Konversionsverfahren: Europaweites Verbot durch EU-Kommission?

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61 Mitglieder der „LGBTI Intergroup“ im Europäischen Parlament haben ein gemeinsames Schreiben an die EU-Kommission adressiert, in dem sie ein EU-weites Verbot sogenannter Konversionsverfahren („Homo-/Trans*heilung“) fordern.

Das Schreiben, das unter anderem von der Vizepräsidentin des Europäischen Parlamentes Heidi Hautala und mehreren Vizepräsident*innen der Fraktion der Grünen und der Linken unterzeichnet wurde, öffnet mit der pragmatischen Feststellung:

„Konversionstherapien“ sind Folter

Gemeint sind Versuche, mittels pseudotherapeutischer Verfahren die sexuelle Orientierung oder geschlechtliche Identität von Menschen zu ändern. Dies kann durch psychologischen Druck als auch mit körperlichen Mitteln versucht werden und wird in der Medizin eindeutig als gefährlich und unwirksam betrachtet. Dennoch gäbe es laut „Internationalem Rehabilitationsrat für Folteropfer“ weltweit über 69 Länder, in denen solche Verfahren immer noch legitim angewendet würden. In der Europäischen Union sei zum Beispiel in Frankreich die Verabreichung von Medikamenten aktenkundig und es würden Exorzismen an Lesben, Bisexuellen, Schwulen und Trans* vorgenommen. In Deutschland sind Homo-/Transheilungs-Pseudotherapien seit diesem Jahr weitgehend verboten (wir berichteten).

Das Schreiben prangert an, dass eine Legalisierung dieser Verfahren insbesondere queere Jugendliche einem hohen Folterrisiko aussetze, da häufig Familienangehörige und Betreuer hinter dem „Änderungswunsch“ stünden und Druck auf die Opfer ausübten. Der unabhängige UN-Experte für den Schutz vor Gewalt und Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung und der Geschlechtsidentität (SOGI) fasste in einem Bericht zusammen:

EU muss handeln

Das Europäische Parlament hatte die Mitgliedststaaten bereits 2017 aufgefordert, „Konversionsverfahren“ zu kriminalisieren. Die Unterzeichner daher weiter:

„Da jedoch mehrere Mitgliedstaaten nicht erwägen, solche Rechtsvorschriften in naher Zukunft zu erlassen, und ohne eine horizontale Antidiskriminierungsrichtlinie, die eine Diskriminierung aus Gründen der sexuellen Orientierung in Gesundheitsfragen illegal gemacht hätte, ist die EG verpflichtet zu handeln. Angesichts der gemeinsamen Zuständigkeit der EU im Bereich der öffentlichen Gesundheit ... könnte die Europäische Kommission diesbezüglich Gesetze erlassen.“

Der Brief endet mit drei Fragen an die Kommission, die hier dokumentiert werden:

  1. Duldet die Kommission die Praktiken sogenannter „Konversionstherapien“?
  2. Unter Berücksichtigung der gemeinsamen Zuständigkeit der EU für die öffentliche Gesundheit und den Bereich Freiheit, Sicherheit und Recht ist die Kommission dafür verantwortlich, in dieser Angelegenheit tätig zu werden. Wird die Kommission einen Legislativvorschlag einleiten, der ein EU-weites Verbot jeglicher Form von „Konversionstherapie“ einführt, wie es vom unabhängigen Experten der Vereinten Nationen für SOGI empfohlen wird?
  3. Sollte die Kommission nicht vorsehen, Rechtsvorschriften einzuleiten, welche konkreten Maßnahmen hat sie bisher ergriffen und welche Maßnahmen ergreift oder sieht sie derzeit vor, um die Mitgliedstaaten beim Verbot dieser Praxis zu unterstützen? Fördert es aktiv nationale Verbote, die bereits in anderen Mitgliedstaaten als bewährte Verfahren verabschiedet wurden?
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