Katholische Protestbewegung: (K)ein Regenbogen für Auweiler?

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Auweiler ist ein ländlicher Stadtteil im Norden von Köln. Mit der Idylle ist es jetzt scheinbar vorbei, das Dorf gespalten. Ursache: Eine Regenbogenflagge. Die wird nämlich von gegnerischen Lagern seit Wochen fleißig auf- und abgehängt. Unbekannte befestigten Mitte März das Symbol der queeren Sichtbarkeit an der kleinen Auweiler Kapelle. Zu dieser Zeit gab die Glaubenskongregation in Rom in einer Stellungnahme bekannt, dass homosexuellen Paaren auch weiterhin offiziell der Segen versagt werden müsse (wir berichteten). Der Fahnenstreit in Auweiler ist ein Symbol für die Spaltung der katholischen Kirche in Deutschland im Bezug auf die Gleichberechtigung homosexueller Paare. 

Foto: Pappnaas666 / CC BY-SA 3.0 / wikimedia.org

Die erste Fahne wehte nicht lange – sie wurde nach einer Woche wieder entfernt. Anwohner*innen zufolge soll eine Frau sie abgeschnitten haben, während ein Mann im Fluchtwagen auf sie wartete. Doch damit war das letzte Wort noch lange nicht gesprochen: Von den Verantwortlichen der farbenfrohen Aktion wurde Anzeige erstattet und eine Ersatzfahne an der Kapelle befestigt. Und wieder abgenommen. Diesmal vom Pfarrer höchstpersönlich.


Pfarrer zeigt sich gesprächsbereit

Gegenüber dem Express bestätigte Pater Georg del Valle, die Fahne entfernt zu haben – er sei dabei jemandem zuvorgekommen, der sie selbst gerade abhängen wollte. Als Grund nannte er, dass die Fahne zum einen direkt an der Kapelle angebracht worden sei – und zum anderen Ostern vor der Tür gestanden habe.

„Ich hatte vor Ostern von der Fahne erfahren durch Leute, die sich gemeldet hatten, damit die Fahne abgehängt wird. Die Ostertage sind die wichtigsten im Kirchenjahr und sollen keine Tage für Diskussionen sein. Sie verdienen Respekt.“

Der Geistliche erklärte jedoch, für Fragen und Gespräche offen zu sein. Es gäbe Gremien, um über solche Angelegenheiten gemeinsam zu sprechen.


(K)ein Regenbogen für Auweiler?

Nachdem die Fahne dann das zweite Mal entfernt wurde, tauchten Aushänge in Auweiler auf, die „stellvertretend für viele“ von mehreren Familien in der Region namentlich unterzeichnet wurden. Das Schreiben, das auch eine E-Mail-Adresse für „positive Rückmeldungen oder auch kritische Worte“ angibt und auf Initiative von Stefan Schneider in der Facebookgruppe Auweiler - Perle des Kölner Nordens entstand, prangert die Art und Weise an, wie mit der farbenfrohen Protestaktion umgegangen wurde:

„Viele Bürgerinnen und Bürger haben sich über die Regenbogenfahne an der Auweiler Kapelle gefreut. Leider wurde die Fahne bereits zweimal entfernt, davon mindestens einmal durch die Gemeindeleitung. Wir, einige Familien aus Auweiler und Esch, möchten auf diesem Weg unser Unverständnis und unser Entsetzen über die Art und Weise dieses Vorgehens ausdrücken.“

In dem Schreiben erklären sie, was die Aktion – und die Fahne selbst – für sie aussagen:

„Die Regenbogenfahne ist für uns Zeichen einer Gemeinde, …

… die vielfältig und bunt sein darf und in der jeder Mensch so angenommen und respektiert wird wie er ist, nämlich als Abbild Gottes.

… in der Themen kontrovers diskutiert, andere Meinungen ausgehalten und akzeptiert werden können sowie niemand Angst haben muss, die eigenen Ansichten auszusprechen.

… in der jedem Menschen Respekt und Wertschätzung entgegen gebracht werden und alle gleichberechtigt sind.“

Zusätzlich zu den Schreiben wurden nun nicht nur eine, sondern ganze drei Regenbogenfahnen an neu montierten Fahnenmasten rund um die Kapelle gehisst. Die sind für schneidewütige Gegner*innen nun nicht mehr so leicht erreichbar. Aber ob damit das letzte Wort gesprochen ist, bleibt abzuwarten.


Hintergrund

#liebegewinnt wendet sich an segnungswillige Paare und Pfarrer

Sie kämpfen für die Liebe: In einer noch nie dagewesenen Aktion (männer* berichtete) schließen sich zahlreiche katholische Priester und Gemeinden in Deutschland zusammen, um am 10. Mai deutschlandweit den Segen für queere Paare auszusprechen. Damit handeln sie gegen den ausdrücklichen Befehl des Vatikans und riskieren am Ende sogar ihren Job. 

Auf der Homepage der Initiative, werden bereits Angebote von Gottesdiensten gesammelt – Paare und Gemeinden können sich mit ihrem Segensgesuch bzw. - Angebot an die Initiative wenden, die auch eine Sammlung an biblischen und seelsorgerischen Texten und Tools für eine Segnungsfeier bereit hält:

„Am 10. Mai 2021 laden wir an unterschiedlichsten Orten in Deutschland zu Segnungsgottesdiensten ein. Dabei wollen wir niemanden ausschließen. Wir feiern die Vielfalt der verschiedenen Lebensentwürfe und Liebesgeschichten von Menschen und bitten um Gottes Segen. Ganz ohne Heimlichkeit.“

mehr Infos auf www.liebegewinnt.de und www.mutwilligsegnen.de

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