Niederlande die Zweite: Queers in die Verfassung!

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Die Mehrheit des holländischen Repräsentantenhauses hat sich dafür ausgesprochen, den Schutz von LGBTIQ*-Rechten in der Verfassung zu verankern.

Artikel 1 der niederländischen Verfassung Grondwet voor het Koninkrijk der Nederlande verlangt, dass „alle unter gleichen Umständen gleich behandelt werden“, und verbietet bereits jegliche Diskriminierung aufgrund von Religion, Weltanschauung, politischer Zugehörigkeit, Rasse oder Geschlecht.

Nun hat das Repräsentantenhaus, das Unterhaus des niederländischen Parlaments, mit 124 zu 26 Stimmen entschieden, auch „Behinderung“ und „sexuelle Orientierung“ in Artikel 1 aufzunehmen. Das sei ein großer Schritt, „um unsere Rechte in der Verfassung zu verankern“, erklärte Astrid Oosenbrug von der LGBTIQ*-Organisation COC1.

Foto: Partij van de Arbeid / CC BY 2.0 / wikimedia

Die Kategorie „Geschlecht“ umfasse den Schutz vor Diskriminierung aufgrund von Geschlechtsmerkmalen, Geschlechtsidentität und Geschlechtsausdruck und schütze die Rechte von Transgender- und Intersexuellen. Diskriminierung aufgrund der sexuellen Ausrichtung sei laut niederländischem Recht zwar auch verboten, aber erst die Aufnahme in die Verfassung werde sicherstellen, dass die Rechte von Schwulen, Lesben und Bisexuellen von Dauer sind. Deshalb, so Astrid Oosenbrug, sei dieser Schritt 

„wichtig für die Zukunft, um zu garantieren, dass wir auch in fünfzig oder hundert Jahren unsere hart erkämpften Rechte genießen können“.

Noch einige Hürden bis zur Verfassungsänderung

Die Entscheidung des Repräsentantenhauses ist jedoch nur ein Schritt in einem langen Prozess. Der Vorschlag geht jetzt an den Senat. Stimmt der Senat dafür, wird es nach den Parlamentswahlen im März 2021 erneut eine Abstimmung geben, die mit Zweidrittelmehrheit angenommen werden muss. Erst dann kann die Verfassungsänderung in Kraft treten.

Schon zweiter Schritt für ein queereres Miteinander binnen kurzer Zeit

Im Auftrag des Ministeriums für Bildung, Kultur und Wissenschaft hatte das Transgender Netwerk Nederland (TNN) gemeinsam mit dem niederländischen Wissensinstitut für Frauenrechte und Emanzipation Atria das Toolkit „onnodige sekseregistratie“ (unnötige Registrierung des Geschlechts) entwickelt und damit international Aufsehen erregt (wir berichteten).

In Deutschland liegen aktuell ebenfalls Anträge zur Erweiterung des Diskriminierungverbotes in Artikel 3 des Grundgesetzes im Bundestag vor. Auch eine neue zivilgesellschaftliche Kampagne startetet dazu beim Global Pride und Pride Live am 27. Juni 2020 (wir berichteten).


Die Abkürzung COC steht für Cultuur en Ontspanningscentrum (Zentrum für Kultur und Entspannung). Der Name diente der 1946 gegründeten LGBT-Organisation als Deckname, um den eigentlichen Zweck zu verschleiern. Das COC ist noch heute die bedeutendste Organisation für die Rechte queerer Menschen in den Niederlanden und damit die älteste existierende LGBT-Organisation der Welt.

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