Grüne stoppen lesbophobes Adoptionshilfegesetz im Bundesrat

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Viel Streit gab es im Vorfeld, Aufrufe des LSVD und der Oppositionsparteien und zum Schluss ein Einlenken der zuständigen Familienministerin Franziska Giffey (SPD). Geholfen hat es nicht mehr. Im Bundesrat wurde das lesben- und frauenfeindliche sogenannte Adoptionshilfegesetz am Morgen durch die Bundesländer mit grüner Regierungsbeteiligung abgelehnt. 

In seiner Bundesrats-Rede erklärt der Berliner Senator für Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskriminierung, Dr. Dirk Behrendt, warum das rot-rot-grün regierte Land das Gesetz ablehnen würde:  

Foto: Sandro Halank / CC-BY-SA 3.0, CC BY-SA 3.0 / wikimedia

Aktuell erfolgen 23 Prozent der Stiefkindadoptionen durch lesbische Paare. Wir befinden uns hier in der lebensweltlichen Realität. Die sachlichen Gründe, warum der Staat Familien mit Kindern Steine in den Weg legt, sind nicht erkennbar. Deshalb können wir ihren Entwurf für das Adoptionshilfegesetz heute nicht mittragen. Aus queerpolitischer und auch aus frauenpolitischer Sicht ist das Gesetz ein Rückschlag.“

Bezug nimmt er in der Rede auch auf den Rettungsversuch, den Giffey in letzter Minute versuchte, in dem sie eine Gesetzesnovelle für den Herbst ankündigte.

Das heißt, dass die Diskriminierung, die wir heute beschließen würden, erst einmal in Kraft träte. Warum regeln Sie das nicht gleich? Sie versuchen uns ein Neuregelung zu versprechen, über die in der Bundesregierung keine Einigkeit besteht. Nein, liebe Bundesregierung, da fallen wir nicht drauf rein. Zudem möchten Sie in der Protokollerklärung eine neue Regelung mit weiteren Änderungen verknüpfen, die wir gar nicht kennen. So geht’s nicht.“ 

Gabriela Lünsmann, Mitglied im Bundesvorstand des Lesben- und Schwulenverbandes (LSVD) zeigte sich in einer Pressemitteilung erfreut und lenkte den Fokus auf die eigentliche Bremse, Bundesjustizministerium Lambrecht, die Giffey erst vergangene Woche im männer* Interview mit Nina Queer bei Pride Live in die Pflicht nahm (Video unten): 

Hauptverantwortlich ist jedoch Bundesjustizministerium Lambrecht, die die seit Jahren versprochene und notwendige Reform im Abstammungsrecht weiter verschleppt. Damit sorgt sie dafür, dass lesbische Mütter auf das Verfahren der Stiefkindadoption angewiesen bleiben, um beide als rechtliche Eltern anerkannt zu werden. Es ist sehr zu begrüßen, dass der Bundesrat nun wenigstens verhindert hat, dass Zwei-Mütter-Familien die Untätigkeit im Justizministerium ausbaden müssen.“

Der LSVD hatte einen eigenen, konkreten Vorschlag zur Gesetzgebung unterbreitet, der durch eine einfache Ausnahmeregelung die Verschärfung der Diskriminierung verhindern würde.

Foto: Deutscher Bundestag / Achim Melde

Auch FDP und Linke reagierten zwischenzeitlich mit Pressemitteilungen positiv auf die Entscheidung der Bundesländer. Katrin Werner, familienpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE:

Die drohende zusätzliche Diskriminierung durch das Gesetz ist schon lange bekannt und wurde von vielen Akteuren kritisiert. Im Bundestag lagen Änderungsanträge vor, um die Diskriminierung zu verhindern. Die Bundesregierung hat nicht gehandelt und nun vom Bundesrat die Quittung bekommen.“

Foto: Deutscher Bundestag / Achim Melde

Jens Brandenburg, Sprecher für LSBTI der FDP-Bundestagsfraktion mahnt grundsätzliche Reformen im Familienrecht an:

Es ist erfreulich, dass der Bundesrat das unzureichende Adoptionshilfegesetz gestoppt hat. ... Wir Freie Demokraten fordern: Die Co-Mutter soll automatisch anerkannt werden, wenn der leibliche Vater sein Einverständnis erklärt hat. Das ist bei anonymen Samenspenden ohnehin schon implizit der Fall. Auch frühe Elternschaftsvereinbarungen und Mehrelternfamilien müssen endlich möglich werden. Es ist höchste Zeit für eine Modernisierung des Familienrechts!“

Hintergrund: Darum geht es

Zwei-Mütter-Familien werden schon jetzt gegenüber Zwei-Väter-Familien und der klassischen Frau-Mann-Familie diskriminiert. Um gemeinsam als Eltern anerkannt zu werden, müssen sie als einzige der Konstellationen ein Adoptionsverfahren durchlaufen. Sie sind die einzigen Eltern, in deren Partnerschaften und Ehen Kinder hineingeboren werden, die gegenüber dem Jugendamt und dem Familiengericht ihre Eignung als Eltern nachweisen müssen.

Diese Diskriminierung wird durch das neue Gesetz weiter massiv verschärft. Sie sollen nun zusätzlich auch eine verpflichtende Beratung absolvieren. Der Nachweis dieser Beratung wird zwingende Antragvoraussetzung für die Adoption sein. So drohen noch längere Wartezeiten bis zur rechtlichen Absicherung ihrer Kinder. Das schadet nicht nur den Müttern sondern natürlich auch dem Kindeswohl, da das Kind zum Beispiel im Falle des Todes einer Mutter plötzlich rechtlich Vollwaise sein könnte. (weiter lesen)

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