15 Jahre Queer Festival Heidelberg

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Foto: Queerfestival

Vor 15 Jahren waren Dominic Hauser und Martin Müller mit dem ersten Queer Festival echte Pioniere für queere Sichtbarkeit in Heidelberg. Inzwischen hat sich in der Stadt viel verändert und weiterentwickelt – wie zum Beispiel die städtische Koordinationsstelle LSBTIQ+ oder das Projekt Queer Space beweisen. Darüber und über die Jubiläumsausgabe des Queer Festivals haben wir mit Dominic und Martin gesprochen.

Erst mal herzlichen Glückwunsch zum Festival-Jubiläum. Wie sah eigentlich die Community-Arbeit und vor allem die Vernetzung in Heidelberg vor 15 Jahren aus? Aus welchen Initiativen/Gruppen ist damals das Queer Festival entstanden? Da muss es ja schon irgendwie „gebrodelt“ haben, damit ein solches Projekt entsteht?

Donimic: Vielen Dank, Björn. In der Tat hat sich in Heidelberg in den letzten 15 Jahren viel getan. Als wir mit dem Festival angefangen haben, gab es außer einer ebenfalls ehrenamtlich organisierten Partyreihe so gut wie kein Angebot für queere Menschen. Als Student habe ich mich damals auch dort engagiert, aber der eigentliche Impuls waren viele Aufenthalte in Berlin und dort engagierte Freunde, die Martin und mich dazu gebracht haben, auch in der eigenen Stadt mehr queere Angebote schaffen zu wollen. Der Karlstorbahnhof war von Anfang an unser sicheres Zuhause und stärkt uns bis heute den Rücken. Die Gründung des Queeren Netzwerks Heidelberg mit heute über 20 Gruppen und Initiativen und die des Runden Tisches für sexuelle und geschlechtliche Vielfalt mit der Stadt Heidelberg waren in den folgenden Jahren wichtige Pfeiler, die die weitere Vernetzung und Communityarbeit in Heidelberg vorantrieben. Auch das Festival wuchs schnell an: Programm, Besucher*innen und Kooperationspartner*innen … Einfach war es nie, dieses Projekt Jahr für Jahr nach Feierabend auf die Beine zu stellen. Und es war doch ein langer Weg, in Heidelberg so sichtbar und wichtig zu werden, dass selbst die Stadt unser Festival seit 2021 im Rahmen ihrer Mitgliedschaft im Rainbow Cities Network unterstützt. Dass Heidelberg heute auf vielen Ebenen dank der vielen verschiedenen Initiativen viel queerer ist als vor 15 Jahren, erfüllt uns mit Stolz, Erleichterung, Liebe und Dankbarkeit.

Foto: Dominic Hauser

Foto: Martin Müller

Neben all den positiven Entwicklungen muss man auch sehen, dass Queerfeindlichkeit zugenommen hat – oder wirkt das nur so, weil queere Menschen heute entschiedener fordern, sichtbarer sind und damit viel mehr zur Zielscheibe werden?

Martin: In vielen Gesellschaften nimmt die Verfolgung und Ausgrenzung von queeren Menschen derzeit wieder zu. Das ist belegt. Und das, obwohl queerfeindliche Übergriffe zum Teil gar nicht als solche statistisch erfasst werden. Aber auch wir haben immer wieder mit Queerfeindlichkeit zu kämpfen, sowohl auf dem Festival als auch privat. Das mag auch damit zusammenhängen, dass wir sichtbarer geworden sind. Und auch wenn wir die allgemeine Entwicklung im Moment mit Sorge betrachten, werden wir uns davon nicht einschüchtern lassen. Zum Festival müssen wir natürlich dafür sorgen, dass alle Besucher*innen sicher sind. Deshalb war es zum Beispiel in den letzten Jahren notwendig, die Präsenz der Securities am Eingang zu erhöhen. Aber auch hier ist es besonders wichtig, dass wir in Heidelberg mittlerweile so gut vernetzt sind. Zuletzt konnten so viele Veranstaltungen zum Thema gesetzt und Aufklärung betrieben werden. Die einzelnen Gruppen sind nicht auf sich allein gestellt, sondern können durch das queere Netzwerk besser den Austausch mit zum Beispiel Polizei oder Politik einfordern.

Jubiläen verleiten ja gerne dazu, das Programm entsprechend auszurichten. Schlägt sich das auch im Programm des Queer Festivals nieder? Oder habt ihr andere, aktuellere thematische Schwerpunkte gesetzt?

Dominic: Wir versprechen, ein gewohnt internationales, umfangreiches und vielfältiges Programm auf die Beine gestellt zu haben, bei dem für jeden etwas dabei sein sollte. Es sind wieder über 30 Veranstaltungen im Festivalmonat Mai zusammengekommen. Neben den internationalen und nationalen Acts ist es uns aber jedes Jahr wichtig, auch lokalen Künstler*innen eine Bühne zu bieten. Da bleiben wir uns treu. Auch im Jubiläumsjahr.

Foto: Queerfestival

Foto: Gorsel

Foto: Narciss

Dreh- und Angelpunkt des Festivals sind immer auch die Konzerte und Partys mit Künstler*innen und DJ*s, die man im Rhein-Neckar-Delta vielleicht nur bei euch zu sehen bekommt. Was sind eure persönlichen Tipps des Konzert- und Party-Programms?

Martin: Ein besonderes Highlight ist sicherlich unser Ball-Wochenende am 25. und 26. Mai. Mit dem Ball „My Paradise”, Voguing Workshops, Talks und der dazugehörigen Performance „like, really cunt", organisiert in Zusammenarbeit mit der wachsenden Ballrooom-Szene in Mannheim und Heidelberg. Mit dabei sind Alex Mugler und Kendall Mugler, wahre Ikonen der Ballroom-Szene aus New York und Paris. Aufregend ist auch Gaye Su Akyol. Sie verkörpert das Gesicht einer innovativen, aufstrebenden Generation in der türkischen Musikszene. Cormac, Ki/Ki, Narciss und fka.m4a sind unsere Geburtstags-Party-Acts. Zum ersten Mal wird es auch ein Open-Air-Abschlussfest mit Konzerten und Performances vor dem neuen Karlstorbahnhof geben.

3. – 29.5., Queer Festival, Festivalzentrum Karlstorbahnhof, Marlene Dietrich Platz 3, Infos zu allen Veranstaltungen inklusive Workshops, Lesungen, Partys und Konzerten über queer-festival.de

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