LGBTIQ*-Verbot: Razzien in Russland

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Die russische Polizei hat lokalen Medienberichten zufolge in mehreren Schwulenbars und Nachtklubs in Moskau Razzien ausgeführt, darunter vier Schwulenbars, mehrere Männersaunen sowie eine Bar, in der LGBTIQ*-Partys stattfanden.

Videos zeigten Polizisten unter anderem vor einem bei der Community beliebten Nachtklub, in dem gerade eine riesige Tanzparty stattfand. „Mitten in der Party hat die Musik aufgehört und Polizei begann, in die Hallen einzudringen", berichtete ein Augenzeuge der Zeitung Nowaja Gaseta. Andere berichteten, die Polizei habe die Ausweisdokumente der Gäste überprüft und anschließend fotografiert. Manche Besucher*innen hätten sich bis auf die Unterhose ausziehen müssen. Es habe auch Festnahmen gegeben.

Am späten Freitagabend hatte das Central Station in St. Petersburg, einer der ältesten Schwulenklubs der Stadt, verkündet, dass er schließt. Zur Begründung hieß es, der Vermieter wolle nach der Entscheidung des Obersten Gerichts vom Vortag den Mietvertrag nicht mehr verlängern. Das Central Station hätte am Wochenende seinen 18. Geburtstag gefeiert. 

Quelle: www.instagram.com/centralstation.spb/?hl=de

Neue Eskalationsstufe im Kampf gegen liberale Werte

Die Razzien erfolgten weniger als 48 Stunden, nachdem der Oberste Gerichtshof Russlands entschieden hatte, dass „die internationale LGBT-Bewegung und ihre Untergliederungen“ nun als extremistisch gelten und ihre Aktivitäten auf russischem Territorium verboten sind. Der Richter des Obersten Gerichtshofs Oleg Nefedow verlas am Donnerstag das Urteil, das mit sofortiger Wirkung in Kraft trat.

Foto: Natalia Kolesnikova / AFP

Auf „Extremismus“ stehen in Russland langjährige Gefängnisstrafen. Das Oberste Gericht machte zunächst allerdings keine Angaben dazu, ob sich sein Urteil auf bestimmte Personen oder Organisationen in Russland bezieht. Damit blieben dessen genaue Auswirkungen zunächst unklar. Aktivist*innen erklärten, die weit gefasste und vage Definition des Obersten Gerichts bedeute, dass die Behörden potenziell gegen alle Einzelpersonen oder Gruppen vorgehen könnten, die als Teil der Bewegung angesehen werden.

Linkspartei fordert Notfall-Programm für LGBTIQ* in Russland

Der russische Präsident Wladimir Putin versteht sich selbst als eine Art Vorkämpfer gegen den westlichen Liberalismus. Unter dem Vorwand, die „traditionellen Familienwerte“ schützen zu wollen, geht er seit mittlerweile einem Jahrzehnt gegen LGBTIQ*-Rechte vor. Das Gerichtsurteil war der bisher drastischste Schritt mit noch unbekannten Auswirkungen. Er folgte jedoch auf viele andere queerfeindliche Schritte, die sich seit der Invasion Russlands in der Ukraine im vergangenen Jahr nur noch verschärft haben.

Angesichts der Bedrohungslage für queere Menschen in Russland fordern Kathrin Vogler, queerpolitische Sprecherin der Partei Die Linke im Bundestag, Klaus Lederer, queerpolitischer Sprecher der Fraktion Die Linke im Abgeordnetenhaus von Berlin, Maja Tegeler, Mitglied im Parteivorstand der Partei Die Linke, und Daniel Bache, Bundessprecher von Die Linke.queer, ein Notfall-Programm für russische Queers:

„Die ideologische Kriegsführung gegen queere Communities in Russland wächst sich zunehmend zu konkreter Gewalt und Verfolgung aus. Angesichts der sich verschärfenden Bedrohungslage muss die Bundesregierung sofort ein Aufnahmeprogramm für russische LGBTIQ* auflegen. Der Verein Quarteera hat zuletzt bereits mit einer Petition an den Deutschen Bundestag die erleichterte Aufnahme von trans Personen aus Russland gefordert.

Die Verteilung der Geflüchteten muss mit besonderer Sorgfalt erfolgen. In Deutschland gibt es insbesondere in den Metropolen großartige, solidarische Communities, die bereit sind zu helfen. Der Bund darf sich dabei nicht aus der Verantwortung stehlen und muss die entsprechenden finanziellen und organisatorischen Grundlagen sicherstellen.“

*AFP/sah

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