Muslima und Moscheegründerin erhält CSD-Preis

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Die Menschenrechtsanwältin und Gründerin der Berliner Ibn Rushd-Goethe Moschee Seyran Ateş erhält heute den „Soul of Stonewall Award“ (SoSA). Damit setzt der CSD Berlin bewusst ein Zeichen der Wertschätzung an queere Muslime und deren Umfeld. 

Foto: Dorothee Deiss

In der von der Reformmuslima im letzten Jahr gegründeten Ibn Rushd-Goethe Moschee, beten Männer und Frauen gemeinsam und muslimische LGBTIQ* sind herzlich willkommen. Nach Paris und Kapstadt ist Berlin damit die nach blu.fm-Redaktionskenntnis dritte Hauptstadt weltweit, die eine von Muslimen selbst organisierte, liberale Moscheegemeinde hat.

Seyran Ateş: „Ich engagiere mich seit den 1980er Jahren für die Rechte von Frauen und Menschen unterschiedlicher sexueller Orientierungen. Als Anwältin und Kämpferin für Menschenrechte hatte ich immer die Menschen im Blick, die kein freies und selbstbestimmtes Leben führen dürfen. Aus diesem Grund habe ich auch die Ibn Rushd-Goethe Moschee gegründet. Ich wollte einen Ort schaffen, an dem die Menschen frei sind und ihren Glauben ohne Diskriminierung und Ausgrenzung praktizieren können. Der Preis für Zivilcourage freut mich sehr und bestärkt mich in meinem Engagement für ein selbstbestimmtes Leben aller Menschen nicht nachzulassen.“

Überreicht wird der SoSA Sonderpreis im Rahmen des heutigen CSD-Empfangs vor geladenen Gästen von Jörg Steinert, Geschäftsführer des Lesben- und Schwulenverbandes Berlin-Brandenburg (LSVD): „Seyran Ateş setzt sich mit viel Leidenschaft für einen aufgeklärten Islam ein. Das Recht auf sexuelle Selbstbestimmung steht dabei im Mittelpunkt ihres Wirkens. Die im vergangenen Jahr von ihr gegründete Ibn Rushd-Goethe Moschee ist die erste Moschee in Deutschland, die Menschen nicht aufgrund ihrer sexuellen und geschlechtlichen Identität diskriminiert. Seit über 30 Jahren macht Seyran Ateş auf gesellschaftliche und politische Missstände aufmerksam. Sie stößt damit wichtige gesellschaftliche Diskurse an. In Folge dessen wird sie angefeindet, bedroht und verleumdet. Doch Seyran Ateş lässt sich nicht unterkriegen. Dafür gilt Ihr unser Dank, unser Respekt und unsere Solidarität.“

Kritik an rot-rot-grünem Senat

Foto: LSVD BB

Der Lesben- und Schwulenverband Berlin-Brandenburg (LSVD) hat sich heute zeitgleich in einem Schreiben an den Berliner Senat über die Zusammensetzung des Beirats des Instituts für Islamische Theologie an der Humboldt-Universität beschwert. Das Institut wird vom Land Berlin mit mehreren Millionen Euro unterstützt und hat ausschließlich nicht-liberale islamische Gemeinschaften in seinen Beirat berufen. Unter anderem ist die Islamische Gemeinschaft der schiitischen Gemeinden Deutschlands (IGS) vertreten, dessen Vorstand in einer Pressemitteilung die „Ehe für alle“ als „gesellschaftliche Verirrung sowie eine Verwässerung jeglicher Moral“ bezeichnet hat. 

Bereits das Jüdische Forum für Demokratie und gegen Antisemitismus (JFDA) hatte sich jüngst bestürzt darüber gezeigt, dass die IGS den Al-Quds-Marsch unterstützte und damit Antisemitismus fördere. Sosa-Preisträgerin Seyran Ates kritisiert dieses Vorgehen seit Monaten.

LSVD-Landesvorständin Yasmine-Blanche Werder und LSVD-Landesvorstand Ulrich Keßler haben den für Religionsgemeinschaften zuständigen Senator Dr. Klaus Lederer, den für Antidiskriminierung zuständigen Senator Dr. Dirk Behrendt und den für Wissenschaft zuständigen Staatssekretär Steffen Krach aufgefordert, tätig zu werden.

„Die bisherige Lösung der Beiratsbesetzung wird weder der Landesverfassung und dem dort verankerten Diskriminierungsschutz noch dem Anspruch des Koalitionsvertrages und dort insbesondere dem Kapitel „Regenbogenhauptstadt Berlin“ gerecht,“ so der LSVD.

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