FREUND UND HELFER

by

Matthias Block-Löwer und Julia Reichel sind die aktuellen Ansprechpartner der Polizei Frankfurt für Belange von Menschen mit gleichgeschlechtlichen Lebensweisen. Seit Anfang der 90er Jahre bis 2010 war dieses Amt zwar personell besetzt, doch eine offizielle Beauftragung als Ansprechpartner für gleichgeschlechtliche Lebensweisen (AgL) gibt es erst seit 2010. Im Interview erklären sie ihre Aufgaben.

Foto: bjö

Seit wann sind sie Ansprechpartner bei der Frankfurter Polizei?

Matthias Block-Löwer: Ich persönlich seit Februar 2015. Zusammen mit meinem Vorgänger und Kollegen Horst Heinemann bin ich allerdings schon einige Jahre mit dem Thema betraut gewesen und habe zum Beispiel seit 2000 in unregelmäßigen Abständen die CSDs begleitet. Seit meiner offiziellen Beauftragung ist der CSD in Frankfurt jedoch ein fester Bestandteil geworden, bei welchem ich nunmehr neben der Funktion des AgL der Gesamteinsatzleiter seitens der Polizei Frankfurt bin.

Julia Reichel: Ich bin noch relativ neu dabei und habe die Stelle von meiner Vorgängerin Silke Nowakowsky Anfang des Jahres übernommen.

In welchen Fällen kann man sich an Sie wenden?

Matthias Block-Löwer: Grundsätzlich stehen wir für alle Fragen zur Verfügung, die sich mit Diskriminierung und Gewalt gegen Lesben, Schwule und Transgender beschäftigen. Das bedeutet, dass wir nicht nur Ansprechpartner sind, wenn homophobe Gewalt passiert, sondern wir werden auch schon bei Diskriminierung aktiv. Das ist mir wichtig: Niemand muss sich Beleidigungen gefallen lassen! Beschimpfungen wie „schwule Sau“ muss man nicht ertragen oder hinnehmen. Für diese Bereiche sind wir auch innerhalb der Polizei die Ansprechpartner.

Wie erfährt man von ihrer Stelle?

Matthias Block-Löwer: Man findet unsere Kontaktdaten auf der Website der Frankfurter Polizei. Und unsere Flyer liegen regelmäßig in den Szene-Lokalen aus. Wir machen aber auch Besuche bei Gruppen und stellen unsere Arbeit vor, wie zuletzt bei Kuss41 oder bei den Rainbow Refugees. Im letzten Fall war besonders wichtig, deutlich zu machen, dass die Polizei in Deutschland keine Homosexuellen verfolgt. Wir haben auch mehrsprachige Plakate in den Flüchtlingsunterkünften angebracht mit unseren Kontaktdaten und der Botschaft „Keine Gewalt gegen Homosexuelle“.

Foto: bjö

Wie wird das Angebot angenommen?

Matthias Block-Löwer: Wir bekommen relativ wenig Anrufe oder Mails, das gilt für Anfragen von außerhalb wie auch innerhalb des Polizeidienstes. Warum das so ist, ist schwer zu sagen. Viele haben vielleicht aus der deutschen Geschichte Angst vor der Polizei oder befürchten, dass sie zwangsgeoutet werden, weil man mitunter ja sehr persönliche Dinge preisgeben muss. Man sollte aber keine Angst vor der Polizei haben! Vielmehr ist es wichtig, dass wir von den betreffenden Vorfällen erfahren, denn nur so können wir aktiv werden und Gewaltprävention betreiben, zum Beispiel abends an bestimmten Stellen in der Stadt mehr präsent sein. In Notfällen sollte man auf jeden Fall über die 110 gehen, da die Telefone der Ansprechpartner nur in den Bürokernzeiten besetzt sind. Jede Polizeidienststelle nimmt Anzeigen auf, und die Kollegen sind angehalten, uns über homophobe Übergriffe zu informieren. Man kann uns auch im Nachhinein kontaktieren und wir schauen dann, ob wir uns bei den Ermittlungen einschalten sollten oder ob ein Handeln durch uns nicht weiter notwendig ist.

Julia Reichel: Ergänzend sollte man auch wissen, dass man eine Anfrage an uns gerne auch anonym stellen kann. Man kann uns auch kontaktieren, wenn man einen Rat möchte oder eine Empfehlung braucht, wer der richtige Ansprechpartner ist. Es muss nicht erst zu einer Straftat kommen, um das Gespräch mit uns suchen. Für den Bereich des innerpolizeilichen Dienstes sehe ich die wenigen Anfragen aber als positives Zeichen. Der Umgang mit homosexuellen Menschen hat sich in den vergangenen Jahren sehr gewandelt. In meiner Abteilung gibt es viele homosexuelle Kollegen und Kolleginnen, da ist noch nie eine Problematik entstanden.

Ist das Thema Homosexualität auch Teil der Ausbildung von Polizisten?

Julia Reichel: In meiner Ausbildung war das noch kein Thema, das ist aber auch schon ein Weilchen her, ich bin 1994 zur Polizei gekommen.

Matthias Block-Löwer: Inzwischen soll das Thema „Diversität“ in der Ausbildung angesprochen werden. Es obliegt dem jeweiligen Dozenten, wie das umgesetzt wird, in der Mehrheit wird es auch getan. Ich unterrichte als Gast-Dozent das Thema seit über 12 Jahren und es ist immer gut angenommen worden. Gleichwohl hat man im Laufe der Jahre einen Wandel feststellen dürfen, was die Aufgeschlossenheit dem Thema gegenüber anbelangt. Das gilt für die Gesellschaft gleichermaßen wie für Polizeibeamte. Bei der Entscheidung, welchen Beruf man wählt, spielt die sexuelle Orientierung erst mal keine so große Rolle, wobei man auch sagen muss, dass nicht alle von Anfang an gleich offen damit umgehen. Das ist schon noch etwas verhaltener als in anderen Berufssparten.

Frankfurt hat im bundesvergleich relativ früh die Ansprechpartner bei der Polizei eingerichtet – wie sieht es in Hessen und den anderen Bundesländern aus?

Matthias Block-Löwer: Soweit ich weiß, wurden in Berlin als erstes entsprechende Stellen bei der Polizei eingerichtet, andere Bundesländer, darunter Hessen folgten kurz darauf, und mit Stolz kann man sagen, dass unser Konzept, und natürlich auch das der Berliner, als Orientierung für die anderen Bundesländer galt. Inzwischen gibt es nur noch wenige Länder, die nicht über Ansprechpartner für gleichgeschlechtliche Lebensweisen bei der Polizei verfügen. In Hessen gibt es flächendeckend in allen Polizeipräsidien Ansprechpartner, wie beispielsweise in Wiesbaden, Gießen, Darmstadt und Kassel.

Kontakt über 069 75566777 (Matthias Block-Löwer), 069 75566999 (Julia Reichel) und rainbow.ppffm@polizei.hessen.de

Kontakt zu den Ansprechpartnern der Polizeipräsidien Nordhessen, Mittelhessen und Westhessen über www.polizei.hessen.de/rainbow

Back to topbutton