KOMMENTAR – BEWEGUNG, SZENE, ZIELGRUPPE

Zwanzig Jahre gibt es ihn nun, den hinnerk in Hamburg. Erst in diesem Jahr mit der Übernahme durch die blu Mediengruppe aus Berlin das letzte Mal einer größeren Veränderung unterzogen, blickt das Magazin auf eine bewegte Geschichte zurück. Eine Bestandsaufnahme.

Anfangen tut sie in Berlin, denn Hamburgs schwules Stadtmagazin begann als Programmbeileger im schwulen Kaufmagazin Magnus und erschien auch 1993 als eigenständiges Stadtmagazin noch unter der Regie des Berliner Magnus Verlages. 1995 wurde hinnerk dann Hamburger, und der hinnerk-Verlag unter Herausgeber Peter Göbel sowie den Chefredakteuren Werner Hinzpeter, Burkhard Knopke, Jörg Rowohlt und Stefan Mielchen begleitete die für den Kampf um Gleichberechtigung so wichtigen Jahre. Er war das Sprachrohr der inzwischen wohlorganisierten Szene – einer Szene, die mit ihren Bars, Vereinen, Geschäften und Kulturbetrieben zum einen immer sichtbarerer Ausdruck schwuler und lesbischer Lebenskultur, zum anderen finanzielle Lebensader des Magazins war.

hinnerk begleitete die Diskussionen über die von Farid Müller (Grüne) mit angestoßene „Hamburger Ehe“, die 1999 das bundesweit erste Rechtsinstitut war, welches homosexuelle Partnerschaften staatlich anerkannte. hinnerk berichtete über die Einführung der eingetragenen Partnerschaft zum 1. August 2001, die immerhin schon Pflichten brachte, aber kaum Rechte. hinnerk beleuchtete die politischen Entwicklungen in der Hansestadt wie das Coming-out des CDU-Bürgermeisters Ole von Beust, die kleinschrittigen Fortschritte im Bund und nicht zuletzt harte gesellschaftliche Eisen wie rechtsradikale Schwule oder das Leben Schwuler in Männergesellschaften wie der Bundeswehr.

Ende des letzten Jahrzehnts machten sich dann die durch technische Neuerungen wie Internet und Facebook hervorgerufenen schleichenden Veränderungen in der Medienlandschaft bemerkbar. Aber auch die Szene selbst veränderte sich in immer schnelleren Schritten. Was in den 1980ern noch politische Bewegung im Kampf gegen Ausgrenzung war, wurde bereits in den 1990ern zur Szene, die sich durch aufkommende Jugendkultur und gesellschaftliche Liberalisierung entpolitisierte und im neuen Jahrtausend durch die Gleichstellung und veränderte Kommunikation als Zielgruppe völlig neu strukturierte. 2011 retteten Corny Littmann und Axel Strehlitz den hinnerk vor dem sicheren Aus, Christian Ewert und Eric Hegmann setzen inhaltlich neue Akzente, die das Magazin gegenwartstauglich machten. Diesen Weg der Neuorientierung beschreiten wir nun seit Juli weiter und schauen in eine Zukunft, in der der hinnerk einerseits ein werbefinanziertes modernes kultur- und lifestyleorientiertes Magazin ist und andererseits seine Funktion als Sprachrohr aus der Szene für die Szene mit Blick auf die wichtigen Themen im Leben Homosexueller erfüllt. Stillstand ist Tod, Bewegung ist Leben. In diesem Sinne: Auf die nächsten spannenden zwanzig Jahre! •Christian Knuth

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