Ehe für alle ausgeschlossen: Kosovo enttäuscht

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Die Regierung des Kosovo arbeitet derzeit mit Unterstützung der Europäischen Kommission an der Entwicklung des ersten Zivilgesetzbuches im Kosovo überhaupt – entgegen aller Hoffnungen der EU erteilte die Regierung des Kosovo der Liebe und dem Fortschritt eine Abfuhr: Im Entwurf des Zivilgesetzbuches ist die Ehe als Verbindung zwischen Mann und Frau definiert. Aber ist das letzte Wort bereits gesprochen? In einem offenen Brief an Justizministerin Albulena Haxhiu (34) drückte die Intergroup, bestehend aus queere Abgeordneten des EU-Parlaments, ihre Überraschung und Enttäuschung aus.

Die Intergroup dürfte jedem queerpolitisch interessierten inzwischen ein Begriff sein: Dabei handelt es sich um einen Zusammenschluss aus … unter anderem zeichneten sie verantwortlich für eine Initiative ...  Die Intergroup drückte eine eindringliche Bitte aus: Die Unterstützung für die Aufnahme von gleichgeschlechtlichen Partnerschaften in das Zivilgesetzbuch des Kosovo.

Foto: LGBTIintergroup / EU Parlament


Die Abgeordneten betonen: „Die Verfassung des Kosovo legt eindeutig fest: 'Auf der Grundlage des freien Willens genießt jeder das Recht, eine Ehe einzugehen und das Recht, eine Familie zu gründen, das gesetzlich vorgesehen ist'. (Art. 37(1))“

Das erste Zivilgesetzbuch des Landes, so die Intergroup, sei eine große Chance für den Kosovo, LGBTI-Personen rechtlichen Schutz zu gewähren – insbesondere in Zusammenhang mit der gesetzlichen Regelung gleichgeschlechtlicher Beziehungen. Daher habe das EU-Parlament bereits am 25. März eine offizielle, mehrheitlich verabschiedete Stellungnahme abgegeben, in der es die Regierung des Kosovo aufforderte, gleichgeschlechtliche Partnerschaften in den Entwurf des Zivilgesetzbuches aufzunehmen, so wie die Verfassung des Landes es garantierte – die Verfassung, in der unter anderem steht, dass niemand wegen seiner sexuellen Orientierung diskriminiert werden darf.


Intergroup: Gesetzesentwurf verfassungswidrig!

Foto: Vetëvendosje! / CC BY-SA 3.0 / wikimedia.org

Leider ist nichts dergleichen geschehen: Im endgültigen Entwurf wird die Ehe als gesetzlich registrierte Verbindung zwischen Ehegatten unterschiedlichen Geschlechts definiert. Laut Intergroup des EU-Parlaments widerspreche dies den Prinzipien der Verfassung, der zufolge es ein allen Kosovaren zustehendes Grundrecht sei, die Ehe einzugehen. Zudem handele es den im März noch von der Kommission begrüßten, queerpolitischen Fortschritten im Kosovo zuwider. Die Intergroup erklärte in der Folge ihre Überraschung über diese Entscheidung:

„Wir glauben, dass dieser Zeitpunkt eine Gelegenheit bietet, einen rechtlichen Rahmen zu entwickeln, der nicht nur im Einklang mit der Verfassung des Kosovo übereinstimmt, sondern auch fortschrittlich, inklusiv und weitreichend in der Region ist.“

Ist alle Hoffnung bereits begraben? Nein – zumindest schlossen die Abgeordneten ihren Brief mit dem ausdrücklichen Wunsch an die Regierung des Kosovo, noch einmal zu erwägen, geschlechtsspezifische Sprache in Bezug auf die Ehe zu entfernen. Außerdem fragte die Intergroup die Ministerin, ob sie angesichts der Argumentation, die den Entwurf als verfassungswidrig deklarierte, bereit sei, den Entwurf des Zivilgesetzbuches zu überdenken – und möglicherweise andere Formen von Lebensgemeinschaften vorzuschlagen gedenkt, die durch ein spezielles Gesetz geregelt werden können. Dies entspräche den Empfehlungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates und der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte. 

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