Ungarn: Schon wieder Klage wegen schwuler Väter in Werbespot

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Die Staatliche Behörde für Medien und Nachrichtenübermittlung (NMHH) in Ungarn erklärte am 4. März, sie habe ein Gerichtsverfahren gegen einen Fernsehsender der Mediengruppe RTL eingeleitet, nachdem dieser einen Fernsehspots über Regenbogenfamilien ausgestrahlt hatte. Der Spot, so die Begründung der Medienbehörde, sei für Kinder ungeeignet.

Der Fernsehspot, der Ende 2020 im Fernsehen ausgestrahlt wurde, war Teil einer auf https://acsaladazcsalad.hu/ gestarteten Kampagne zur Förderung der Akzeptanz von Regenbogenfamilien. Im Spot zu sehen sind LGBTIQ*-Eltern, die über ihren Alltag sprechen und auf verletzende anonyme Hasskommentare im Netz reagieren.

Die Kampagne, hinter der Ungarns älteste und größte nicht-staatliche LGBTIQ*-Organisation, die Háttér Gesellschaft, steht, war eine Reaktion auf ein zunehmend feindseliges Umfeld für Ungarns Regenbogenfamilien, seit das ungarische Parlament Ende letzten Jahres per Novellierung des Kinderschutzgesetzes die Adoption auf verheiratete Paare beschränkt hat. Homosexuellen Paaren oder alleinstehenden und unverheirateten Personen ist der Weg zur Adoption somit de facto unmöglich (wir berichteten). Die von den reaktionären Gesetzesänderungen betroffenen Familien sollten im Fernsehspot sichtbar gemacht werden.

„Sendung nicht für Kinder geeignet“

Das ungarische Mediengesetz – eines der ersten Gesetze, die nach der Machtübernahme von Orbán im Jahr 2010 eingeführt wurden – sieht vor, dass Rundfunkkanäle das Ziel verfolgen müssen, „den Respekt für die Institution der Ehe und der Familie zu fördern“. ‚Anstößige‘ Bilder, etwa in Werbespots, sind demnach verboten, weil sie nach Angaben der Regierung „die körperliche, geistige, emotionale und moralische Entwicklung von Kindern und Jugendlichen behindern“ können.

Im vorliegenden Fall ist die NMHH der Ansicht, die Sendung sei für Kinder nicht geeignet, weil das Sprechen über Liebe, Fürsorge und Akzeptanz in Regenbogenfamilien „ungelöste Spannung“ bei den Kindern erzeuge.

Für die Háttér Society steckt hinter dem Vorwurf nur ein weiterer Versuch, LGBTIQ*s mundtot zu machen. Tamás Dombos, Projektkoordinator und Vorstandsmitglied der Háttér Society, sagte gegenüber RTL, das Kampagnenvideo sei „ein wichtiger Bestandteil des sozialen Dialogs [und] enthält keine Bestandteile, die Minderjährigen einen Nachteil oder Schaden zufügen würden.“

„Der Zweck der Medienbehörde ist es, LGBTQ-Organisationen zum Schweigen zu bringen, damit es zu diesem Thema keine sinnvolle soziale Debatte geben kann.“

Schikanen der NMHH häufen sich

Es wäre nicht das erste Mal, dass die Medienbehörde diesen Zweck verfolgt:

Ende des letzten Jahres entschied die ungarische Regierung, dass ein Märchenbuch nur mit Warnhinweis herausgegeben werden durfte, weil das Buch LGBT-Zeichen enthalte und „Verhaltensmuster, die von traditionellen Geschlechterrollen abweichen“, aufweise. Im Kinderbuch wurde Aschenputtel als lesbisch dargestellt (wir berichteten).

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