EU-Außenpolitiker gegen Ungarn: „Wir müssen ein klares Signal setzen"

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Mehrere EU-Staaten kritisierten das vergangene Woche verabschiedete Gesetz (wir berichteten). Europa-Staatsminister Michael Roth (SPD) kündigte in Luxemburg an, Deutschland werde sich einer Erklärung Belgiens, der Niederlande und Luxemburgs anschließen.

Foto: Susie Knoll

„Wir müssen ein klares Signal setzen“, sagte er. Die Entscheidung des ungarischen Parlaments verstoße „klar gegen EU-Werte. Ein respektvoller Umgang mit Minderheiten, auch mit sexuellen Minderheiten, sollte völlig außer Zweifel sein.“ Auch Irlands Europa-Staatsminister Thomas Byrne unterstützte die Erklärung der Benelux-Staaten. „Das ist falsch, was hier passiert“, sagte er. Er sei „sehr besorgt“. Die EU-Kommission hatte bereits vergangene Woche angekündigt, das Gesetz auf mögliche Verstöße gegen EU-Recht zu prüfen.

Der Gesetzesentwurf war von der Fidesz-Partei des rechtsnationalistischen Regierungschefs Viktor Orban eingebracht und am Dienstag vergangener Woche im Parlament verabschiedet worden (wir berichteten). Bildungsprogramme zu Homosexualität oder Werbung von Großunternehmen, die sich mit Homosexuellen solidarisch erklären, sollen demnach künftig verboten werden, ebenso wie Aufklärungsbücher zu dem Thema. Ungarn steht in der EU seit Jahren wegen Einschränkungen der Rechte von Minderheiten, der Medienfreiheit und von Oppositionsrechten am Pranger (wir berichteten). Die Europaminister befassen sich am Dienstag erneut mit der Lage im Rahmen eines Verfahrens, das theoretisch bis zum Entzug der Stimmrechte auf EU-Ebene führen kann.

Ungarn mit der Pädokeule

Foto: Johanna Geron / AFP

Ungarn hat das Gesetz gegen die Kritik Deutschlands und anderer EU-Mitglieder verteidigt. Das Gesetz richte sich gegen keine Minderheit und solle Minderjährige vor Pädophilen schützen, sagte Außenminister Peter Szijjarto bei einem Treffen der EU-Europaminister in Luxemburg. Er warf Kritikern vor, „Falschinformationen zu verbreiten", und verwahrte sich gegen Einmischung in „nationale Kompetenzen“ Ungarns.

EU-Abgeordnete fordern öffentliche Stellungnahme zu Verstößen gegen EU-Recht

In der Juli-Sitzung des Europäischen Parlaments soll sich die Europäische Kommission zu möglichen Verstößen des kürzlich im ungarischen Parlament verabschiedeten Anti-LGBTIQ-Gesetzes gegen EU-Recht äußern. Das fordern 61 EU-Abgeordnete, die heute auf Initiative des LGBTI Intergroup, eine „Mündlichen Anfrage“ für die nächste Plenarsitzung eingereicht haben (wir berichteten). Eine solche Anfrage ist eines der Instrumente der parlamentarischen Kontrolle zur öffentlichen Beantwortung von Fragen der Parlamentarier*innen. Bereits am 17. Juni gaben Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und Gleichstellungskommissarin Helena Dalli bekannt, dass die Kommission eine Untersuchung einleiten wird, um die Vereinbarkeit des neuen ungarischen Gesetzes mit EU-Recht zu prüfen (wir berichteten).

„Dies ist eine weitere Eskalation in der gezielten und kontinuierlichen Kampagne von staatlich geförderter LGBTIQ-Feindlichkeit. Vielfalt und Gleichstellung sind Grundwerte der Europäischen Union. Kein Mitgliedsland kann sich ausgewählte Werte ‚à la carte‘ bestellen. Nach den Ankündigungen der Kommission mögliche Verstöße des jüngsten ungarischen Gesetzes gegen EU-Recht zu prüfen, fordern wir als Abgeordnete eine öffentliche Stellungnahme im Plenum. Die Zeit von Ankündigungen ist abgelaufen.“

Terry Reintke, stellvertretende Vorsitzende der Grünen Fraktion und Co-Präsidentin der LGBTI Intergroup

*AFP/ck

zum männer* Schwerpunkt Ungarn

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