Umstrittener schwuler Botschafter wird US-Geheimdienstkoordinator

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Donald Trump holt seinen loyalen Berliner Botschafter ins Weiße Haus. Richard Grenell ist offen schwul, spaltete die Berliner Community: Ist er Queeraktivist? Derweil erntet die Personalie Kritik aus der deutschen Politik. 

Richard Grenell machte sich in Berlin einen Namen als Unterstützer von Donald Trump und kritisierte oft die deutsche Politik – nun wird er von Trump belohnt: Grenell soll für das kommende Jahr neuer Geheimdienstdirektor werden. Der Posten des Direktors der Intelligence Community war ein hochrangiger Regierungsposten und galt als Schlüsselrolle im Weißen Haus. Nach den Anschlägen vom elften September wurde der Posten in zwei Ämter aufgeteilt: Den DNI und den D/CIA – letzterer ist der Leiter der CIA, des Auslandsnachrichtendienstes der USA. Seit 2018 wird das Amt bekleidet von Gina Haspel.

Grenell wird nun Director of National Intelligence (DNI), kümmert sich um die 16 nationalen US-Nachrichtendienste. Trump erklärte auf Twitter, er freue sich auf die Zusammenarbeit. „Rick“ habe das Land äußerst gut repräsentiert, so der Präsident. 


Ist Richard Grenell Queeraktivist?

Zum letztjährigen CSD wurde an der amerikanischen Botschaft in Berlin eine Regenbogenflagge gehisst – obwohl dies Botschaftern vom US-Außenministerium laut Medienberichten untersagt worden sei. Zusätzlich verkündete ein Spruchband „Embassy of the United States of America – Unsere Botschaft heißt Liebe“

Grenells Aktivismus ist in der Community jedoch nicht unumstritten. Während die einen ihn dafür loben, Brücken zu bauen, werfen andere dem Republikaner vor, sich nur als Queeraktivist zu inszenieren. 

In der Vergangenheit behauptete Richard Grenell zwar, sich für die Beendigung der Strafverfolgung Homosexueller weltweit einzusetzen, richtete seine Kritik jedoch in der Folge an politische Feinde der USA wie den Iran, nicht jedoch Verbündete wie Saudi-Arabien. Dies wurde ihm von Gegnern als Instrumentalisierung der Queerproblematik ausgelegt (wir berichteten).

Einen kleinen Shitstorm musste Jörg Litwinschuh, Geschäftsführer der Bundesstiftung Magnus Hirschfeld über sich ergehen lassen, als er 2018 ein Foto postete, das ihn und Grenell auf dessen CSD-Empfang Arm in Arm zeigte. Am nächsten Tag entschuldigte Litwinschuh sich dafür, der Post wurde entfernt. Bereits eine Woche zuvor hatte LSVD-Landesgeschäftsführer Jörg Steinert auf dem schwullesbischen Stadtfest mit Grenell für ein Foto posiert, auch er wurde kritisiert, verzichtete aber im Gegenteil zu Litwinschuh auf eine glaubwürdige Distanzierung vom Rechtsaußen-Botschafter.


Kritik aus Deutschland

Durch seine Ernennung zum US-Botschafter in Berlin im Mai 2018 wurde Grenell zum ranghöchsten offen schwulen Politiker unter Trump. In den knapp zwei Jahren seiner Amtsausübung geriet Grenell immer wieder in die Kritik deutscher Medien.

Foto: kremlin.ru

Er verstieß wiederholt gegen die diplomatische Etikette, weil er Handlungsanweisungen formulierte. So forderte er schon kurz nach seinem Amtsantritt deutsche Firmen auf, keine Geschäfte mehr im Iran zu machen. Desweiteren lobter er immer wieder den österreichischen, konservativen Kanzler Sebastian Kurz und erklärte, er wolle Konservative in ganz Europa stärken. 

Richard Grenell soll das Amt als Geheimdienstkoordinator ab März nur für ein Jahr übernehmen, andernfalls müsste er vom Senat bestätigt werden. Dies sei laut US-Medien nicht geplant. Im kommenden Jahr Grenell die Ämter also parallel besetzen. Sprich: Er führt die deutschen Botschaftsgeschäfte nebenbei aus Washington weiter. Dies stößt in deutschen Regierungskreisen auf Kritik. Nils Schmid, außenpolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, erklärte gegenüber dem Spiegel, dies sei Ausdruck einer Geringschätzung für Deutschland. Lieber sollte Trump einen Nachfolger bestimmen, der keine einseitige Propaganda mache, sondern auch in Washington für deutsche Positionen werbe.

Alexander Graf Lambsdorff, stellvertretender Vorsitzender der FDP-Bundestagsfraktion, erklärte, das „Upgrade“ für Grenell entspräche einem „Downgrade“ für Deutschland. Er machte deutlich: 

„Selbst bei größtem Einsatz ist es nicht möglich, 17** Geheimdienste zu koordinieren und gleichzeitig die deutsch-amerikanischen Beziehungen zu pflegen.“ 


**Es sind tatsächlich 16 nationale Geheimdienste, der Auslandsgeheimdienst CIA gehört nicht dazu. 

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