Tabubruch: Weiterer Profisportler outet sich als schwul

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2020 ist nicht nur das Jahr von Corona – es ist auch das Jahr, in dem sich immer mehr Profisportler outen und somit endlich, Stück für Stück und gemeinsam, ein großes Tabu brechen. BasketballRugby, Leichtathletik, Geräteturnen, der Schweizer Nationalsport Schwingen ... nun trifft es den alpinen Skisport: US-Champion Hig Roberts bekennt sich in der New York Times zu seiner Homosexualität.

„Ich bin schwul. Es ist ein Teil von mir und ich bin stolz darauf, und ich bin bereit, glücklich zu sein.“

Roberts ist der erste männliche US-Profi im Alpinskifahren, der sich als schwul outet. Heute kann der 29-Jährige zu sich selbst stehen, doch bis dahin war es ein langer Weg. Bereits im Alter von 12 Jahren wurde ihm bewusst, dass er schwul sein könnte, aber er vergrub diese Gefühle tief, weil er die Vorstellung, schwul zu sein, nicht mit dem Beruf des Skifahrers vereinbaren konnte.

Der 29-Jährige holte in seiner Karriere zwei nationale Titel – den ersten 2017. Er gewann im Riesenslalom in Sugarloaf, Maine – und schlug mit Tim Jitloff sogar einen siebenfachen nationalen Champion. Ein Triumph, ein Moment des Glücks? Nein.

Roberts erzählt, dass zu der Trauer über den nur ein Jahr zurückliegenden Tod seines jüngeren Bruders damals auch die zunehmend größer werdende Last kam, seine Sexualität verstecken zu müssen. Seine psychische Gesundheit verschlechterte sich immer mehr. Roberts begann sich zu fragen, ob er als schwuler Mann überhaupt in den professionellen Skisport gehörte.


„Ich bin einfach eines Morgens aufgewacht und habe gesagt: 'Genug ist genug'“

Die Vorstellung eines Outings in der hyper-maskulinen Umgebung des Spitzensports – für Roberts unerträglich. Skiprofis würden im Umfeld des Sports geradezu ermutigt, Frauenhelden zu sein, erzählt er. Bei Wettkämpfen in Europa saß er allein in seinem Hotelzimmer – als einziger.

Nicht nur seine psychische Gesundheit litt, auch seine Leistungen wurden von der Situation beeinträchtigt:

„Nicht in der Lage zu sein, der zu sein, der ich bin, und als professioneller Athlet nicht offen zu meiner Homosexualität stehen zu können, hat meine Leistung wirklich beeinträchtigt.“

Schließlich kam er an den Punkt, an dem er so nicht mehr leben wollte: Im Jahr 2019 gab Roberts bekannt, dass er seine Profikarriere beenden würde. Er zog nach Norwegen, um einen Job im Finanzwesen anzunehmen.

Der Ex-Profi betont, wie wichtig es für ihn gewesen wäre, ein schwules oder queeres Vorbild in seiner Sportart zu haben. Deshalb spricht er nun öffentlich über seine Sexualität – um jungen Athleten zu helfen, die sich fragen, ob es für sie überhaupt einen Platz in den höchsten Rängen des Skisports gibt. Damit es ihnen nicht so ergeht wie ihm. 

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