Protest gegen CSD-Demos

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Foto: bjö

Dass konservative, queerfeindliche Gruppierungen am Rande von CSD-Demos gegen die Veranstaltung wettern, kennt man. Seit kurzem kommt Kritik aber nicht nur von rechts: Linke Gruppen protestieren zum Teil gewalttätig gegen CSD-Demos und -Veranstaltungen. In diesem Jahr eskalierte die Situation – Beispiele aus Frankfurt, Mainz und Stuttgart.


Beim Stuttgarter CSD wurde der erste Wagen der CSD-Demo bei der Ankunft auf dem Schlossplatz von einer Gruppe Demonstrant*innen am Weiterfahren gehindert; der Wagen sollte als Podium für die Abschlusskundgebung dienen. Beim Versuch, die Gruppe zum Auflösen der Blockade zu überreden, wurde CSD-Organisator Detlev Raasch angegriffen und verletzt. Auch die einschreitende Polizei wurde angegriffen.

Grund für die Blockade: Die Demonstrant*innen protestierten gegen die Beteiligung der CDU am CSD und wollten darüber hinaus ein Zeichen gegen die ihrer Meinung nach Anti-Antifaschistischen Statements des CSD-Orgateams setzen. Wochen zuvor hatte der CSD Stuttgart seine Teilnahme am Freiburger CSD abgesagt; Grund war die Verwendung eines Antifaschistischen Symbols im Logo des CSD Freiburg. Raasch erklärte damals: „Wir lehnen jede Art von Radikalismus strikt ab. Die IG CSD Stuttgart steht für ein weltoffenes Miteinander aller Menschen, egal, wen sie lieben, was sie glauben, wie sie aussehen oder welcher demokratisch verankerten Partei sie angehören“.

Zu den Vorfällen beim Stuttgart Pride 2023 sagte Raasch: „Stonewall war ein Aufstand und ist eindeutig antifaschistisch. Wir stehen in dieser Tradition dieses Aufstands. Das heißt aber nicht, dass wir und gegenseitig verhauen müssen, um einen Punkt zu machen“.

 Dass es beim Stuttgart Pride 2023 ausgerechnet zu einem gewaltsamen Vorfall mit einer Gruppe kam, die dem Anliegen des CSD-Vereins eigentlich nahesteht, sei für den CSD-Verein irritierend, bedauerlich und schädlich für die gemeinsamen gesellschaftlichen und politischen Ziele der Community,sagte Detlev Raasch.

Die Kritik am CSD Stuttgart sowie auf die Absage der Teilnahme beim CSD Freiburg habe der Verein wahrgenommen und werde sie erneut diskutieren.


Foto: Pawel Czerwinski, unsplash.com, gemeinfrei

Ähnliche Szenen spielten sich beim Mainzer CSD ab: Beim Straßenfest auf dem Fort-Malakoff-Platz wurde der Zugang und die Sicht auf den Infostand der Ansprechstelle LSBTI* der Polizei Rheinland-Pfalz von einer Gruppe Demonstrant*innen mit Bannern behindert. Eine Polizeikette hielt die Gruppe auf Abstand, auch hier wurde beim Versuch, die Gruppe zum Abbruch ihrer Aktion zu bewegen, eine CSD-Ordner*in angegriffen.

Im Vorfeld der Demo gab es Aufrufe seitens der linken Hochschulliste SDS Mainz, gegen die Anwesenheit der Polizei auf dem CSD zu protestieren. Bereits im vergangenen Jahr kam es zu einer Standblockade seitens der „antifaschistischen Aktion“, die „No cops at Pride“-Banner zeigten; auch, weil die Stonewall Riots 1969 gegen die Polizei gerichtet waren.

„Der Vergleich der heutigen Polizei mit der NS-Diktatur oder der frühen Bundesrepublik ist indiskutabel“, kommentierte QueerNet RLP den diesjährigen Vorfall und verweist darauf, dass die Polizei Rheinland-Pfalz in den letzten 10 Jahren damit begonnen hat, ihre homo- und transfeindliche Vergangenheit aufzuarbeiten.


Foto: bjö

Beim CSD Frankfurt hatten Demonstrierende versucht, die Regenbogenflaggen von einem geschmückten Wagen der Polizei, der an der Demo teilnahm, herunterzureißen.

Hintergrund ist auch hier der communityinterne Streit zur Polizeipräsenz auf dem CSD: Die eine Seite sieht in der Polizei einen geeigneten Partner gegen queerfeindliche Gewalt, die andere warnt vor „Pinkwashing“ der Frankfurter Polizei, die sich seit längerem mit Rassismusvorwürfen konfrontiert sieht. Auf der Demo konnte der Angriff fast unbemerkt und weitgehend konfliktfrei beendet werden.

Der CSD-Verein verurteilte dieses gewalttätige Verhalten: „Der CSD Frankfurt steht für eine friedliche Zusammenkunft – für Meinungsaustausch und auch für Kritik mit lösungsorientiertem Fokus auf eine positive Entwicklung, für die auch Fehlverhalten angesprochen werden muss“.

Der CSD Verein selbst entschuldigte sich für ein eigenes Fehlverhalten: Als Demoteilnehmende vorab ankündigten, auf der Demo Kritik an der Frankfurter Polizei zu äußern, vergriff sich der CSD Verein im Ton und untersagte zunächst auf der Demo jegliche Kritik an der Polizei. „Unser Verein möchte sich erneut für die falsche Ausdrucksweise entschuldigen“, heißt es in einer Erklärung. Eine solche Zensur stehe dem Geist einer Demonstration ebenso entgegen wie der erfolgte Angriff auf das Polizeiauto.

Lest auch unseren Kommentar in der monatlichen Kolumne „Zwischen den Zeilen"

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