Berliner CSD e.V.: neuer Vorstand – Interview

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Foto: Foto: H. v. Schimmer

Der neue Vorstand besteht jetzt aus Seyran Ateş (Wiederwahl auf zwei Jahre), Mara Geri (neu gewählt für zwei Jahre), Stella Spoon (laufende Amtszeit), Marcel Voges (neu gewählt auf zwei Jahre) und Ulli Pridat (laufende Amtszeit). Wir fragten schriftlich beim Vorstand nach.

Man hat das Gefühl, der CSD kommt nicht aus den Schlagzeilen. Hat sich die Lage nach der aktuellen MV beruhigt? Generell freut es uns als Team, wenn unsere Inhalte eine mediale Verbreitung erfahren und somit durch die Reichweiten vieler Medien eine Meinungsbildung und ein Fokus auf die Gesamtlage von Aktivist*innen, die rechtlichen Ungleichheiten in Deutschland und das Geschehen der Berliner Community erreichen. Wir möchten allerdings darauf hinweisen, dass der Berliner CSD seit 2021 selten so häufig und vor allem überregional (sogar international) mit seinen Inhalten vorkam, wie je zuvor. Daran sollten und möchten wir auch 2024 anknüpfen. Genau diese Reichweiten, gepaart mit Inhalten, sieht der Vorstand als Bestandteil der Kernarbeit des Vereins. Leider hat es in den letzten Monaten wenige inhaltliche Beiträge zu unseren extrem vielfältigen Forderungen, Erfolgen und gesellschaftspolitischen Inhalten des Vereins gegeben. Das kann der Verein nicht beeinflussen, denn das Verfassen jener Beiträge oder Artikel erfolgt nicht durch uns. Dass davon im Nachgang nicht mehr viel über blieb, sei nebenbei erwähnt. Auf unserer Website führen wir seit langer Zeit einen eigenen kleinen News-Blog, welcher umfänglich die Arbeit und Aktionen des Vereins begleitet. Darüber hinaus nutzen wir ausschließlich für diese Inhalte die offiziellen Kanäle des CSD Berlin. Selbstverständlich würden wir uns freuen, wenn sich diese allseits bekannten Arbeiten in anderen pluralen Medien wiederfinden. Gemeinsam können wir dafür sorgen mehr Sichtbarkeit zu bewirken. Die Mitgliederversammlung 2023 war deutlich und informativ, aber auch aufklärend und im Kernteam geht es bereits kurze Zeit nach der MV geschlossen, konstruktiv und fleißig voran.

 Es standen auch Neuwahlen auf dem Programm? Was motiviert euch, sich für die Vereinsarbeit zu engagieren? Die Motivation eines jeden Vorstandsmitglieds, aber auch des gesamten Teams werden immer verschieden, aber in der Sache oft gleich sein. In einer Sache sind wir uns alle einig: Der aktuelle Rechtsruck in der Gesellschaft und das Erstarken rechtspopulistischer Parteien bereitet uns große Sorgen und muss aktiv bekämpft werden. Der neue Vorstand möchte einen Beitrag dazu leisten. Aus unserer Sicht gehört CSD Berlin auf die Straße, die einzelnen Communities unserer Familie sollen partizipativ mitgestalten können und auch durch den Vorstand in verschiedener Weise abgeholt, eingebunden und mit bedacht werden. Dies ist ein Prozess, der jährlich anders abläuft, und somit den CSD Saison für Saison aufs Neue auch neu aufleben lässt. Ziele, welche wir alle gemeinsam haben, sind klar: die Umsetzung unseres Forderungskatalogs, mehr zuhören – auch untereinander, mehr erreichen – miteinander.

Mit Patrick Ehrhardt ist ein Vorstandsmitglied, das unter besonderer Kritik stand, ausgeschieden. Welche Rolle wird er künftig spielen? Bevor man in die Zukunft schaut, darf man unserem ehemaligen Kollegen Patrick auch einmal danken. Das kommt im Verein oftmals viel zu kurz, und da ist Patrick auch nicht der erste Kollege, der dies aus persönlichen Befindlichkeiten erfährt. Kritik muss immer erlaubt sein. Kritik sollte allerdings immer konstruktiv erfolgen, und genau an diesem Punkt hat es unserer Meinung nach oft gefehlt. Ein Team von mehr als 25 Leuten stand und steht hinter ihm und dem Verein. Er war maßgeblich dafür verantwortlich, dass der Verein auf jenen stabilen Füßen steht, auf denen wir aktuell haushalten und agieren können. Beschäftigt man sich mit der Chronologie, muss man sagen: Was blieb am Ende von der Kritik über? Als neuer Vorstand ist es viel einfacher, direkt aktiv werden zu können, als dass man Schuldenberge abbauen muss. Diese Zeiten des Vereins werden oftmals gern vergessen. Als polarisierende Person ist Patrick durchaus bekannt, und das weiß er auch selbst. Aber so ist er eben auch ein wichtiger Charakter mit sehr vielen Stärken, die er in den Verein eingebracht hat. Wir werden daher mit ihm einen guten Platz für ihn im Verein finden. Wie die Zukunft aussieht, wird der Vorstand beraten, denn ein solches Meinungsbild und der Erfolg sind maßgeblich auch abhängig von unserem wahnsinnigen Team, welches unserer Meinung nach sehr viel von ihm hält – und dem können wir uns nur anschließen. Es ist ihm auch anzuerkennen, dass er, zum Wohle des Vereins und dem Einkehren von etwas Ruhe um seine Person, bei dieser Wahl nicht wieder angetreten ist. Denn eine weitere Amtszeit wäre ihm unserer Meinung nach sicher gewesen.

Seit zwei Jahren gibt es eine neue Route mit Start auf der Leipziger Straße. Wird dieses Konzept beibehalten? Mit unserer Demonstration bewegen wir hunderttausende Menschen durch die Stadt, deren Sicherheit, Logistik und auch das Aufrechterhalten der Versorgung der restlichen Stadt hat höchste Priorität. Der Verein ist in einem sehr guten Zustand und erfährt Support von Polizei, Feuerwehr, beteiligten Gewerken und vielen Behörden. Die Entscheidung einer Route ist abhängig von Baustellen, Straßenplanungen, Entfluchtungen und anderen Parametern. Die Route wird frühzeitig für alle auf den offiziellen Kanälen des CSD bekanntgegeben. 

Fühlt ihr euch bei den logistischen Fragen vom neuen Senat genauso gut unterstützt, wie vom alten? Bisher hat der Verein leider weder vom vorherigen noch vom neuen Senat logistische Unterstützung erfahren. Der Verein meldet Sondernutzungen bei den Bezirksämtern an, welche sich im Falle von Tempelhof-Schöneberg und Mitte in den letzten drei Jahren immer kooperativ unterstützend bzw. nie negativ verhielten. Die neue Rolle des Queer-Beauftragten Alfonso Pantisano ist eine gute Möglichkeit und unterstützend für den Verein. Er hatte sich mehrfach mit dem vorherigen und wird sich sicherlich auch mit dem neuen Vorstand verständigen. In der Logistik unserer Demonstration sind wir bis auf die gesetzlichen Vorgaben (Support durch Polizeiabsicherung, Feuerwehr und BSR für die Demostrecken) auf uns selbst gestellt. Ein Gespräch mit dem Regierenden Bürgermeister und anderen Vertreter*innen steht an. In diesem Gespräch werden wir mehr Unterstützung einfordern.

*Interview: Olaf Alp

csd-berlin.de

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