Nachgefragt vor Ort: Pride in Gefahr – was ist in Tiflis los?

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Foto: J Kull

Foto: J. Kull

Die Ereignisse in der georgischen Hauptstadt Tiflis, in der Samstag der erste CSD des Landes stattfinden soll, sind weiter unübersichtlich (mehr zu den Hintergründen hier). Wir erreichten Julian Kull von LiSL NRW vor Ort, der uns einen Lagebericht ermöglicht.

Warum und mit wem bist du in Tiflis?

Ich bin hier in Tiflis auf Einladung der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit (FNF) mit dem Präsidenten der LGBTI Liberals of Europe, Ralf Fröhlich. Wir unterstützen die Organisatoren der Tiflis Pride und versuchen international politische Unterstützung zu mobilisieren.

Wie schätzt du die Lage vor Ort aktuell ein?

Die Lage hier in Tiflis ist sehr angespannt und unsicher. Es ist immer noch nicht klar, ob die Pride am Samstag sicher ablaufen kann, da die Situation jede Minute eine neue sein könnte.

Wie gehst du persönlich mit der Bedrohungssituation um?

Als internationale Gäste fühlen wir uns im Moment ganz sicher. Die FNF in Tiflis tut alles, um das auch nicht zu gefährden. Dennoch bekommen wir die Bedrohungslagen live mit. Wie zum Beispiel gestern die Evakuierung des Büros der Organisatoren. Wir befürchten, dass eine Gesellschaft ohne Schutz von Bürgerrechten und Minderheiten für alle Bürger ein gefährlicher Ort wird.


Foto: J. Kull

Die Organisatoren der Tbilisi Pride zeigen großen Mut. Die Pride wurde von paramilitären Organisationen bedroht und die Organisatoren bekommen persönliche Morddrohungen. Die staatlichen Behörden scheinen nicht voll entschlossen das Demonstrationsrecht zu schützen. Deshalb sind wir hier." 

Ralf Gion Fröhlich, Präsident der LGBTI Liberals of Europe

Was steht nun konkret für heute und die kommenden Tage für euch und die Aktivisten vor Ort auf dem Programm?

Ralf und ich waren zuerst Gäste bei der Womens Conference. Am Mittwoch sind wir mit den lokalen NGOs, den Organisatoren der Pride und Sabine Leutheusser-Schnarrenberger in den neuen Räumen der FNF zusammengekommen. Anschließend waren wir kurz in den Büros der Organisatoren der Pride, um uns mit diesen besser unterhalten zu können.

Kaum zwei Stunden nachdem wir zur offiziellen Eröffnung der neuen FND-Büros gefahren waren, mussten die Organisatoren evakuiert werden, da sie plötzlich per SMS Morddrohungen erhielten und Demonstranten vor der Tür aufzogen, deren Gewaltbereitschaft nicht abzuschätzen war. Danach sind wir rund eine Stunde außerhalb der Innenstadt von Tiflis zur Aufführung des Theaterstücks der Pride gefahren. Der Veranstaltungsort in der Stadt hatte den Vertrag mit der Pride kurzfristig gekündigt.


Morgen wird es noch eine internationale Konferenz geben, am Samstag ist der March of Dignity angesetzt. Ob er stattfinden kann, steht nicht fest, da Sicherheitslage und das Verhalten der Behörden absolut unvorhersehbar sind.

Was können Menschen tun, die diese Vorgänge nun in den Medien verfolgen?

Definitiv zu erst einmal die Petition von Allout unterschreiben. Die Beiträge der Tbilisi Pride teilen und die internationale Politik dazu auffordern ein klares Statement für diese Pride zu setzen.

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