Corona-Folgen: 27 Prozent mehr Hassverbrechen in Israel

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In Israel ist die Anzahl an Hassverbrechen im letzten Jahr in die Höhe geschnellt. Die Association for LGBTQ Equality in Israel (Aguda) meldet für das Jahr 2020 fast 3.000 Hassverbrechen gegen queere Menschen, wobei jedes fünfte Opfer jünger als 18 Jahre ist. Der Bericht zeigt außerdem, dass die Maßnahmen zur Eindämmung der Covid-19-Pandemie zu mehr Hass und Missbrauch in den eigenen vier Wänden geführt haben.

Wie immer zu Beginn eines jeden Jahres veröffentlicht die Aguda ihren National LGBTQ-Phobia Report. Für das Jahr 2020 ist die Statistik so schlimm wie noch nie. Der aktuelle Bericht belegt, dass im vergangenen Jahr 2.696 gewalttätige Vorfälle gegen die israelische LGBTIQ*-Community gemeldet wurden – das sind 27 Prozent mehr als für das Jahr zuvor. Das bedeutet, dass in Israel alle drei Stunden eine LGBTIQ*-Person tätlich angegriffen wird.

Mit 58 Prozent am stärksten betroffen war die Altersgruppe zwischen 19 und 30 Jahre, etwa 14 Prozent der Opfer waren zwischen 31 und 40 Jahre alt. Rund jedes fünfte Opfer im Jahr 2020 war noch minderjährig (22 Prozent). Fast die Hälfte (48 Prozent) aller Vorfälle wurde von lesbischen und bisexuellen Frauen gemeldet, 27 Prozent von homo- und bisexuellen Männern und 25 Prozent von Menschen aus dem trans* Spektrum. Bei den Meldungen von Frauen (cis* und trans*) ist im Vergleich zu 2019 ein Anstieg von etwa 60 Prozent zu verzeichnen.

Pandemie verlagert Homo-/Transphobie ins eigene Wohnzimmer

Der Bericht belegt auch, dass sich die Angriffe mit homo- und transphobem Hintergrund mit der Pandemie in die privaten Räume der Menschen verlagert haben: Rund 28 Prozent der gemeldeten Vorfälle von häuslicher Gewalt ereigneten sich innerhalb der Familie, etwa 25 Prozent der Vorfälle in der unmittelbaren Nachbarschaft (im Vergleich zu 8 Prozent aller Fälle im Jahr 2019). Entsprechend wird im Bericht gewarnt, dass

„LGBTQ-Phobie nicht verschwindet oder abnimmt, sondern eine andere Form annimmt und sich an die neue Realität anpasst, an die wir uns im letzten Jahr gewöhnt haben“.

315 Jugendliche mussten im Jahr 2020 ihr Zuhause verlassen, weil sie wegen ihrer sexuellen Orientierung und/oder ihrer Geschlechtsidentität beschimpft, belästigt oder angegriffen wurden – das ist ein Anstieg um 16 Prozent verglichen mit dem Vorjahr.

Politik wird zum Handeln aufgefordert ...

Nurit Shein, Vorsitzende von Aguda, rief die Mitglieder der queeren Community dazu auf, gewalttätige Vorfälle auf jeden Fall zu melden. Nur so habe die Organisation die Chance, Hassverbrechen zu protokollieren und auf Veränderungen und Fortschritt zu drängen, sagte sie gegenüber der Jerusalem Post, und Ohad Hezki, der Generaldirektor der Aguda, fügte hinzu:

„Das Melden kann Leben retten.“

Hezki ist sich sicher, dass „der schreckliche Hass gegen die LGBTQ+-Gemeinschaft [...] in diesem Jahr einen neuen Höhepunkt erreicht [hat], da er von den Spitzenbeamten des Landes legitimiert wird“. Hinzu kommt, dass Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens die Pandemie als Vorwand nutzten, um gegen die queere Community mobil zu machen. Zum Beispiel haben (ultra-)orthodoxe Rabbiner die Community für die Pandemie verantwortlich gemacht (wir berichtetenwir berichteten).

„Indem die staatlichen Stellen Israels die LGBTQ+-Gemeinschaft bei der Gewährung grundlegender Menschenrechte zum Schutz unseres Lebens und unserer Sicherheit im Stich gelassen haben, grassiert der Hass“,

so Hezki,

„und gewählte Vertreter aus dem vielfältigen politischen Spektrum müssen ihn stoppen – und zwar bald.“

... doch Netanjahu liebäugelt lieber mit Rassisten und Homophoben

Auf Benjamin Netanjahu könnte diesbezüglich in Zukunft etwas weniger Verlass sein. Netanjahu, der lange Zeit als Befürworter von LGBTIQ*-Menschenrechten galt, soll sich einer CNN-Analyse zufolge den Rassisten und Homophoben angebiedert haben, nur um seine Macht zu erhalten.

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