Die Kolumne von Felix Müller

FOTO: Simulation: Bündnis 90/DIE GRÜNEN

In seiner kommunalpolitischen Kolumne schreibt AZ-Lokalchef Felix Müller in dieser Ausgabe über den großen Radler-Streit im Glockenbachviertel, den OB-Kandidaten der Linkspartei, der aus der Community kommt – und über schwarz-grüne Partygänger-Allianzen.

Der Streit um den Straßenraum im Viertel spitzt sich immer mehr zu. Trauer und Wut dominierten bei mehreren Kundgebungen an der Corneliusbrücke, nachdem dort im Mai ein elfjähriger Bub nach einem Unfall mit einem Lkw ums Leben gekommen war. Elternvertreter und Politiker forderten, diese – und viele andere gefährliche Kreuzungen – sicherer für Kinder und auch für erwachsene Radler zu machen.

Im Rathaus gehört unterdessen die Frage, wie viel Platz künftig auf der Fraunhoferstraße den Radlern gegönnt sein soll, zu den am heißesten diskutierten. Eine Bürgerversammlung hat gefordert, alle (!) Parkplätze auf der Straße abzuschaffen, die Stadtverwaltung zeigte sich kritisch. Doch der Stadtrat hat inzwischen entschieden: Die 120 Parkplätze kommen tatsächlich weg, dafür gibt es mehr Platz für Radler und Fußgänger.

Die Diskussion aber ist noch lange nicht zu Ende. Tage nach der Entscheidung besuchte CSU-Bürgermeister Manuel Pretzl die alteingesessenen Geschäftsleute an der Straße. Von denen befürchten viele Umsatz-Einbußen, weil alte Stammkunden wegfallen, wenn sie nicht mehr so einfach mit dem Auto kommen können. Das nächste Parkhaus sei das an der Schrannenhalle, klagte Martin Kilian vom gleichnamigen Traditions-Schlüsseldienst in der AZ, „aber das ist so extrem teuer, das kann man den Kunden fast nicht empfehlen“. Und nicht nur Kundenparkplätze, auch Anlieferzonen seien wichtig. Eine zeitliche Beschränkung dabei, wie etwa in der Kaufingerstraße, bringe aber nichts. Die Anlieferungen ließen sich nicht auf solche Zeitfenster beschränken. Die CSU griff die „autofeindliche Verkehrspolitik“ der Stadtrats-Mehrheit an.

Grüne und SPD hingegen sehen die Fraunhoferstraße erst als den Anfang einer großen Verkehrswende. Den Autos soll mehr Platz genommen werden – für Fußgänger, Radler. Und auch Gastronomie? Gerade im Glockenbach, wo viel über zu viel Partyvolk geklagt wird, schwingt diese Sorge mit. 

Unterdessen hat die Linkspartei selbstbewusst einen eigenen OB-Kandidaten gekürt. Und der kommt aus der Community: Thomas Lechner. Die führenden beiden Münchner Linken-Politiker, Nicole Gohlke und Ates Gürpinar, hatten den Plan, mit Lechner anzutreten, in der AZ öffentlich gemacht. Man wolle die Protestbewegungen von der Straße ins Rathaus holen, sagte Gürpinar. Lechner, der einst auch für die Rosa Liste Politik gemacht hat, hatte bei der Organisation der Großdemos 2018 eine prägende Rolle gespielt. „Niemand steht für diese Bewegungen so sehr wie Thomas Lechner“, sagt Gürpinar. Nicole Gohlke betonte, wie aktiv Lechner auch in der queeren Szene seit vielen Jahren sei. „Und er ist einer, der Brücken bauen kann – von der katholischen Kirche bis zur radikalen Linken.“

Gohlke und Gürpinar kokettieren schon mit einem möglichen Bündnis mit SPD und Grünen im Rathaus. Überhaupt werden frühe Farbenspiele die nächsten Monate prägen. Die Münchner Kommunalpolitik blickt in Richtung Wahl 2020. Schwarz-Rot weicht im Rathaus-Alltag schon immer mehr auf. So haben CSU und Grüne in diesen Wochen eine unübliche Party-Allianz geschmiedet. In der Verkehrspolitik, wo sie sich sonst spinnefeind sind, forderten sie in einem gemeinsamen Antrag, Münchens U-Bahnen endlich nachts durchfahren zu lassen – zumindest von Donnerstag bis Sonntag.

Back to topbutton