#kontrovers • Macht ein Migrationshintergrund homophob?

by

Eine repräsentative Umfrage zu Einstellungen, Glaube und Wertorientierungen von Deutschen ohne Migrationshintergrund, Spätaussiedlern und Migranten aus Polen, Russland und der Türkei hat die CDU-nahe Konrad-Adenauer-Stiftung veröffentlicht. Die Ergebnisse ließen die Server der unsozialen Medien glühen.

Ehe für alle von jedem zweiten abgelehnt

Eine deutliche Trennlinie zwischen Deutschen mit und ohne Migrationshintergrund bildet laut Adenauer-Stiftung die Einstellung zu gleichgeschlechtlichen Ehen, die nur eine geringe Minderheit der Deutschen ohne Migrationshintergrund ablehnen. Unter Russischstämmigen sowie Spätaussiedlerinnen und Spätaussiedlern werden gleichgeschlechtliche Ehen demnach schon von nahezu jedem und jeder Zweiten abgelehnt. Unter Türkischstämmigen findet sich sogar eine Mehrheit von 60 Prozent, die gleichgeschlechtliche Ehen ablehnt.

Die Studienmacher*innen schreiben, dass

„Religiosität tendenziell und vor allem bei Deutschen ohne Migrationshintergrund eher konservative und soziale Werte verstärkt, während hedonistische und materialistische Werte entweder nicht beeinflusst oder in manchen Gruppen verringert werden.“

Die Bestätigung für alle unseren liebgewonnen Vorurteile also?

Vorsicht, Denkfalle!

Foto: Jim Pave / CC0

Religiosität ist mehr als der Islam, an den sicher auch viele Leser*innen jetzt reflexartig denken. Und wir wollen auch nicht verleugnen, dass extrem religiöse türkischstämmige Deutsche mit Migrationshintergrund mit 78 Prozent die Ehe zwischen Homosexuellen „nicht gut“ finden, aber: Von den Deutschen mit russischem Migrationshintergrund lehnen 100 Prozent die Ehe für alle ab. Sie haben zum größten Teil aber keinen muslimischen, sondern christlichen, russisch-orthodoxen Glaubenshintergrund. 

Vergleichbare Studien zum Beispiel von der Bertelsmann-Stiftung (männer* berichtete) oder der äußerst umfangreiche und gründliche Berlin-Monitor (männer* Interview mit Dr. Klaus Lederer) kommen übrigens auch auf ähnliche Rohdaten, schaffen es aber besser als die Adenauer-Fachleute, diese in den historischen und vor allem den sozialen Kontext einzubinden. Die Frage aus der Überschrift lässt sich dann so beantworten: Religiosität kann dazu führen, homophob zu sein.  Augen und Hirn auf beim Studienkonsum! 

Back to topbutton