„Tag der sexuellen Gesundheit“: Corona-Folgen für Queers bekämpfen!

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Die Folgen von Covid-19 wirken sich überproportional negativ auf das Wohlbefinden sexueller Minderheiten aus. Die Bundesstiftung Magnus Hirschfeld bietet an, Maßnahmen dagegen zu sammeln und einen Aktionsplan zu schmieden. Die Zeit drängt!

Sexuelle Gesundheit ist mehr als die Abwesenheit von Krankheit

Seit 2010 ist der 4. September weltweit der „Tag der sexuellen Gesundheit“. In seinem 10. Jubiläumsjahr steht er, wie fast alles andere auch, im Einfluss der SARS-CoV-2-Pandemie. Covid-19 wirft wie ein Brennglas Licht auf jene Aspekte dieses Themenkomplexes, die mindestens so wichtig sind, wie der Schutz vor HIV und anderen STI. Bei Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Transgender, Trans- und Intersexuellen ist sie in besonderem Maße betroffen: die psychische Komponente, die durch Diskriminierungsdruck (Minoritätenstress), mangelnde Aufklärung und fehlenden sozialen Halt negativ beeinflusst wird. Sie steht im Fokus der Definition von sexueller Gesundheit durch die Weltgesundheitsorganisation:

„Sexuelle Gesundheit ist untrennbar mit Gesundheit insgesamt, mit Wohlbefinden und Lebensqualität verbunden. Sie ist ein Zustand des körperlichen, emotionalen, mentalen und sozialen Wohlbefindens in Bezug auf die Sexualität und nicht nur das Fehlen von Krankheit, Funktionsstörungen oder Gebrechen.

Sexuelle Gesundheit setzt eine positive und respektvolle Haltung zu Sexualität und sexuellen Beziehungen voraus sowie die Möglichkeit, angenehme und sichere sexuelle Erfahrungen zu machen, und zwar frei von Zwang, Diskriminierung und Gewalt.

Sexuelle Gesundheit lässt sich nur erlangen und erhalten, wenn die sexuellen Rechte aller Menschen geachtet, geschützt und erfüllt werden.“

WHO, 2011

Queere Strukturen retten, Versorgung sichern, Hilfsangebote stärken! 

Foto: Sandro Halank, Wikimedia & CC-BY-SA 3.0

Seit dem Beginn der Pandemie in der westlichen Welt, warnen Verbände und Organisationen davor, dass die Pandemie verheerende Auswirkungen auf die nicht krisenfest konstruierten Strukturen von Prävention, Schutzräumen und Selbsthilfe der queeren Subkulturen haben werden (wir berichteten). Seit Mai 2020 weiß die Welt, dass es genau so passiert (wir berichteten). Am 22. Juni unterzeichneten 187 Organisationen eine diesbezügliche Erklärung an den Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen (UNHCR) (wir berichteten). Und was tut Deutschland? In Berlin hat immerhin der dortige Kultursenator Klaus Lederer die (queere) Klubs mit staatlichen Hilfen über den Sommer gebracht, allerdings sind diese Schutz- und Rückzugsräume nach wie vor geschlossen und eine langfristige Perspektive fehlt, bzw. stammt auf Bundesebene aus der Opposition bzw. dem Juniorpartner der CDU/CSU. Bündnis90/Grüne hat einen konkreten Entwurf für einen speziellen Rettungsschirm vorgelegt, er liegt bis heute in den Schubladen der Regierungskoalition, dort versauert auch der ähnliche Vorschlag der LGBTIQ*-Parteiorganisation der SPD

Bundesstiftung Magnus Hirschfeld ergreift Initiative 

Am 3. September veröffentlichte die Bundesstiftung Magnus Hirschfeld (BMH) ein Angebot an Politik und Gesellschaft, ihrem Stiftungszweck entsprechend, als Mittler und Organisatorin in dieser Angelegenheit zu agieren. Sie appelliert an die Akteur*innen, den Dialog zu suchen und bestehende und neue Vorschläge zu sammeln und bietet an, diese zu bündeln und zum Beispiel in einen bundesweiten Aktionsplan zu überführen. 

Stiftungsvorstand und der wissenschaftliche Beirat der BMH weisen konkret auf drei Problemfelder hin und erinnern an die grund- und menschenrechtlichen Verpflichtungen der Bundes­republik, insbesondere an das Recht auf (physische und psychische) Gesundheit sowie an die Diskriminierungs­verbote. Der Staat müsse die garantierten Grund- und Menschenrechte nicht nur selbst in seinen Handlungen achten, sondern auch positiv schützen und fördern:

Machen Sie es so!

Foto: John Cameron / Unsplash / CC0

Dass die Bundesstiftung Magnus Hirschfeld organisatorisch in der Lage ist als überparteiliche Arbeitsplattform zu dienen, um konkrete Ergebnisse zu entwickeln, hatte sie erst im letzten Sommer im Gesetzgebungsverfahren zum Verbot der sogenannten Konversionsverfahren (Schwulenheilung) unter Beweis gestellt (das m* Dossier zum Verbot). Corona und seine Folgen werden uns und die (sexuelle) Gesundheit von Queers noch lange beschäftigen. Verbände und Parteien täten gut daran, das vorliegende Angebot der BMH wohlwollend zu prüfen. 

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