Bosnien veröffentlicht Aktionsplan für LGBTIQ*-Rechte

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Bosnien und Herzegowina hat seine allererste Strategie zur Verbesserung der Rechte und Freiheiten von LGBTIQ* vorgestellt. Der neue Aktionsplan ist ein notwendiger Schritt, um den Schutz der Menschenrechte im Land mit den Standards der Europäischen Union in Einklang zu bringen.

Der 2021-2024 Action Plan, der im Juli von der Regierung angenommen und im Oktober vom Staatsministerium für Menschenrechte und Flüchtlinge vorgestellt wurde, ist der erste seiner Art in Bosnien und Herzegowina und umfasst Strategien zu Hassrede, Versammlungsfreiheit, Familienrecht, Transgender-Rechten, Vorurteilen und Stereotypisierung.

Wie BalkanInsight berichtet, soll der Aktionsplan den Weg zur rechtlichen Anerkennung gleichgeschlechtlicher Lebenspartnerschaften ebnen, trans Personen beim Zugang zu medizinischen Diensten und Änderungen an persönlichen Dokumenten helfen und die Versammlungsfreiheit erleichtern. „Menschenrechte und Grundfreiheiten bilden in Bosnien und Herzegowina die Grundlage der Verfassungsordnung, während zahlreiche internationale Abkommen im Bereich der Menschenrechte nicht nur internationale Verpflichtungen, sondern auch eine Säule der Verfassungen des Landes darstellen“, heißt es in dem Plan.

„Aus diesen allgemein akzeptierten Standards ergeben sich Verpflichtungen zur Achtung, Gewährleistung und zum Schutz der Rechte aller Einzelpersonen und Gruppen in der Gesellschaft, unabhängig von ihrer persönlichen oder Gruppenidentität.“

Queers in Bosnien: Vorurteile und soziale Ächtung

Der Aktionsplan wird auf jeden Fall gebraucht, denn nach wie vor ist die LGBTIQ*-Community in Bosnien und Herzegowina eine stark marginalisierte Gruppe. Sowohl im privaten als auch im öffentlichen Bereich gibt es Vorurteile. Arbeitsplatzverlust, Zwangsräumung und soziale Ächtung sind nur einige der Risiken, denen LGBTIQ*-Personen ausgesetzt sind, wenn ihre sexuelle Orientierung offengelegt wird. Zu den homophoben Vorfällen gehören feindselige Äußerungen von Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens über LGBTIQ*-Personen, Hassreden in sozialen Medien und Gewalttaten (männer* berichtete). Entsprechend setzen LGBTIQ*-Organisation wie das Sarajevo Open Centre große Hoffnungen in den Aktionsplan:

„Dies ist ein klarer und unmissverständlicher institutioneller Schritt, der einmal mehr zeigt, dass das Thema LGBTI-Gleichstellung eine Frage der Menschenrechte ist und nicht Gegenstand politischer Manöver sein kann und darf.“

Foto: Twitter.com/Oslobodjenjeba

Strategie gegen Hassrede

Neben dem Aktionsplan legte das Staatsministerium für Menschenrechte und Flüchtlinge auch einen Bericht zur Erfassung von Hassreden vor. Aktuell gibt es nämlich weder offizielle Daten über die Anzahl der Vorfälle von Hassreden noch über Gegenmaßnahmen. Die Strafgesetze des Landes regeln zwar die Rolle von Polizei, Staatsanwaltschaft und Gerichten „bei der Sanktionierung von Hassreden sowie der Stellen, die in Strafverfahren zur Anzeige von Straftaten und zur Aussage verpflichtet sind“. Angst hält Queers aber oft davon ab, Diskriminierung und Hassverbrechen bei der Polizei anzuzeigen. Außerdem gelten die strafrechtlichen Sanktionen bislang nur für Äußerungen, die nationalen, rassistischen und religiösen Hass betrafen.

EU, wir kommen!

Die Europäische Kommission gegen Rassismus und Intoleranz (ECRI) hatte zuletzt in ihrem 2017 veröffentlichten Bericht zu Bosnien und Herzegowina auf die Notwendigkeit eines strategischen Rahmens für Menschenrechte einschließlich eines Plans für den Schutz von LGBTIQ*-Personen hingewiesen. Ähnliche Forderungen erhebt auch die Europäische Union seit langem unter Berufung auf die Europäische Menschenrechtskonvention. Und so erscheint es nicht zufällig, dass die EU-Kommission nur einen Tag nach der Vorstellung des Aktionsplans empfahl, Bosnien und Herzegowina den Status als Beitrittskandidat zu gewähren. Die EU müsse das Momentum ergreifen, sagte Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen bei der Botschafterkonferenz der EU am 12. Oktober, und betonte: „Der westliche Balkan gehört zu unserer Familie.“

Haben die 27 Mitgliedstaaten der EU der Anerkennung Bosnien und Herzegowinas als Beitrittskandidat einstimmig zugestimmt, beginnt der eigentliche Beitrittsprozess. Bis das Land Teil der Europäischen Union wird, stehen aber noch einige Phasen der Entwicklung aus. Neben der Verbesserung der Menschenrechtsbilanz erwartet die EU von Bosnien und Herzegowina in erster Linie Fortschritte im Hinblick auf sozio-ökonomische Reformen.

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