Von der Leyen und ihre Herausforderer

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Spitzenkandidat*innen, die über die Landesgrenzen hinweg europaweit antreten, sollen den Wahlkampf für die Europawahl Anfang Juni europäischer machen  obwohl über nationale Listen gewählt wird. Fast alle großen Parteien haben deshalb EU-weite Kandidat*innen aufgestellt, die am 29. April bei einer ersten Wahlkampfdebatte im niederländischen Maastricht aufeinandertrafen. Ein Überblick:

Europäische Volkpartei (EVP): Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen

Ursula von der Leyen (CDU) will für die nächsten fünf Jahre an der Spitze der mächtigen EU-Kommission bleiben. In ihrer Parteienfamilie kassierte die 65-Jährige jedoch bei ihrer Wahl zur Spitzenkandidatin einen Denkzettel: Obwohl sie ohne Konkurrenz antrat, erhielt sie nur rund 80 Prozent der Stimmen bei der EVP. Die Kritik entzündet sich vor allem an von der Leyens Klimaschutzpaket „Green Deal“, bei dem sie unter dem Druck ihrer Partei bereits Abstriche machen musste.

Die Spitzenkandidatur ist für von der Leyen noch kein Garant für die Kommissionsspitze. Maßgeblich ist, dass sich die EU-Staats- und Regierungschefs auf ein zweites Mandat für sie einigen und das Europaparlament ebenfalls zustimmt. Hier schloss von der Leyen eine Zusammenarbeit mit Parteien rechts der EVP nicht völlig aus.

Sozialdemokraten (S&D): EU-Arbeitskommissar Nicolas Schmit

Die Sozialdemokraten schicken den weitgehend unbekannten Luxemburger EU-Kommissar Nicolas Schmit in den Wahlkampf. Der 70-Jährige setzte sich in seiner Amtszeit unter anderem für EU-weite Standards für den Mindestlohn und für mehr Rechte für Beschäftigte sogenannter Plattformfirmen wie Uber und Co ein.

Auch die Wahl des 70-jährigen Schmits zum Spitzenkandidaten war nicht einstimmig, der ehemalige Luxemburger Arbeitsminister hat allerdings die Unterstützung der deutschen SPD. Zuvor war auch Katarina Barley, die in Deutschland den Europawahlkampf der SPD anführt, als europaweite Spitzenkandidatin der Sozialdemokraten im Gespräch gewesen.

Liberale (Renew): FDP-Politikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann

Marie-Agnes Strack-Zimmermann ist in Deutschland für ihre Streitlust bekannt: Mit rhetorischen Angriffen etwa auf Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) im Zusammenhang mit ihren Forderungen nach mehr Waffenlieferungen für die Ukraine zählt die 66-Jährige zu den wenigen Liberalen, die neben Parteichef Christian Lindner ein eigenes Profil entwickeln konnten.

Die derzeitige Vorsitzende des Verteidigungsausschusses im Bundestag ist Spitzenkandidatin der deutschen FDP und der europäischen Partei ALDE. Neben Strack-Zimmermann schicken die Liberalen die Europaabgeordneten Valérie Hayer aus Frankreich und Sandro Gozi aus Italien in den Wahlkampf.

Grüne: Europaabgeordnete Terry Reintke und Bas Eickhout

Die Grünen führt mit Terry Reintke eine Parteilinke aus Deutschland in den Wahlkampf. Die heute 36-Jährige sitzt bereits seit 2014 im Europaparlament, seit einem Jahr ist sie Ko-Vorsitzende der Fraktion Die Grünen/Europäische Freie Allianz. Die gebürtige Gelsenkirchnerin streitet im Parlament nicht nur für Klimapolitik, sondern auch für die Rechte von Frauen und LGBTIQ*s.

Zweiter Spitzenkandidat der Grünen ist der niederländische Europaabgeordnete Bas Eickhout, der im Parlament die Verhandlungen für strengere CO2-Ziele für Lkw und Busse führte. Die Europäische Freie Allianz hat mit Maylis Roßberg aus dem Südschleswigschen Wählerverband (SSW) zudem eine eigene Kandidatin aufgestellt.

Linke: Österreicher Walter Baier

Für die Europäische Linkspartei tritt ihr Vorsitzender Walter Baier als Spitzenkandidat an, der bislang noch keinen EU-Posten innehatte. Als Mitglied der Kommunistischen Partei Österreichs (KPÖ) will Baier die Arbeiterklasse in den Mittelpunkt des Kampfes gegen den Klimawandel stellen. Die Linken gehen allerdings mit zwei getrennten Programmen in den Wahlkampf: dem der Europäischen Linkspartei und dem des französischen Linken Jean-Luc Melanchon.

Rechtsaußen-Fraktionen ohne europaweite Spitzenkandidaten

Die beiden Rechtsaußen-Fraktionen im Europaparlament lehnen EU-weite Spitzenkandidaten ab. In der Fraktion der Europäischen Konservativen und Reformer (EKR) sitzen unter anderem die nationalkonservative polnische PiS-Partei und die Partei der postfaschistischen italienischen Ministerpräsidentin Giorgia Meloni. Auch die Fraktion Identität und Demokratie (ID), der die AfD angehört, hat keinen gemeinsamen Kandidaten aufgestellt. Die beiden AfD-Spitzenkandidaten für die Europawahl in Deutschland, Maximilian Krah und Petr Bystron, stehen zudem wegen Vorwürfen der Spionage und der Zusammenarbeit mit Russland schwer unter Druck. *AFP/sah

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