An Kruzifix erstickt: Mord aus Rache für Missbrauch?

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Foto: S. J. Cho / CC0

Der katholische Geistliche Roger Matassoli wurde am 4. November tot in seinem Haus in der Gemeinde Agnetz im Norden Frankreichs aufgefunden. Er war gefoltert und ermordet worden. Gerichtsmediziner berichten, der Leichnam des Ermordeten weise Spuren von Folter und Gewalt auf. Der Tod sei durch Ersticken eingetreten: Unter anderem wurde ihm ein Kruzifix in den Hals gerammt. Das Verbrechen erschütterte das Land, die mutmaßlichen Hintergründe reißen Wunden auf. Dem Verdächtigen Alexandre V. wird neben Folter und Mord auch Widerstand gegen die Festnahme und Diebstahl vorgeworfen – er war nach der Tat mit dem Auto des Opfers geflüchtet. Bei seiner Festnahme erklärte er, er könne sich an das Geschehen nicht erinnern. Aufgrund eines Selbstmordversuches befindet er sich derzeit in psychiatrischer Behandlung.

Priester soll ganze Familie zerstört haben

Französische Medien berichten, dass der 19-Jährige ein Missbrauchsopfer des Priesters sei. Dieser hatte demnach nicht nur seinen späteren mutmaßlichen Mörder sexuell missbraucht, sondern schon dessen Vater Stéphane. Gegenüber der französischen Zeitschrift Le Parisien erklärte dieser, der Priester habe die ganze Familie zerstört. Sein eigener Vater, der Großvater des 19-Jährigen Tatverdächtigen, habe sich das Leben genommen, nachdem er von dem Missbrauch an seinem Sohn Stéphane erfuhr, an dem der Priester sich zwischen dessen 7. und 14. Lebensjahr vergangen haben soll. Auch Stéphane habe als junger Mann keinen Ausweg gesehen, und versucht, sich das Leben zu nehmen.

Foto: G.Garitan / CC BY-SA 4.0 / wikimedia

Als Seelsorger kam ausgerechnet Priester Matassoli – der ihn überzeugte, weiter Schweigen zu bewahren. Stéphane zufolge habe er erst jetzt nach dem Mord erfahren, dass sein eigener Sohn von Matassoli zum Nacktputzen in dessen Haus gezwungen worden sei.

Serientäter im Schutz der Kirche

Matassoli wurde bereits seit den 1960ern vorgeworfen, insgesamt also mehr als vier Jahrzehnte lang, Kinder und Jugendliche missbraucht zu haben. Seit dem Mord an dem Priester haben sich weitere Opfer gemeldet. Die ersten Vorwürfe wurden 1967 laut – woraufhin Matassoli von der katholischen Kirche lediglich in eine andere Diözese versetzt wurde. In den 1980ern erstatteten zwei weitere Opfer Anzeige – nichts geschah. 

Erst 2018 wurde Matassoli vom Bischof der Diözese Beauvais aus dem Dienst entlassen – obwohl dieser bereits mindestens seit 2009 von den Vorwürfen gewusst haben soll. 

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