Ist eine lesbische Witwe in der Schweiz ein Mann?

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Letztes Jahr hat die Schweiz endlich die Gleichstellung der Ehe anerkannt, indem sie den Schutz vor Diskriminierung von LGBT*-Menschen in ihrer Verfassung verankert hat. Doch wenn es um Geld geht, sind das Engagement der Schweiz für Gleichstellung nur leere Worte.

Traditionell wird einer Witwe in der Schweiz nach dem Tod ihres Mannes eine Witwenrente gewährt. Lesbischen Witwen, die die gleichen Kriterien erfüllen, verweigert die Regierung jedoch diese Leistung. LGBTIQ*-Witwen und -Witwer in der Schweiz haben derzeit keinen Anspruch auf Leistungen der schweizerischen Alters- und Hinterbliebenenversicherung (AHV), während heterosexuelle Witwen und Witwer nach dem Gesetz volle Leistungen erhalten.

Das Schweizer Sozialversicherungsrecht sieht in Artikel 13a Absatz 2 vor, dass bei lesbischen Paaren „die überlebende eingetragene Partnerin wie ein Witwer behandelt wird“. Sie erhält keine Rente, auch wenn sie die gesetzlich vorgeschriebenen Kriterien für verheiratete Frauen erfüllt.

Hinterbliebenenrente diskriminiert ...

Der diskriminierende Charakter der Hinterbliebenenrente gegenüber Männern wurde vom EGMR anerkannt. Wie swissinfo.ch berichtete, wurde die Schweiz in einem Urteil vom Oktober 2020 wegen Benachteiligung aufgrund des Geschlechts verurteilt. Das Urteil geht auf die Beschwerde eines Mannes zurück, der seine beiden Kinder allein aufzog, nachdem er seine Frau bei einem Unfall verloren hatte. Als seine jüngste Tochter 18 Jahre alt wurde, fiel seine Witwerrente weg, da ein Mann den Anspruch auf diese Leistung verliert, wenn sein letztes Kind volljährig wird. Für Witwen gibt es keine solche Einschränkung.

Der EGMR kam zum Schluss, dass die Schweiz gegen das Diskriminierungsverbot verstößt, das das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens garantiert. Das Urteil ist jedoch noch nicht rechtskräftig, da der Bund die Entscheidung angefochten hat.

... Lesben gleich doppelt.

Die Schweizer Hinterbliebenenrente diskriminiert Männer ... und lesbische Frauen gleich doppelt, so etwa im Fall von Beatriz Hernandez, die vor dem unglücklichen Krebstod ihrer Frau viele Jahre lang rechtmäßig mit ihrer Schweizer Ehefrau verheiratet war. Ihre Frau erlitt einen erneuten Krebsrückfall, der mit fortschreitender Krankheit immer mehr Pflege erforderte. Beatriz wurde für die nächsten fünf Jahre bis zu ihrem Tod ihre Hauptpflegeperson.

Als ihre Frau 2015 starb, beantragte Beatriz die Hinterbliebenenrente für Ehegatten. Die Schweizer Regierung verweigerte ihr jedoch die Hinterbliebenenrente mit der Begründung, sie könne keine Witwe sein, weil sie mit einer Frau verheiratet war. Dies, obwohl Beatriz' Ehefrau als Hauptverdienerin die gesetzlich vorgeschriebenen Beiträge an die schweizerische Alters- und Hinterbliebenenversicherung (AHV) für das Ehepaar entrichtet hatte.

Seit fast sieben Jahren kämpft Beatriz für ihre Gleichberechtigung vor dem Gesetz und hat trotz der jüngsten Entwicklungen in der schweizerischen Gesetzgebung noch immer keine Anerkennung oder gebührende finanzielle Leistungen als überlebender Ehepartner von der Schweizer Regierung erhalten. Nachdem alle Rechtsmittel in der Schweiz ausgeschöpft wurden, zog Beatriz vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in Straßburg, wo der Fall derzeit verhandelt wird.

Beatriz ist Opfer einer doppelten Diskriminierung: Aufgrund ihres Geschlechts, indem sie vor dem Gesetz einem Mann gleichgestellt wird und damit keinen Anspruch auf eine Hinterbliebenenrente hat, und aufgrund ihrer sexuellen Ausrichtung – denn sie hätte die Leistung erhalten, wäre sie mit einem Mann verheiratet gewesen. „Hier wird eine Person mit dem männlichen Geschlecht gleichgesetzt, um sie den ungünstigsten Bedingungen zu unterwerfen“, beklagt Beatriz' Anwalt Julien Martin gegenüber swissinfo.ch.

Eine Petition zur Beendigung dieser Diskriminierung könnt ihr HIER unterschreiben!

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