. Glücklicherweise sind wir da in Frankfurt mit den vielen queeren Organisationen und ehrenamtlich Tätigen sehr gut aufgestellt. Unsere Aufgabe ist es, Ihnen zuzuhören und dabei zu helfen, ihre Strukturen zu erhalten und auszubauen. Am wichtigsten ist mir, dass wir Jugendliche und junge Menschen auffangen, wenn sie in der Schule, im Ausbildungsbetrieb, im Sportverein oder in der Familie durch einen schwierigen Prozess der sexuellen Identitätsfindung gehen, besonders wenn sie Ablehnung erfahren. Als Elternvertreterin an der Grundschule habe ich mich 2016 genau deshalb mit vielen Unterstützer*innen aus Frankfurt und ganz Hessen für die Überarbeitung der Lehrpläne in Hessen und deutlich gegen die Kritik des damaligen Landeselternbeirats gewandt. Wir alle können jungen Menschen beistehen in solchen Situationen. Ob eine Stadt nicht nur tolerant ist, sondern ob sie alle sexuellen Identitäten akzeptiert, entscheiden wir alle. Dafür will ich werben: Beim Chef in der Werkstatt, bei der Trainerin, beim Lehrer, bei Eltern.

Benutzen Sie Gendersprache und wie sinnvoll finden Sie Gendersprache?

Im Alltag mal so, mal so. Mir ist die sorgfältige Formulierung dann besonders wichtig, wenn es in einem Text oder einer Rede um Machtverhältnisse und Sichtbarkeit anderer Geschlechter als des männlichen geht. Wer immer nur von Oberbürgermeistern redet, schließt ja schon im Kopf aus, dass auch jemand mit einem anderen Geschlecht an der Spitze eines Rathauses stehen könnte. Ich habe schon lange keine Lust mehr, als Frau immer die vermeintliche Ausnahme oder mitgemeint zu sein.


Uwe Becker (CDU)

Foto: CDU Frankfurt

Der in Bad Homburg geborene Uwe Becker (53) zog bereits 1995 zum ersten Mal in die Frankfurter Stadtverordnetenversammlung ein, war Dezernent für Soziales, Jugend und Sport und bis 2021 langjähriger Stadtkämmerer und Bürgermeister der Stadt.

Als Oberbürgermeister möchte er dem Amt „wieder die Würde zurückgeben“ und dafür sorgen, dass Frankfurt eine soziale und wirtschaftlich starke Stadt bleibt: Sauber, sicher, nachhaltig und trotzdem bezahlbar, mit neuen, modernen Schulen, verkehrspolitischem Miteinander von Fahrrad, Auto, ÖPNV und Fußgängern und Fußgängerinnen, bezahlbaren Wohnraum für alle und die Digitalisierung der Stadt mit kostenlosem WLAN 5G im gesamten Stadtgebiet.

www.obuwebecker.de


Angelegenheiten der LSBTIQ*-Community sind derzeit im Amt für Multikulturelle Angelegenheiten angesiedelt; finden Sie das sinnvoll – oder braucht es dafür ein anderes oder gar eigenes Dezernat?

Angelegenheiten der LSBTIQ*-Community sind für mich Themen, die unsere gesamte Gesellschaft berühren und damit Querschnittsaufgaben, die aus meiner Sicht nicht ins Amt für multikulturelle Angelegenheiten passen. Die Fragen unseres gesellschaftlichen Zusammenlebens möchte ich zu Chefthemen unserer Stadt machen und stelle mir eine Stabstelle im Büro des Oberbürgermeisters vor, auf die ich direkten Zugriff habe. Statt eines eigenen Dezernats wäre dies bei mir zielführender und mit meiner klaren Botschaft verbunden, dass diese für mich besonders wichtig ist.

Sicherheit in der Innenstadt ist auch für die LSBTIQ*-Community (leider wieder) zum akuten Problem geworden; reichen die bislang getroffenen Maßnahmen?

Es ist völlig inakzeptabel, wenn Menschen angepöbelt oder sogar angegriffen werden, nur weil sie öffentlich ihre Liebe und Zuneigung leben. Die Politik muss hier auch an der Stadtspitze klar Regenbogen-Farbe bekennen.

Ich werde als Oberbürgermeister auch in meinen politischen Botschaften sehr klar und eindeutig für unsere DiverCity Frankfurt Position beziehen und eine Haltung vorleben, die sich für unser buntes Frankfurt stark macht.

Was die Sicherheit am Regenbogenkreisel angeht, gehören die Präsenz der Polizei aber auch zusätzlicher Schutz durch Videotechnik zu den notwendigen Maßnahmen. Auch die weitere Sensibilisierung der Sicherheitskräfte und die Ermutigung der Community, bei Vorfällen auch direkt Anzeige bei der Polizei zu erstatten, gehört dazu. 

Welche Maßnahmen müssen außerdem erfolgen, um Frankfurt toleranter insbesondere gegenüber der LSBTIQ*-Community zu machen?

Ich möchte mich als Oberbürgermeister von Frankfurt auch auf den übrigen Ebenen in Land und Bund dafür einsetzen, dass die Rechte der LSBTIQ*-Community gestärkt werden, dass etwa auch durch die Aufnahme der sexuelle Identität in den speziellen Diskriminierungsschutz des Art. 3 unseres Grundgesetzes und dass das künftige Selbstbestimmungsgesetz das Leben für trans- und intergeschlechtliche Menschen tatsächlich verbessert und geschlechtliche Vielfalt anerkennt.

Aber auch im Bildungsbereich haben wir noch viele Möglichkeiten, Barrieren in den Köpfen von Menschen erst gar nicht entstehen zu lassen und Kinder und Jugendliche auch frühzeitig über die Lebenswirklichkeit einer offenen Gesellschaft zu unterrichten. 

Benutzen Sie Gendersprache und wie sinnvoll finden Sie Gendersprache?

Mein Respekt gilt allen Menschen, gleich welches Geschlecht oder welche sexuelle Identität sie besitzen. Dies drücke ich jedoch nicht in Gendersprache aus, sondern in Genderrespekt.

Aus meiner Sicht ist auch hier die persönliche Haltung entscheidend und die kann mit oder oder Gendersprache einschließend und verbindend oder ausschließend sein. Ich spreche mit meinen Worten alle Menschen an.


Yanki Pürsün (FDP)

Foto: FDP Frankfurt

Der gebürtige Frankfurter ist seit 2016 Mitglied der Frankfurter Stadtverordnetenversammlung, seit 2021 Fraktionschef der FDP im Römer und seit 2019 Abgeordneter des Hessischen Landtags.

„Die Politik soll die Menschen unterstützen, damit sie ihren individuellen Weg gehen und ein selbstbestimmtes, freies Leben nach eigenen Vorstellungen führen können und das von Anfang an bis ins hohe Alter“, sagt Pürsün (50). „Wir werden im Wahlkampf die Chance für einen Neustart deutlich machen. Frankfurt hat Besseres verdient“. Schwerpunkte legt er auf die Gesundheits-, Sozial- und Integrationspolitik und er möchte Frankfurt als familienfreundliche Stadt stärken. *bjö

fdp-frankfurt.de


Angelegenheiten der LSBTIQ*-Community sind derzeit im Amt für Multikulturelle Angelegenheiten angesiedelt; finden Sie das sinnvoll – oder braucht es dafür ein anderes oder gar eigenes Dezernat?

Das AmkA hat sich bewährt.

Sicherheit in der Innenstadt ist auch für die LSBTIQ*-Community (leider wieder) zum akuten Problem geworden; reichen die bislang getroffenen Maßnahmen?

Leider haben zu viele Gewalttaten stattgefunden – verstärkte Polizeipräsenz an neuralgischen Punkten kann helfen – und natürlich ist ein Runder Tisch mit allen Betroffenen zur Abstimmung hilfreich. Dabei müssen auch klar die Tätergruppen analysiert werden, um gezielt präventiv zu arbeiten. Kameras halte ich aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes für problematisch.

Welche Maßnahmen müssen außerdem erfolgen, um Frankfurt toleranter insbesondere gegenüber der LSBTIQ*-Community zu machen?

Lehrpläne und vieles andere sind Landessache – aber ich will mich weiter z.B. für Schulaufklärungsprojekte einsetzen und für sichtbare Akzeptanz unterschiedlicher Lebensweisen auch durch die städtische Verwaltung – dazu gehört die sichtbare Anerkennung der Menschen und Organisationen, die sich für die LSBTI-Community einsetzen. Vor allem für sehr junge, ältere und Menschen mit Migrationshintergrund sind auch nichtkommerzielle Angebote wichtig, die ich unterstützen möchte.

Benutzen Sie Gendersprache und wie sinnvoll finden Sie Gendersprache?

Ich achte immer auf eine „inklusive“ Sprache. Das darf nur nicht zu einer kaum sprechbaren Kunstsprache ausarten, die das eigentliche Ziel konterkariert: eine Kommunikation, die alle Menschen einbezieht und verbindet.


Daniela Mehler-Würzbach (DIE LINKE)

Foto: DIE LINKE. Frankfurt am Main

Seit 2021 ist die in Fulda geborene Daniela Mehler-Würzbach (38) Stadtverordnete im Frankfurter Stadtparlament.

Als Oberbürgermeisterin möchte sie sich vor allem für ein soziales wie solidarisches Frankfurt stark machen, die Spaltung zwischen Arm und Reich – insbesondere die Kinderarmut – bekämpfen, Konzerne, Arbeitgeber*innen und Millionär*innen angemessen an der Finanzierung der vielfältigen Aufgaben beteiligen und sich für eine echte Verkehrswende in Frankfurt engagieren. Frankfurt soll für alle Menschen da sein, Menschen und Umwelt gehen vor Profit und Prestigeobjekten: „Wir brauchen eine Stadt, die sich sorgt und in der die Bedürfnisse der Frankfurter*innen im Mittelpunkt stehen. Auf die Frage ‚Wem gehört die Stadt?‘ antworte ich ‚Euch‘!“

www.dielinke-im-roemer.de


Angelegenheiten der LSBTIQ*-Community sind derzeit im Amt für Multikulturelle Angelegenheiten angesiedelt; finden Sie das sinnvoll – oder braucht es dafür ein anderes oder gar eigenes Dezernat?

Die Ansiedelung im Amt für multikulturelle Angelegenheiten (AmkA) ist sinnvoll. Diskriminierungsformen – zum Beispiel Rassismus, Sexismus, Trans- und Homophobie – hängen oftmals zusammen, da sie Effekt bestimmter soziopolitischer und wirtschaftlicher Machtverhältnisse sind. Um diesen Diskriminierungen entgegenzuwirken, ist es nötig, sie in eine übergreifende Perspektive zu bringen. Der Ansatz der Intersektionalität ist hier zielführend. Die Belange verschiedener Betroffener sollen nicht in Konkurrenz zueinanderstehen, sondern die strukturellen Ursachen der Diskriminierungen angegangen werden. Gleichzeitig muss den Eigenarten der unterschiedlichen Diskriminierungserfahrungen Rechnung getragen werden. Der Blickwinkel der einzelnen Communities sowie die verbindende Perspektive zu anderen betroffenen Gruppen ist notwendig. Vom AmkA aus kann das geschehen. Zentral ist, dass es gute Kommunikations- und Vernetzungsarbeit leistet und das Querschnittsthema in alle anderen Bereiche hineinträgt.

Sicherheit in der Innenstadt ist auch für die LSBTIQ*-Community (leider wieder) zum akuten Problem geworden; reichen die bislang getroffenen Maßnahmen?

Die bisherigen Maßnahmen sind ein Anfang. Der Dialog mit der Community muss weitergehen, um gemeinsam Mittel und Wege zu finden, die akut aber auch langfristig wirklich wirksam sind. Nur die Polizeipräsenz zu erhöhen und von den Konservativen für die Umsetzung einer Überwachungsagenda instrumentalisiert zu werden, kann keine Lösung sein. Die Problematik ist vielschichtig und komplex, weshalb auch auf unterschiedlichen Ebenen gegengesteuert werden muss. Effektiv wäre eine bessere Finanzierung queerer Zentren. Damit könnten eigene Angebote für mehr Sicherheit, wie zum Beispiel Shuttle-Services nach Clubbesuchen oder ähnliches umgesetzt werden. Eine breitenwirksame Initiative im Bereich Bildungs- und Öffentlichkeitsarbeit ist ein wichtiger nächster Schritt. Queer- und Transfeindlichkeit ist ein gesellschaftliches Problem, das auch gesellschaftlich bearbeitet werden muss.

Welche Maßnahmen müssen außerdem erfolgen, um Frankfurt toleranter insbesondere gegenüber der LSBTIQ*-Community zu machen?

Es braucht eine stärkere öffentliche Auseinandersetzung mit Hasskriminalität gegen queere Menschen in Frankfurt. Eine Öffentlichkeitskampagne der Stadt für mehr queere Sichtbarkeit und gegen queer- und transfeindliche Diskriminierung und Gewalt wäre ein wichtiges Zeichen. Die Vielfalt von Identitäten und Orientierungen muss in die Lehrpläne von Schulen und Ausbildungsstätten. Sensibilisierungsmaßnahmen für queere Lebensrealitäten müssen unter anderem in Berufsfeldern wie Polizei, Justiz, Medizin und Verwaltung verpflichtend sein. Den Hetzenden von rechts und religiösen Fanatiker*innen, die bewusst Feindbilder schüren, muss offensiv Einhalt geboten werden. Außerdem ist es wichtig, Hasskriminalität in ihrer Entstehung zu hemmen und im Erziehungs- und Bildungsbereich aktiv gegen die Bildung toxischer Männlichkeit zu arbeiten, die sich mittels Gewaltausübung, Misogynie, Trans- und Homophobie formt. Diejenigen, die sich über Gewaltdelikte und Hass definieren, müssen zur Minderheit werden!

Benutzen Sie Gendersprache und wie sinnvoll finden Sie Gendersprache?

Ja! Ich formuliere sowohl im Alltag als auch im Beruf inklusiv, benutze * oder : und manchmal auch das generische Femininum. Gendergerechte Sprache halte ich für äußerst sinnvoll, denn zum Grundsatz der Geschlechtergerechtigkeit gehört es dazu, die verschiedenen Geschlechter und Geschlechtsidentitäten auch zu benennen. Sie sind ja da, warum sollte ich keine Worte dafür haben? Welche Wörter wir zur Beschreibung einer Situation verwenden, beeinflusst nachweislich unsere Wahrnehmung davon. Sprache schafft also Wirklichkeit und ist kein neutrales Kommunikationsmittel. Sprache ist historisch entstanden, umkämpft und veränderbar und damit auch Abbild von Gesellschaft. Wer mit Sprache repräsentiert und sichtbar gemacht wird, hat demnach große gesellschaftliche Bedeutung und ist deshalb für mich sehr wichtig!


Maja Wolff (Parteilos)

Foto: Roger Richter

Als Motto ihrer Wahlkampagne hat Maja Wolff (58) „Mit Machen für Frankfurt“ gewählt. Und in der Tat eine Macherin ist die Kabarettistin („Anton LeGoff“) und Mitorganisatorin des Mega-Events „Grüne-Soße-Festival“.

Als „echte Frankfurterin“, Unternehmerin und Kulturschaffende bewege sie sich an der Schnittstelle zwischen Kultur und Wirtschaft und verstehe sie es, Brücken zu bauen, Synergien zu bilden und Ideen umzusetzen, heißt es auf ihrer Website. Unter den 13 freien Kandidat*innen der OB-Wahl 2023 ist Maja Wolff mit ihrem Wahlkampf am meisten präsentest in der Stadt – daher haben wir sie ausgewählt.

www.maja-wolff.de


Angelegenheiten der LSBTIQ*-Community sind derzeit im Amt für Multikulturelle Angelegenheiten angesiedelt; finden Sie das sinnvoll – oder braucht es dafür ein anderes oder gar eigenes Dezernat?

Das AmkA steht für die Themen Antidiskriminierung, Diversität und den gesellschaftlichen Zusammenhalt in unserer Stadt und verfügt zurecht über eine eigene LSBTIQ*-Koordinierungsstelle. Die Stadt muss weiter investieren, um zusätzliche Netzwerke zu bauen und die Vernetzung von LSBTIQ*-Vereinen, queeren Bündnissen und der Stadt weiter auszubauen. Das oberste Ziel ist, dass sich die Community wertgeschätzt, sicher und zuhause fühlt.

Sicherheit in der Innenstadt ist auch für die LSBTIQ*-Community (leider wieder) zum akuten Problem geworden; reichen die bislang getroffenen Maßnahmen?

Die Ereignisse rund um das „Bermudadreieck“ in den letzten Monaten sind schockierend. Seit Jahren kämpfe ich als „Ally“ für die Rechte queerer Menschen. Hass und Gewalt dürfen in dieser Stadt keinen Boden finden. Polizei, queere Bars, Clubs und Kneipen müssen mit der Stadtpolitik an einen Tisch, um gemeinsam schnellstmöglich Lösungen zu finden. Die Eigeninitiative „Sag’s deinem Barkeeper“ ist zusätzlich ein erster guter Schritt!

Welche Maßnahmen müssen außerdem erfolgen, um Frankfurt toleranter insbesondere gegenüber der LSBTIQ*-Community zu machen?

Durch die gemeinsamen Projekte mit Malte Anders weiß ich, mit welchen Herausforderungen queere Menschen auch heute noch konfrontiert werden. Hier kann man nicht genug in Bildung investieren. Projekte wie SchLau, das KUSS41 oder auch das LSKH leisten hier eine hervorragende Aufklärungsarbeit. Der CSD Frankfurt sollte künftig ein Fest für alle Frankfurter:innen werden. Es braucht ein klares Bekenntnis der Stadt zu dieser Veranstaltung. Wir haben es uns vielleicht in den letzten Jahren zu bequem gemacht. Man dachte, Homo- und Transphobie sei schon längst kein Problem mehr in unserer offenen und toleranten Gesellschaft. Hier lohnt es sich aufzuwachen.

Benutzen Sie Gendersprache und wie sinnvoll finden Sie Gendersprache?

Sprache ist lebendig und entwickelt sich weiter, seitdem es den Menschen gibt. Die gendergerechte Sprache, die neben den beiden etablierten Geschlechtern nun auch nonbinäre Menschen mit einbezieht, finde ich daher eine gelungene Weiterentwicklung. Auch wenn es mir noch nicht immer gelingt: gendern verändert das Bewusstsein für die Sprache und auch die eigene Haltung. Ein wichtiger Schritt!

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