Ethik: China bricht Genom-Tabu – um HIV zu verhindern

by

In China sind offenbar Zwillinge zur Welt gekommen, deren Erbgut durch den Einsatz einer Gen-Schere so verändert wurde, dass die Kinder gegen eine HIV-Infektion immun sein sollen. Es wäre der erste Eingriff in die menschliche Keimbahn.

Foto: gemeinfrei / CC0

Laut Bericht der Nachrichtenagentur AP habe He Jiankui von der South University of Science and Technology of China in Shenzhen bei der künstlichen Befruchtung in den Keimzellen die molekulare Eintrittspforte entfernt, durch die HI-Viren die Zelle infizieren können. Die Genveränderung ist daher auch endgültig und würde bei einer Fortpflanzung der beiden Zwillingsschwestern weitervererbt werden. Genau hier war bis jetzt die ethische Grenze gesetzt worden: Es wurden zwar bereits genmanipulierte Embryonen erzeugt, diese aber nicht ausgetragen, um eine „Verunreinigung“ des menschlichen Genoms auszuschließen, solange die Technik noch so unerforscht ist.

Tatsächlich kann man die Manipulationen am (menschlichen) Genom vereinfacht noch mit den Arbeiten an einer großen Fabrik vergleichen, von der man keinen vollständigen Bau- und Funktionsplan hat. Der Installateur weiß zwar, welche Leitung wohin führt und was dort mit ihr passiert, ob sie sich auf dem Weg aber aufspaltet oder mit einer anderen Leitung vereint, ist unbekannt.

Die Folgen der Genmanipulation für die Zukunft der Menschheit sind kaum vorauszusehen – negative wie positive. Die ethischen Diskussionen darüber stecken seit vielen Jahren in einer ideologisch aufgeladenen Sackgasse. Wie bereits beim Klonen von Tieren („Dolly“), treibt China nun auch in der Humangenetik die Entwicklung voran und schafft Tatsachen.

Laut He Jiankui seien beide Mädchen gesund. Die Genschere habe bei einer Schwester komplett, bei ihrer Zwillingsschwester aber unvollständig gearbeitet. 

Foto: Thomas Splettstoesser (www.scistyle.com) / CC BY-SA 4.0 / wikimedia.org

Auch Deutschland arbeitet an Genschere zur HIV-Heilung

Bereits seit 2005 forschen Wissenschaftler am Heinrich-Pette-Institut in Hamburg ebenfalls an einer revolutionären Methode, das HI-Virus mittels einer molekularen Genschere aus dem Körper „zu schneiden“. An Mäusen hat das bereits funktioniert. Im Unterschied zu dem jetzt offenbar erfolgten Eingriff in das Genom des Menschen, verändern die Hamburger Wissenschaftler keine Stammzellen und arbeiten im bereits entwickelten Organismus an den Bauplänen einzelner Zellen. Eine Vererbung ist nicht möglich und mit dem Menschen stirbt auch das veränderte Gen. 

Unser Bericht zur Hamburger Genschere

Back to topbutton