Respekt kann man nicht verordnen

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Illustration: Präventionsrat der Stadt Frankfurt am Main

Seit 2018 sieht man sie in Frankfurt: Die auffällige, bunte Plakatkampagne mit dem Slogan „Frankfurt zeigt Respekt – für jeden Menschen, jeden Tag“. Urheber ist der Präventionsrat der Stadt Frankfurt; im Interview erklärt dessen Geschäftsführer Klaus-Dieter Strittmatter die Idee hinter der Kampagne – und was für gegenseitigen Respekt wichtig ist.

Der Präventionsrat ist bekannt durch seine Kampagne „Gewalt – sehen – helfen“, zur Förderung der Zivilcourage, die sehr plakativ in Bahnhöfen oder anderen öffentlichen Plätzen zu sehen ist.

Ja, das GSH, wie wir es nennen, ist unser Firmenlogo geworden. Das war eine sehr erfolgreiche Kampagne, die mittlerweile zu einem Programm gewachsen ist, in dessen Rahmen wir zum Beispiel auch Seminare geben, auch mit speziellen Veranstaltungen für die LGBT-Community, die bereits gut angenommen wurden. Für uns ist ein solcher Workshop übrigens auch sehr wichtig, weil wir damit einen Perspektivwechsel bekommen und spezielle Bedürfnisse und Problemstellungen erkennen. Die „Respekt“-Kampagne ist daraus entstanden und quasi eine Fortsetzung von GSH.

Der Respekt-Kampagne ging eine Online-Umfrage voraus; was haben Sie dort untersucht?

Aus den Rückmeldungen der Seminare haben wir herausgelesen, dass Respekt im öffentlichen Raum offensichtlich ein Problem darstellt. Intern haben wir beraten und festgestellt, dass es sehr unterschiedliche Wahrnehmungen zum Begriff Respekt gibt. Vor allem: Alle fordern Respekt, aber das Hauptproblem ist vor allem, Respekt zu zeigen.

Unsere Überlegungen führten dann zu unserer Online-Umfrage, mit der Bestätigung, dass in der Tat rund 99% Prozent der Teilnehmenden Respekt als besonders wichtig empfinden, ihn aber im öffentlichen Raum oftmals vermissen.

Es gab zuvor schon Kampagnen, die sich mit dem Thema auseinandergesetzt haben, allerdings immer nur mit einem speziellen Thema. Wir wollten Respekt für alle Bereiche ansprechen, um greifbar zu machen, was Respekt eigentlich bedeutet.

Welches Feedback haben Sie bekommen?

Wir haben positive Rückmeldungen bekommen: Verschiedene Städte haben die Kampagne angefragt, konkret wird sie jetzt für den Landkreis Marburg-Biedenkopf umgesetzt. Schulbuchverlage haben ebenfalls angefragt, die Motive zu übernehmen, Zeit Online hatte hierzu berichtet. Viele wollten auch einfach nur die Plakate haben.

Es gab auch harsche Kritik aus dem Stadtparlament zur Gestaltung der Motive, unter anderem war von „Stereotypisierung“ die Rede …

Ja, im Sicherheitsausschuss wurde das diskutiert. Natürlich verwendet die Kampagne stereotype Darstellungen, aber wir wollten ja ganz bewusst Eyecatcher verwenden. Die Kampagne ist in der Tat provokant, auch mit den kecken Sprüchen. Denn wenn wir alles schön machen und rund anpassen, wird es nicht wahrgenommen. Dann geht die Botschaft unter. Und unsere Botschaft lautet ganz klar: „Frankfurt zeigt Respekt. Für jeden Menschen. Jeden Tag“.

Wir haben viele positive Rückmeldungen bekommen, und nur zwei, drei negative Bemerkungen. Die Kampagne will und kann nicht allumfassend sein, aber dass wir damit offensichtlich einen Nerv getroffen haben, macht mich froh. Wir wollten eine Diskussion anregen, und das hat funktioniert.

Uns war natürlich auch klar, dass das Thema damit nicht erledigt ist. Die Plakatkampagne war der erste Schritt. Wir wollen das Thema weiterverfolgen und mit kleinen und größeren Aktionen eine Nachhaltigkeit, eine kontinuierliche Wahrnehmung erreichen.

Illustration: Präventionsrat der Stadt Frankfurt am Main

Illustration: Präventionsrat der Stadt Frankfurt am Main

Illustration: Präventionsrat der Stadt Frankfurt am Main

Wie sieht das konkret aus?

Wir möchten im Augenblick vor allem Kontakt zu den Schulen bekommen. Da laufen gerade die ersten Workshops an, und wir sind gespannt auf die Reaktionen der Schüler und wie man die Auseinandersetzung mit dem Thema mit den Pädagogen und weiteren Schulprogrammen vorantreiben kann. Und dann ist zu beobachten, wie sich das entwickelt. Das ist ein Prozess. Wir haben ja nicht den illusorischen Anspruch, dass in Frankfurt in einem Jahr alles respektvoll ist.

Aber an unserer Kampagne „Gewalt sehen helfen“, die ja auch schon seit über 20 Jahren läuft, sieht man, dass wir einen langen Atem haben.

Was ist denn das schwierige mit dem gegenseitigen Respekt? In meiner Wahrnehmung ist es oft so, dass diejenigen, die am meisten Respekt verlangen, am wenigsten Respekt geben.

Da haben Sie im Grunde genommen das Wichtigste schon erkannt. Zumindest in der Wahrnehmung.

Ich denke, dass für Respekt vor allem die Reflektion wichtig ist. Und dass man sich in der eigenen Wichtigkeit etwas zurücknimmt. Dann ist schon mal viel gewonnen.

Die Frage ist, wenn ich respektvoll behandelt werden möchte, was muss ich dazu nach außen hin darstellen? Wie muss ich mich selber verhalten? Wir sind alle mal mehr und mal weniger respektvoll, das hängt von der Tagesform ab. Aber die Reflektion, der Gedanke, was tue ich, damit der andere sich respektvoll behandelt fühlt, ist sehr wichtig.

Respekt kann man ja nicht einfach verordnen. Wir können lediglich immer wieder daran erinnern, sich auf die andere Seite zu stellen und sich in das Gegenüber hineinzuversetzen. Dieser Perspektivwechsel macht sehr viel aus. Das ist ein entscheidender Punkt, an dem wir ansetzen wollen.

Illustration: Präventionsrat der Stadt Frankfurt am Main

Illustration: Präventionsrat der Stadt Frankfurt am Main

Illustration: Präventionsrat der Stadt Frankfurt am Main

Illustration: Präventionsrat der Stadt Frankfurt am Main

Info:

Frankfurt zeigt Respekt

Die acht verschiedene Motive umfassende Kampagne thematisiert den respektvollen Umgang mit allen Menschen; sie spricht exemplarisch die Bereiche sexuelle Orientierung, Geschlecht, Hautfarbe, religiöse Anschauung, Behinderung, Herkunft, und Alter an, zusätzlich wird fehlender Respekt gegenüber Polizisten und Rettungskräften thematisiert. Die Motive gibt es als Plakate, Postkarten und Wanderausstellung.

„Frankfurt zeigt Respekt“ ist ein Projekt des Präventionsrats Frankfurt, der seit 1996 die behördenübergreifende Zusammenarbeit im Bereich der Kriminalprävention koordiniert. Zum Präventionsrat gehören verschiedene Arbeitsgruppen, darunter auch eine zum Bereich Lesben und Schwule, die sich regelmäßig trifft. 

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